Sten 8 Tod eines Unsterblichen
irgendwie schaukeln."
Kea zuckte die Achseln. "Klar, Murph. Wie du meinst."
"Die sind dran schuld", sagte Vasoovan und zeigte auf die beiden Wissenschaftler. "Das war doch alles ihre Idee. Wißt ihr, was ich glaube? Ich werde euch sagen, was ich glaube -"
Dr. Castro Fazlur, der Chefwissenschaftler der Expedition, unterbrach die Nonhumanoide. "Es glaubt doch tatsächlich, es sei in der Lage, Denkprozesse auszuführen, Ruth. Wirklich amüsant, was?" Seine Lippen verzogen sich zu einem nicht sehr amüsierten Lächeln.
Dr. Ruth Yuen, Fazlurs Assistentin und Geliebte, senkte ihren schönen Kopf. Sie versuchte sich aus der Schußlinie zu halten. "Na, komm schon, Ruth.
Sei ehrlich." Fazlur machte Druck. Sein feingeschnittenes Graufuchsgesicht schob sich nach vorne. "Findest du es nicht auch tragisch, daß die einzige angeblich intelligente Spezies, die die Menschheit im Weltall gefunden hat, aus diesen Dingern mit Fühlern dran besteht?"
"Paß bloß auf, Fazlur", zischte Vasoovan.
Der Wissenschaftler ignorierte die Warnung. "Ich würde sagen, es liegt an den Augenstengeln", sagte Fazlur. "Das meiste, was ein Osiraner oder eine Osiranerin an IQ aufzuweisen hat, geht für die Kontrolle dieser primitiven biologischen Funktion drauf. Das erklärt auch die begrenzte
Sprachfähigkeit. Dir ist sicher aufgefallen, Ruth, daß es den Slang, einer gemeinen Schiffsratte spricht.
Offensichtlich sind seine geistigen Fähigkeiten zu bescheiden, um das Vokabular eines zivilisierten Wesens anzunehmen."
Vasoovan wechselte die Farbe - von leichtem Pink zu sattem Rot. Ein kräftiger Tentakel entrollte sich, suchte nach einem schweren Objekt, das er werfen konnte, und zuckte sogleich wieder zurück, als der Captain ihm einen Klaps verpaßte. "Hört schon auf, Leute. Nicht so verbissen. Ich habe auch ohne euch genug Probleme", bat sie Murph.
Genau in diesem Augenblick spürte Kea, wie sich ein warmer, wohlgeformter Fuß gegen seine Wade drückte. Er wanderte sein Bein hinauf, schmiegte sich weiter oben an ... noch weiter. Ruths dunkle Augen blitzten. Ihre rote Zungenspitze befeuchtete ihre Oberlippe. Es war dieser Tamara-Blick.
Plötzlich stürzte die ohnehin schon beengte Welt der Destiny I über ihm zusammen. Er warf seine Karten auf den Tisch und sagte: "Ich hau mich noch ein bißchen aufs Ohr. Wenn ihr euch entschieden habt, wohin es als nächstes gehen soll, könnt ihr mich ja wecken." Er stand auf, wich Ruths verletztem Blick aus und verließ den Raum. Als er den Korridor entlangging, verebbte das vertraute Gebrabbel der sich streitenden Stimmen.
Zu seinem Erstaunen fand er die Naßzelle einmal nicht besetzt vor. Der Rest der Besatzung, insgesamt fünfzehn Leute, war entweder bei der Arbeit oder in der Koje. Das verschaffte ihm eine der seltenen Gelegenheiten, den Dreck abzuschrubben, den die überforderten Lufterneuerungssysteme der Destiny I unablässig ausspuckten. Seit Monaten liefen alle schon in dem immer penetranter werdenden Miasma ihres eigenen Gestanks herum und aßen
abgestandene Rationen absolut künstlich hergestellten Fraßes, denn der knappe Wasservorrat bedeutete gleichzeitig, daß sie so gut wie kein frisches Gemüse aus den hydroponischen Anlagen erhielten.
Die nadeldünnen Strahlen hörten schlagartig auf, als seine Heißwasserration aufgebraucht war, Kea verspürte nicht die geringste Reue, als er erneut auf den Knopf drückte und der Duschkopf wieder Wasser spie. Scheiß auf diese Geizhälse von der Company Ein herrlicher Nebel breitete sich in der Kabine aus. Kea trug dick Seife auf und fing an, sich abzureiben.
Die Expedition zum Alva Sektor hatte von Anfang an unter einem schlechten Stern gestanden.
Wider besseres Wissen hatte Kea auf diesem Seelenverkäufer angeheuert. Chefingenieur eines Schrottkübels zu sein, entsprach bestimmt nicht dem, was er sich vom Leben versprochen hatte. Er hatte einst große Träume gehabt. Träume, die den Versuch wert gewesen wären, sie in die Wirklichkeit umzusetzen. Und dann hatte er alles wegen dieses verzogenen Mädchens über Bord geworfen. Wäre so etwas jemand anderem passiert, hätte er bestimmt darüber gelacht. Doch die Erinnerung an dieses herzlose Gelächter auf dem Mars würde ihn noch jahrelang verfolgen. Er war so jung und dumm, daß er sich nicht einmal fragte, warum die erste Raumfracht-Gesellschaft, die er aufsuchte, sofort auf ihn ansprang, als sei er aus purem Gold. Klar, er hatte ihren Befähigungstest mit links bestanden und die Prüfung nach
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