Sternenfaust - 055 - Krieg in der Hohlwelt (1 of 2)
zumute.
*
Bruder William hatte sein Interkom, mit dem er jederzeit von der Brücke aus angefunkt werden konnte, auf stumm geschaltet. Aus gutem Grund. Die Situation war mittlerweile unerträglich. In seinem Magen rumorte ein ausgesprochen mulmiges Gefühl. Seit dem Überfall auf die STERNENFAUST II und Dana Frosts Entführung durch die Morax, mehrte sich an Bord ein besorgniserregendes Phänomen.
Diese Attacke hatte zwar mit letzter Kraft zurückgeschlagen werden können, hatte aber neben den sichtbaren auch etliche unsichtbare Wunden hinterlassen.
Es war, als hätte das Verschwinden des von Crew, Marines und Offizieren gleichermaßen respektierten und geachteten Captains mehr als nur eine menschliche Lücke in die Mannschaft gerissen.
Sie war die Seele der STERNENFAUST.
Diese Überlegung kehrte in fast regelmäßigen Abständen in sein Bewusstsein zurück und zugleich begann er sich wegen dieses Gedankens zunehmend zu hassen. Er konnte das Auftauchen dieser Überlegung nicht verhindern. Die Tatsache, dass er immer wieder an Dana denken musste, hatte etwas Zwanghaftes. Wirklich schlimm aber fand er, dass sich diese gedankliche Feststellung jedes Mal in der Vergangenheitsform bildete.
Sie war die Seele der STERNENFAUST.
Er konnte sich noch so häufig verbessern und sich sagen, sie ist die Seele der STERNENFAUST, es blieb doch nur nachträgliches Stückwerk, das ihn deprimierte.
Ich denke an sie, als wäre sie längst tot … Dabei war er im Grunde felsenfest vom Gegenteil überzeugt. Das war der eigentliche, der fundamentale Widerspruch, den er nicht auflösen konnte und der ihn auf Dauer krankmachen würde.
So krank wie den Crewman Stanislaw Fo-Long, der vor ihm saß und seinen Blick gehetzt von einer Ecke des Raumes zur nächsten hin und her wandern ließ, während er auf Bruder William einredete, als ginge es um Leben und Tod.
In letzter Zeit nahmen diese Fälle überhand. Immerhin war Frost nicht von irgendwo entführt worden, sondern direkt von der Brücke der STERNENFAUST. Eine nichtmenschliche Rasse hatte das Schiff überfallen und den Captain mitgenommen. Allein, dass diese Möglichkeit existierte, nagte an den Nerven.
Fo-Long war seit Frosts Entführung bei Weitem nicht der Einzige, der psychische Verhaltensauffälligkeiten zeigte. Normalerweise gehörte das natürlich in Dr. Gardikovs Aufgabenbereich. Aber William hatte der Schiffsärztin angeboten, sich um einzelne Patienten zu kümmern. Und zwar um solche, bei denen die psychischen Defekte noch keine Auswirkungen auf die physische Gesundheit genommen hatten. Überlastet wie die Krankenstation derzeit war, hatte sie seine Offerte dankbar angenommen. Seitdem beschäftigte er sich täglich etliche Stunden mit jenen Personen, die seit Danas Verschwinden auffällige Symptome zeigten.
Während unserer manchmal monatelangen Missionen im All bleibt uns nichts anderes übrig, als uns um diese Fälle selbst zu kümmern. Auf der Erde würde man solche Menschen wahrscheinlich in stationäre Behandlung schicken. Mit solchen Soldaten gewinnt das Star Corps keinen Kampf mehr, von einer Schlacht oder einem Krieg ganz zu schweigen …
Nach nahezu jedem Gefecht gab es ein paar Leute, die dem Stress und der seelischen Belastung, ausgelöst durch die unmittelbar miterlebten Grausamkeiten, Tod und Verstümmelungen, nicht mehr standhielten. Oft – zu oft – wurden diese »Aussetzer« mit hoch dosierten Psychopharmaka »weggespritzt«. Diesmal aber hatte es überraschend viele Fälle gegeben und jeder äußerte sich etwas anders.
Crewman Stanislaw Fo-Long stand seit Tagen unter Beruhigungsmitteln. Aber sie zeigten nur dann Wirkung, wenn man ihn damit derart vollpumpte, als wollte man einen Elefanten betäuben. Angesichts massiver Nebenwirkungen war das auf Dauer nicht angeraten. Körperlich fehlte ihm nichts. Blutwerte, Herz-Kreislauf-Funktion, das Zusammenspiel von Hormonbildung und Hirntätigkeit, alles war untersucht worden. Der Befund: Physisch strotzte Fo-Long vor Gesundheit.
Dennoch war es offensichtlich, dass der Crewman krank war. Schwer krank sogar, denn er redete ohne Unterlass, ohne Punkt und Komma, fand mit seinen Ausführungen nur dann ein Ende, wenn er erschöpft in eine Art Ohnmacht sank, die an die Stelle des Schlafes getreten war. Aufgaben konnte er keine mehr übernehmen. Er gehörte zur Technikercrew von Lieutenant Jefferson, und seine Kameraden hatten ihn zu Dr. Gardikov gebracht, als ihnen auffiel, dass er rings um sich herum
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