Sternenfaust - 086 - Vermisst
Nanoteilchen an Informationen aus jemandem herausbrachten. Davon abgesehen würde man Brekken vom Fleck weg verdächtigen, seine Kameraden im Stich gelassen zu haben, da er der einzige Überlebende war oder – noch schlimmer – ein vom Feind umgepolter Agent zu sein, der geschickt worden war, die J’ebeem auszuspionieren und die Informationen an die Dronte zu liefern. Was natürlich die Überzeugung implizierte, dass er alles, was er über sein Volk und den Temuran wusste, den Dronte bereits verraten hatte.
Wenn er großes Glück hatte, stellten sie irgendwann seine Unschuld fest und ließen ihn laufen. Falls sie sich denn die Mühe machten, seine Unschuld überhaupt jemals in Betracht zu ziehen, was eigentlich ziemlich unwahrscheinlich war.
Und es gab noch einen weiteren Faktor, den er bedenken musste: dieses Shuttle. Ganz abgesehen davon, dass sein Auftauchen mit einem Dronte-Schiff ihn natürlich als potenziellen Dronte-Agenten in Verdacht brachte, verfügte selbst dieses kleine Schiff über eine enorme Technologie, die der Temuran und das Triumvirat nur allzu gern in die Hände bekommen hätten, um daraus ihren Vorteil gegenüber ihren gegenwärtigen Bündnispartnern ziehen zu können. Grundsätzlich war gegen eine solche Haltung nichts einzuwenden. Schließlich war jedes Volk bestrebt, sich bestmöglich zu entwickeln, was auch einen Wissensvorsprung gegenüber anderen Völkern einschloss.
Doch Brekken wusste nur zu gut, dass die Regierung diesen Vorsprung erneut nutzen würde, um aggressiv zu expandieren. Und diese Politik war ihm schon immer zuwider gewesen. Falls es ihm also irgendwie gelang zurückzukehren, würde er dieses Schiff vernichten müssen, damit es nicht dem Temuran in die Hände fiel. Und auch niemand anderem.
Seine Gedanken wurden unterbrochen, als schließlich der Befehl zum Start der Flotte gegeben wurde. Brekken erkannte durch die Programmierung des Piloten, dass das Ziel der Evakuierung in 256 Lichtjahren Entfernung lag. Er rief aus dem Datenspeicher eine Karte des Zielgebiets auf den kleinen Bildschirm seiner Station und stellte fest, dass dort – nichts war. Es existierte kein Sonnensystem, kein Wurmloch-Transmitter, kein Schwarzes Loch oder sonstiges astronomische Phänomen – nichts. Auch als er den Ausschnitt vergrößerte, wurde auf der Karte nichts angezeigt. Aber irgendetwas musste dort sein, andernfalls würden die Dronte wohl kaum dorthin fliegen. Es sei denn, sie benutzten die Koordinaten als Sammelpunkt für die gesamte Evakuierungsflotte, die aus verschiedenen Teilen ihres Territoriums zusammenkam, um von dort aus zum eigentlichen Ziel zu fliegen.
Brekken ließ sich seine Enttäuschung darüber, dass er das Geheimnis nicht lüften konnte, nicht anmerken. Solche Gefühlsregungen waren den Dronte fremd. Sie erfüllten ihre Aufgaben und ließen dabei keine Ablenkung zu. Das durfte er nicht vergessen, sonst wäre er innerhalb kürzester Zeit als Betrüger entlarvt, der nur vorgab ein Dronte zu sein. Und das brachte ihn zu dem Schluss, dass er sich seiner Mitreisenden schnellstmöglich entledigen musste.
Alles andere war einfach zu gefährlich.
*
Nach dem Übertritt in den Bergstromraum zwei Stunden später war sich Brekken sicher, dass er genug von der Funktionsweise des Shuttles wusste, um es selbst fliegen zu können. Er verließ seinen Posten an der Funkstation und war froh, dass der Pilot ihm keine Fragen stellte, warum er das tat. Vier der Kenoor-Dronte hatten sich in die Schlafkabinen zurückgezogen, die beiden anderen saßen in der Kantine. Wenn er schnell handelte, würde alles in wenigen Minuten vorbei sein.
Er nahm sich die Dronte in den Kabinen zuerst vor, da die in einem durch ein Schott von der Steuerkanzel getrennten Bereich lagen, sodass der Pilot nicht mitbekam, was Brekken buchstäblich hinter seinem Rücken trieb. Er nahm eine Multidosis-Druck-Spritze aus seinem Notfall-Kit und füllte sie mit einem Muskelrelaxans, das eigentlich zur lokalen Betäubung der Kenoor-Dronte gedacht war. In der hohen Konzentration, die Brekken einfüllte, führte es unweigerlich zur Lähmung des gesamten Muskelapparates einschließlich der Atmung und des Herzens. Es würde von einer Sekunde zur anderen einfach aufhören zu schlagen.
Derart bewaffnet betrat er die erste Kabine. Das Deckenlicht flammte augenblicklich auf. Die beiden Dronte, die sich diese Kabine teilten, lagen schlafend oder doch zumindest ruhend auf den Liegen und richteten sich jetzt
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