Stern der Göttin
zusammenlaufen lassen mussten. Alle Speisen und Getränke standen unter Erhaltungszauber und stammten den Aufschriften nach wohl noch aus der Zeit, in der die Krieger des grünen Gottes hier gelebt hatten. Das war zwar mindestens achthundert Jahre her, aber dennoch schmeckte alles noch so, als wäre es eben erst aus der Küche gekommen.
Das fette Schweinefleisch, mit dem der Magier seine Gefangenen ernährt hatte, war ebenfalls reichlich vorhanden, und bei seinem Anblick drehte es Laisa noch nachträglich den Magen herum. Es war reine Bosheit von Tedenrhol gewesen, ihr und den anderen Gefangenen dieses Zeug vorzusetzen. Als es ihr wieder besserging, legte sie in einem der Vorratsräume eine kleine Pause ein und labte sich an Fisch und Lammbraten. Auch Ysobel griff herzhaft zu, und Rongi stopfte so viel in sich hinein, dass er zuletzt ein regelrechtes Kugelbäuchlein vor sich herschob und sich kaum mehr rühren konnte.
Ihr bärenhafter Kampfgefährte, der recht grobschlächtig wirkte, sich aber sehr wohlerzogen benahm, schielte zwar auch auf die Leckerbissen, verbeugte sich aber zuerst vor Laisa. »Erlaubt, dass ich mich vorstelle. Ich bin Borlon aus dem Volk derBor’een im Reiche Borain . Nehmt meinen Dank für die Rettung entgegen, denn ohne Euch hätte das Ungeheuer des Magiers mich zu Brei zerstampft.«
Laisa musterte ihn schnuppernd und stellte fest, dass er intensiv weiß roch und diese Farbe auch ausstrahlte. Obwohl er fremdartig wirkte, fand sie ihn sympathisch. Er schien ein weitaus angenehmerer Gefährte zu sein als Toghann, der sich ebenso wie Ilonah weder für die Rettung bedankt noch ein Wort der Anerkennung über die Lippen gebracht hatte. Beide bedienten sich nun ebenfalls an den Vorräten, aber während der Schwarze an allem probierte und dabei die Erhaltungszauber zerstörte, ohne die Portionen aufzuessen, scheute Ilonah vor den meisten Speisen zurück.
»Ekliges grünes Zeug!«, schimpfte sie und begnügte sich mit einigen weiß strahlenden Lebensmitteln, die irgendwo in der Ecke gestapelt lagen.
»Was machen wir, wenn wir weitere Gefangene finden, diese aber nicht befreien können?«, fragte Laisa Borlon, ohne sich um die Wardan zu kümmern.
Der Hüne zuckte mit den Achseln. »Es gibt hier sehr viele Spruchrollen und magische Amulette. Wenn wir herausfinden, was man mit diesen bewirken kann, vermögen wir wahrscheinlich auch anderen Gefangenen zu helfen.«
Ysobel stimmte ihm vorbehaltlos zu. »Das ist eine gute Idee. Wir sollten die Sachen zusammentragen und Naika zeigen. Sie versteht am meisten von Magie!«
»Worauf warten wir noch? Ich bräuchte vorher nur etwas zu trinken. Ich habe nämlich Durst«, sagte Laisa.
Borlon wollte ihr einen mit Wein gefüllten Becher reichen, doch sie wehrte ab.
»Nein, das Zeug ist nichts für mich. Davon bekomme ich nur einen dummen Kopf.«
Borlon zuckte mit den Achseln und führte den Becher selbst zum Mund. Als er ihn wieder absetzte, nickte er zufrieden. »Es ist zwar nicht der Honigmet meiner Heimat, aber man kann es trinken. Geht ihr schon mal vor! Ich komme nach.« Mit diesen Worten füllte er seinen Becher erneut und ließ sich den Inhalt schmecken.
Laisa schüttelte sich bei dem Anblick. Gelegentlich hatten Katzenmenschen aus Groms Stamm alkoholische Getränke von den Menschen eingehandelt und ins Dorf gebracht. Nach dem Genuss waren sie ausfallend geworden und viel übermütiger als sonst in den Baumkronen herumgeklettert. Aber sie hatten immer wieder danebengegriffen und waren wie nasse Säcke herabgefallen. Dabei hatte sich mancher Arm oder Bein gebrochen. Statt daraus zu lernen, hatten andere bei nächster Gelegenheit ebenfalls von dem Zeug getrunken, und das konnte Laisa am wenigsten verstehen. Nach diesen Erfahrungen hielt sie sich lieber von diesen gefährlichen Getränken fern. Daher ließ sie Borlon kopfschüttelnd in der Speisekammer zurück und machte sich mit Ysobel auf die Suche nach magischen Dingen, die sie zu Naika bringen konnten.
Sie fanden recht viel, darunter auch die restlichen Spruchrollen und Artefakte der Flussmäuler, die sich Tedenrhol als Beute angeeignet hatte. Allerdings war kaum etwas davon für sie von Nutzen, denn die meisten Rollen und Amulette stammten noch aus der Zeit der Götterkriege und waren für den Kampf gedacht. Andere Dinge ließen sich jedoch gefahrlos verwenden, darunter auch ein Artefakt, mit dem sie die kristallenen Wände öffnen und ein anderes, mit dem sie sich selbst durch diese versetzen
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