Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Anfänge
Der Soldat kannte nur die volkstümlichen Abenteuergeschichten. Die Forscherin Begon Veraz erzählte ihrem Freund nun, da alles vorüber war, die ganze Geschichte. Sie begann so: „Am Meeresgrund vor der mexikanischen Ostküste lag, während irgendeiner Eiszeit, ein Stein. Der Stein war nicht einmal ein Gramm schwer und entsprechend klein. Wäre Licht auf diesen rundlichen Kiesel gefallen, hätte er eine einheitliche, graubraune Färbung gezeigt. Doch hier herrschte Dunkelheit. Von einer Millisekunde auf die andere erwärmte sich der Kiesel um 1/3 °C. Dieses Ereignis erscheint reichlich banal, lässt man außer Acht, dass die Physik dieser Welt dem Stein keinen Anlass bot, sich auf diese Weise zu verhalten.
Wir verfügen mittlerweile über zehntausende solcher Tatsachenberichte von rekonstruierten Ereignissen aus prähistorischer Zeit, - einer unspektakulärer als der andere. Das meiste davon geschah weit unterhalb der Erdoberfläche oder in den höheren Schichten der Atmosphäre. Viele der ´Irregularitäten´ betrafen einzelne ´Moleküle´, was auf dieser Welt ein Fachbegriff für bestimmte, ziemlich kleine Strukturen ist. Häufig verschwanden die betreffenden ´Objekte´. In anderen Fällen veränderten sie sich geringfügig oder tauchten, was seltener geschah, aus dem Nichts auf.
Nur eine Minderzahl dieser Veränderungen betraf irgendwelche Lebewesen. Allerdings ist ein Fall bestens dokumentiert, in dem ein Neandertaler, eine vor langer Zeit ausgestorbene Menschenart, eine Handgranate, ein technomantisches [1] Mordgerät, das erst in viel späteren Epochen entwickelt werden sollte, an einem Flusslauf fand. Auch diese Geschichte wäre wohl beeindruckender, wenn der Vormensch jemals den Sicherungsstift gezogen hätte. Die Handgranate wurde Teil seiner Sammlung kurioser Steine und detonierte niemals. In den zukünftigen Arsenalen der US-Armee, der mit Abstand am stärksten gerüsteten Armee dieser Welt, fiel der Verlust niemandem auf.
Natürlich gab es keine Beobachter dieser Ereignisse vor Ort oder im Fall der letzten Begebenheit, zumindest niemanden der verstanden hätte, was da geschah.
Unsere Gelehrten halten die meisten dieser Ereignisse mittlerweile für normal. Es bleibt aber strittig, ob gerade solche Fälle, in denen temporäre Verschiebungen auftreten, hinreichend durch die gängigen Theorien erklärt werden können.
Geschichte beginnt, wo sie von Menschen wahrgenommen wird. Die oben geschilderten Geschehnisse setzten viel eher ein. Geschichte endet, wo das letzte intelligente Wesen auf der Welt seine Beobachtungen für immer einstellt. Das geschah, wie wir heute wissen, in einer sehr unerwarteten Art und Weise. Doch bis dahin sollte noch viel, sehr viel geschehen.“
Sicherheit
Die Blicke der Zuschauer schienen sie zu durchbohren. Natürlich hatte ihre Todesangst nichts damit zu tun, dass die französische Gegnerin ihr etwas antun könnte, und auch vor der Möglichkeit zu verlieren hatte sie keine Furcht. Schuld waren die Zuschauer und die Gewissheit, nach dem Turnier in die Schule zurückkehren zu müssen, die Erkenntnis, mit dem, was sie hier tat, lediglich von einem wirklichen Leben davonzulaufen.
Ich bin total bescheuert, das hier mitzumachen. Hoffentlich mache ich mir nicht vor Angst in die Hose. Mama hat es sicher gut gemeint. Bestimmt ist es gut für mein Selbstbewusstsein, zu zeigen, was ich kann.
Verena wusste, dass sie sich damit selbst belog. Sicher, Kampfsport war das Einzige, von dem sie wirklich etwas verstand, und eigentlich sollte sie sich gut dabei fühlen. Doch Judo machte sie noch nicht sehr lange. Nur der Tatsache, dass sie sich, seit sie fünf Jahre alt war, in ihrer Freizeit mit nichts anderem als Sport, hauptsächlich verschiedenen Kampfsportarten, beschäftigte, verdankte sie, dass sie rasch einen braunen Gürtel errungen hatte. Ihre eigentliche Disziplin war Karate, weshalb sie sich in Judo stets bewusst war, noch weit von einer meisterhaften Beherrschung der Disziplin entfernt zu sein. Selbst wenn es hier um Karate ginge: Niemals wäre sie aus eigenem Antrieb zum Freundschaftsturnier mit dem Partnerverein in Frankreich mitgefahren, wo hunderte Fremde sie begaffen würden, wenn sie ins Dojo ging. Ihr Instinkt sagte ihr nicht: ´ Hier bin ich, ich kann stolz auf mich sein ´, sondern riet ihr, davonzurennen. J etzt wird mir schlecht, gleich muss ich kotzen. Ich hätte mich vorher krankmelden sollen. Jetzt wäre das nur noch peinlich.
Eine
Weitere Kostenlose Bücher