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Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Titel: Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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sehen war.
    »Himmel!«, rief sie. »Dr. Gardikov! Schnell!«
    Rana sackte in sich zusammen. Etwas fiel scheppernd zu Boden.
    »Ihr Kommunikator«, sagte Dana. Als sie sich bücken wollte, um das flache, kleine Gerät aufzuheben, das Ranas Hand entglitten war, hielt sie neben den blutleeren Lippen der Systemanalytikerin inne. Sie bewegten sich.
    »Ich habe seine Nachricht … doch eben erst gehört …«, drang kaum verständlich aus Ranas Mund. Dann kippte sie – endgültig bewusstlos – im Sessel zur Seite. Van Deyk hielt sie an den Schultern und versuchte so zu verhindern, dass Rana von der Sitzfläche kippte.
    »Flach auf den Boden legen«, sagte Dana und dann lauter: »Wo bleibt Dr. Gardikov?«
     
    *
     
    »Sie kommen«, meldete B25.X-V77+. Ein heftiger Stoß riss ihn beinahe von den Beinen. Aber da er mittlerweile die Art der Erdbeben kannte, fing er sich mit erstaunlicher Geschicklichkeit ab und fuhr fort die Instrumente zu bedienen.
    »Reicht die verbleibende Zeit?«, fragte B25.V-X66/.
    »Zeit und Energie schon«, sagte B25.X-V77+, »aber nicht das Gefährt, das die Fremden hierher bringt …« Ein rüttelndes Vibrieren des Bodens erschütterte sie. Sie beachteten es nicht weiter.
    »Das ist unerwartet«, erwiderte B25.V-X66/ heftig. »Sie kreisen mit einer kleinen Flotte um das System und dann schicken sie nur ein winziges Schiff! Wie kann das sein?«
    »Ich fürchte, wir haben jetzt nicht die Zeit, um zu analysieren, wo der Defekt begründet liegt und auf welcher Ebene unsere Aktion fehlerhaft war.«
    »Du hast recht, wir müssen das Beste aus den Gegebenheiten machen.«
    »Das heißt …«
    »Das bedeutet genau das, was du gerade denkst. Ich kann es dir ansehen«, sagte B25.V-X66/ kühl.
    Die von ihm ausgehende Kühle fußte zwar auf einer Empfindung der Verachtung, doch B25.X-V77+ empfand sie als Wohltat. Als Ausdruck der Zuneigung. Er liebte es zu dienen und er liebte den Schmerz. Jeder noch so kleine Tadel durch seinen Vorgesetzten erfüllte ihn mit einem Gefühl der Freude, jede Bestrafung konnte ihn zur Ekstase bringen. Und er wusste, dass B25.V-X66/ seine Gefühlslage kannte und wie er auf Tadel und Zurechtweisung reagierte. Aber B25.X-V77+ wusste natürlich auch, dass die Situation viel zu ernst für ihre Spielchen war und dass er sich zusammenreißen musste, wenn er diese Mission überleben wollte. Noch war er nicht so weit, den ultimativen Schmerz, den endgültigen Abschied vom Leben, den Tod, auf sich zu nehmen, auch wenn er ein deutliches Ziehen spürte, sobald dieser Gedanke in sein Bewusstsein drang.
    Nervös schob er diese Empfindung von sich. Nein, nicht hier, nicht jetzt, nicht derart unvorbereitet auf dieser abgelegenen Welt, fern der Heimat. So etwas musste zelebriert werden. Der Höhepunkt der selbst gewählten Qual musste das Werk einer sorgfältigen Inszenierung sein, lang andauernd, gefeiert inmitten der Sippe, so dass jeder würde mithelfen können, der ihm etwas bedeutete, dem er etwas bedeutete.
    »Also kein Wort«, stieß B25.X-V77+ schließlich hervor.
    »Völlig richtig«, sagte B25.V-X66/, »kein Wort zu den anderen!«
    Sie sahen sich schweigend an, um den Pakt zu besiegeln, während der Boden unter ihren Füßen von weiteren heftigen Stößen erschüttert wurde.
     
    *
     
    Seine Stimme klang anders, entschlossener, nicht so zweifelnd, wie sie es von ihm gewohnt waren. Nachfolgend der Wortlaut von Bruder Williams Erklärung, die er kurz vor Aufbruch des ultraschnellen Shuttles auf Rana Quaids Mailbox gesprochen hatte:
    »Unsere Handlung mag in deinen Augen unsinnig sein, selbstzerstörerisch, unüberlegt und leichtsinnig. Ich fühle deutlich, dass jeder darüber so denken muss, der nicht erlebt hat, was wir erlebt haben. Aber genau das macht den Unterschied. Zwischen uns hat sich ein Graben aufgetan, der zumindest in diesem Augenblick unüberwindbar ist. Ich weiß, dass du nicht zu denen gehörst, die die Botschaft empfangen haben, denn sonst würdest du uns begleiten. Du hättest mich kontaktiert, hättest einen Weg gefunden, zur FLAMMENZUNGE zu fliegen, um bei unserem Unternehmen dabei zu sein.
    Nie war eine Mission dringlicher als diese und niemals war ich entschlossener. Das, was wir im Begriff sind zu tun, wird sich wahrscheinlich als unzureichend erweisen, nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Dennoch muss es getan werden. Es zu unterlassen würde bedeuten, dass ich zukünftig eine Schuld zu tragen hätte, deren Last mich umbringen würde.

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