Stern der Göttin
einmal zur Ruhe kommen und sich überlegen, was sie mit ihrem Leben in dieser neuen Welt anfangen sollten. Zudem führte der Weg nach Borain in die Richtung, in der auch Naikas Heimat lag, auch wenn es vom Reich der Bärenleute bis zum Drachensee noch eine lange Reise war. Aber Laisa fühlte sich verpflichtet, die Nixe, der sie ihr Leben und ihre Freiheit zu verdanken hatte, nach Hause zu bringen.
»Also dann, auf nach Borain! Wie müssen wir gehen, um deine Heimat zu erreichen, Borlon?«, fragte sie den Bärenmenschen.
»Der kürzeste Weg führt nach Norden durch die magischen Ödlande. Den würde ich jedoch ungern nehmen. Eine Möglichkeit wäre, nur ein Stück durch die Ödlande zu ziehen und dann über die angrenzenden Menschenreiche zu reisen. Doch auch dieser Weg dürfte für Naika zu beschwerlich sein. Daher schlage ich vor, dass wir nach Süden gehen, Tanfun durchqueren und dann dem Bärenfluss stromaufwärts bis Borain folgen. Wir werden zwar unterwegs durch viele Dörfer und Städte der Menschen kommen, aber das würden wir auf dem anderen Weg auch.« Borlon zeichnete mit einem Stift die ungefähre Lage der einzelnen Länder und den Verlauf des Bärenflusses auf ein Stück Papier.
Laisa sah, dass der von ihm favorisierte Weg um einiges länger war als die direkte Linie, doch sie wusste zu wenig über die magisch verseuchten Ödlande, um den Weg durch diese Gebiete vorschlagen zu können.
»Also gut! Ziehen wir zuerst nach Süden, bevor wir uns nach Nordwesten wenden«, erklärte sie seufzend und bekam von allen Seiten Zustimmung.
☀ ☀ ☀
Die anderen Gefangenen drängte es ebenfalls danach, in ihre Heimat zurückzukehren. Laisa gab ihnen ein wenig Geld aus den Schatztruhen des Magiers als Entschädigung für das Leid, das sie hier erlitten hatten, und sah zu, wie sie eilig die Festung verließen. Danach kontrollierte sie noch einmal alle Korridore und Hallen und wandte sich zuletzt den Schatzkammern zu, die eine große Anziehungskraft auf die Menschen ausgeübt hatten. Sie fand Ysobel dabei, Juwelen und Gold zu sortieren.
»Suchst du dir deine Beute aus?«, fragte sie.
Ysobel schüttelte den Kopf. »Nein! Wenn ich ein Fünftel von all dem hier mitnehmen wollte, benötigte ich mehr als einen Wagen der Flussmäuler. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Magier diese gewaltigen Schätze ganz allein angehäuft hat. Aber sie sind nun herrenlos – und gehören damit uns.
Laisa betrachtete einige der Schmuckstücke mit glitzernden Augen. »Die sind wunderschön. Ich würde sie gerne mitnehmen.«
»… und dich mit ihnen schmücken?«
Ysobel starrte sie überrascht an, denn Katzenmenschen waren im Allgemeinen nicht dafür bekannt, dass sie sich viel aus goldenem Tand machten. Mit einem übermütigen Lachen legte sie Laisa ein Collier aus klaren, kunstvoll geschliffenen Edelsteinen und Weißgold um.
Rongi, der ihr zugeschaut hatte, brachte eine mit weißen Perlen verzierte Krone herbei, die auf welche Art auch immer in den Besitz des Magiers gekommen war, kletterte an Laisa hoch und setzte ihr das Ding auf den Kopf.
»Jetzt bist du viel mehr als diese dumme Ilonah oder der unsägliche Toghann, der von sich behauptet, ein Ritter T’wools zu sein«, rief er lachend.
Laisa hob einen der goldeingefassten Spiegel auf, um sich selbst anzusehen, doch Ysobel nahm ihn ihr aus der Hand, trat ein paar Schritte zurück und hielt ihn so, dass die Katzenfrau sich richtig betrachten konnte.
»Na, gefällst du dir?« Es klang ein wenig Spott mit, denn mit der Halskette auf dem blanken Fell und der Krone auf dem Katzenkopf sah Laisa recht seltsam aus.
Das fand die Katzenfrau ebenfalls und fiel in das Lachen ihrer Freunde mit ein.
»Wenn ich sagte, dass mir die Sachen gefallen, heißt das nicht, dass ich sie auch tragen will. Es wäre aber schön, sie zu besitzen und sich an ihnen zu erfreuen.«
»Du würdest damit alle Diebe auf dieser Seite des Stromes anziehen. Lass das Zeug lieber hier. Wir verschließen die Festung mit einem Zauber. Wenn du später Lust hast, dir die Sachen noch einmal anzusehen oder zu holen, kannst du jederzeit wieder zurückkehren.«
»Ysobel hat recht«, stimmte Borlon der Tivenga zu. »Ich schlage vor, jeder von uns nimmt genug Geld mit, so dass wir uns in den besseren Herbergen einquartieren und gut essen können – und vielleicht ein kleines Andenken, das wir sorgfältig vor den Augen gieriger Gesellen verbergen sollten.«
»Dein Rat ist gut.« Ysobel sah Laisa dabei
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