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Sterblich

Sterblich

Titel: Sterblich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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vielleicht sind auch neue Anwenderbereiche hinzugekommen, die erst ein Upgrade erfordern, aber einen Versuch ist es wert.
    Das Programm braucht Ewigkeiten zum Hochfahren. Ich muss mir dringend einen neuen Rechner anschaffen, denkt er, als die Lüftung anspringt. Während die Maschine surrend arbeitet, geht er auf die Titelseite von 123nyheter und kontrolliert, ob sein Bericht eingestellt wurde.
    Ist er. Soweit er es auf einen schnellen ersten Blick beurteilen kann, wurde er nicht nennenswert verändert. Sein Bericht ist top positioniert. Iver Gundersens Beitrag über die Verhaftung liegt als Link im Artikelhinweis. Henning wird schon schlecht, als er nur den Text sieht, den Gundersen geschrieben hat.
    Er konzentriert sich auf seinen eigenen Titel. » Wir werden dich niemals vergessen «, springt ihm entgegen. Das Titelbild zeigt den Altar und die letzten Grüße, die Henriette Hagerup bekommen hat. Das Standardpaket. Aber in Ordnung, ein guter Anfang. Das hat nichts mit Informationen zu tun, ist aber trotzdem ein guter Start.
    Jemand trampelt die Treppe vor der Wohnungstür hoch. Henning versucht, es zu ignorieren, und schaut stattdessen nach, was FireCracker 2.0 macht. Das Programm läuft. Aber 6tiermes7 ist nicht da.
    Er lässt noch ein paar Minuten verstreichen und zwingt sich in der Zwischenzeit, Gundersens Artikel zu lesen. Er redet sich selber ein, dass er ja Informationen beinhalten könnte, die er kennen muss. Dann fällt ihm wieder ein, dass Noras neuer Lover ihn gebeten hat, den Namen von Hagerups Freund herauszufinden. Das hat er im Eifer des Gefechts völlig vergessen.
    Er verflucht seine verklebten grauen Zellen und klickt den Artikel an.
    FESTNAHME IM STEINIGUNGSFALL
    Ein Mann im Alter zwischen 20 und 30 Jahren wurde am Donnerstag in Verbindung mit dem bestialischen Mord an Henriette Hagerup festgenommen.
    Im Vorspann ist ein Bild vom Tatort. Polizeiabsperrung, diesmal echte Ware, auf dem Ekeberg. Er sieht das große weiße Zelt im Hintergrund. Vor der Absperrung stehen ein paar Leute. Henning liest weiter.
    In Verbindung mit einer Routinebefragung hat sich die Polizei spontan entschieden, den Mann vorläufig festzunehmen. Der Verdächtige versuchte zu fliehen, als die Polizisten an seine Tür klopften, konnte aber rasch verhaftet werden.
    Nach dem Kenntnisstand von 123nyheter wurde in der Wohnung des Mannes Beweismaterial sichergestellt, das ihn mit dem Mord in Verbindung bringt. Er wird im Laufe des Tages dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. Der Anwalt Lars Indrehaug streitet 123nyheter gegenüber aber jede Schuld seines Mandanten ab.
    Danach kehrt Gundersen zum eigentlichen Ereignis zurück, berichtet, was wann passiert ist und wie sich die Sache im Laufe des Tages entwickelt hat. Er zitiert sogar den Ermittlungsleiter Arild Gjerstad, den Wortlaut erkennt Henning von der Pressekonferenz wieder.
    Das Getrampel im Treppenhaus will nicht aufhören. Irgendjemand scheint ohne Pause die Treppe rauf- und runterzulaufen. Er checkt noch einmal FireCracker 2.0, aber außer ihm ist niemand online. Er lässt den Rechner laufen, falls 6tiermes7 sich im Laufe des Abends oder der Nacht doch noch einloggen sollte. Viel Hoffnung hat er allerdings nicht.
    Er seufzt auf, lehnt sich entnervt zurück und starrt an die Wand. Der erste Arbeitstag ist vorbei. Er denkt an die Menschen, die er getroffen hat, Kåre, Heidi, Nora, Iver, Anette. Nach nur einem Tag Arbeit ist sein Leben an Informationen und Beziehungen bereichert worden, auf die er gut verzichten könnte. Erinnerungen sind wachgerufen worden, von denen er gehofft hatte, sie würden für immer im Dunkeln bleiben.
    Dann wandern seine Gedanken zu Nora. Was sie jetzt wohl macht? Ob sie mit Gundersen zusammen ist? Natürlich ist sie mit Gundersen zusammen. Mister Super-Fucking-Cordjacke. Vielleicht essen sie ja gerade. In irgendeinem Restaurant. Unterhalten sich über den Tag und darüber, was sie machen wollen, wenn sie nach Hause kommen – im Bett.
    Verdammt, er sollte aufhören zu denken, schimpft er innerlich und wünscht sich, es wäre schon Nacht.
    Da das Getrampel kein Ende nimmt, beschließt er, auf den Flur zu gehen, um nachzusehen, was da los ist und wer diesen Lärm veranstaltet. Ein älterer Mann ist auf dem Weg nach oben, als Henning den Kopf zur Tür rausstreckt. Er trägt nur ein Paar Shorts und schnauft. Nackter Oberkörper. Für einen Mann von sicher siebzig Jahren sieht er erstaunlich muskulös aus, denkt Henning. Ihre Blicke begegnen sich.

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