Sternenfall: Roman (German Edition)
Kilometer genähert, der naheste Vorbeiflug des Felsens seit mehr als einem Jahrhundert.
Der Asteroid hätte selbst dann noch unbemerkt bleiben können, wenn seine Entdeckung allein den optisch arbeitenden Astronomen überlassen gewesen wäre. Diese hatten ihre Instrumente weit über den cislunaren Raum hinaus ausgerichtet; genau genommen in den Raum jenseits des Sonnensystems. Ihr Interesse galt explodierenden Galaxien und weit entfernten Quasaren. Sie hatten die prosaische Beschäftigung, zur langen Liste der sich der Erde nähernden Asteroiden einen weiteren unbedeutenden Planeten hinzuzufügen, hinter sich gelassen.
Glücklicherweise wurde der Raum zwischen Erde und Mond seit langem von Radargeräten zum Zwecke der Verkehrskontrolle überwacht. Bei der Annäherung des Felsens kam es bei einem dieser Geräte zu einer Störung der Messkreise. Anstatt lediglich diejenigen Signale weiterzumelden, für die es gedacht war, begann das Radargerät alles zu registrieren, was sich in seinem Erfassungsbereich befand. Als es ein schnellbewegtes Objekt zwei Millionen Kilometer über Luna meldete, kümmerte sich das Verkehrskontrollzentrum in Luna City sofort darum. Das Zentrum verfolgte den vorwitzigen Asteroiden länger als eine Stunde, bis er hinter seinem lokalen Horizont verschwand. Die Verkehrslotsen ermittelten die Flugbahn des mysteriösen Objekts. Sie gaben die Informationen an die Astronomische Vereinigung weiter, wo sie zwei Jahrzehnte lang nicht beachtet wurden.
Bereits in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts hatte es Pläne gegeben, den mineralischen Reichtum der Asteroiden auszubeuten, und erste Versuche dazu wurden im einundzwanzigsten Jahrhundert angestellt. Alle waren gescheitert. Die Flugzeit und die Entfernungen, die beim Flug zum Asteroidengürtel und wieder retour zurückgelegt werden mussten, hatten den Betrieb der Minen zu teuer gemacht.
Im Jahr 2060 wählte ein Student mit Namen Halver Smith den Asteroidenbergbau zum Thema seiner Doktorarbeit in den Wirtschaftswissenschaften. Smith gelangte zu dem Schluss, dass ein solches Vorhaben nicht notwendigerweise unrentabel sein musste. Schließlich überstieg der Wert eines Kubikkilometers Asteroidenmetall, das zur Erde geschafft wurde, das vereinte Bruttosozialprodukt der drei größten Nationen. Das Problem des mit dem Transport von Versorgungsmaterial zum Asteroidengürtel und dem Abtransport der Produkte zur Erde verbundenen Zeitaufwands blieb jedoch weiter bestehen.
Smith schlug eine Lösung des Problems vor. Anstatt zum Asteroidengürtel zu fliegen, könnte man doch einen Asteroiden in eine Umlaufbahn zur Erde bringen, argumentierte er. Er nannte seine Idee die ›Berg-zum-Propheten-Methode‹. Zur Verwirklichung dieses Plans musste der geeignete Asteroid in der geeigneten Umlaufbahn gefunden werden. Um seine Argumente abzusichern, durchsuchte er die Datenbanken der Astronomischen Vereinigung nach möglichen Kandidaten. Bei dieser Suche stieß er auf den Bericht des nahen Vorbeiflugs im Jahre 2037.
Halver Smith wurde der Doktortitel in den Wirtschaftswissenschaften verliehen. Seinen Vorschlag hielt man jedoch nicht für besonders praktikabel. Nach der Promotion benutzte er eine kleine Erbschaft dazu, in eine neue Methode zur Extraktion seltener Erden aus minderwertigen Erzen zu investieren. Als sein Reichtum zunahm, begann er ernsthaft über eine Verwirklichung seiner Hypothese nachzudenken.
Tom Thorpe war ein frischgebackener Studienabgänger der Bergbauschule von Colorado, als er auf Halver Smiths Anzeige antwortete, in der dieser für die Arbeit im Vakuum qualifizierte Bergbauingenieure suchte. Der Job, fand er bald heraus, bestand in der Ausbeutung eines sich der Erde nähernden Asteroiden. Er und ein Dutzend weiterer Weltraumaffen drängten sich beim Anflug um die Sichtluken des Prospektionsschiffes Sierra Madre . Als sie ihres Zieles ansichtig wurden, rief Perry Allen, der Vorlauteste der Gruppe: »Es ist ja bloß ein gottverdammter Felsen!«
Sie verbrachten den nächsten Monat damit, überall auf dem Asteroiden herumzuschwärmen. Sie bohrten tief in seine Oberfläche und untersuchten die Reinheit ihrer Proben. Mittels Ultraschall untersuchten sie sogar noch tiefere Schichten. Ihre Analysen bestätigten, dass der Felsen ein Glücksfund war, ein beinahe reiner Klumpen Nickelerz, vermengt mit Spuren von Kupfer, Silber und Gold. Zehn Monate später fand sich Thorpe ein weiteres Mal auf dem Felsen wieder, in Begleitung einer ganzen Crew von
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