Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes
eine Konkurrenz zu werden drohten, wissen Sie so gut wie ich.«
»Das interessiert mich nicht, Lorrin«, antwortete Siron schroff. »Ich bin die Intrigen und die verkrusteten Traditionen leid und sehe, da ich nun einmal immer noch am Leben bin, einem friedlichen und vor allem von diesem Schwachsinn freien Leben entgegen. Ich werde mich absetzen, mir eine Existenz als freier Händler aufbauen und Ebeem auf immer den Rücken kehren. Schließlich wissen Sie so gut wie ich – wenn nicht besser – was das Triumvirat mit mir tun wird, sollte es je erfahren, dass ich noch lebe. Als einzigem Überlebenden der MOND VON KANASH werden sie mir unterstellen, dass ich meine Besatzung und das Schiff im Stich gelassen und die Mission habe scheitern lassen, nur um meine eigene Haut zu retten. Und die Triumvirn werden das als Vorwand benutzen, um meine Familie zu diskreditieren, höchstwahrscheinlich sogar ihr den Adelsstatus und das Lehen abzuerkennen. Und möglicherweise auch Ihrer Familie, Lorrin, weil die durch meine Heirat mit Taila mit dem Haus Haskano verbunden ist.«
»Natürlich«, gab Lorrin unumwunden zu. »Aber da niemand weiß, dass Sie noch leben und jetzt eine neue Identität besitzen, stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen. Ganz besonders auch die Möglichkeit, Ihr Volk von der Tyrannei des Triumvirats ein für alle Mal zu befreien.«
»Ich sagte schon, dass mich das nicht interessiert.«
Lorrin machte eine Geste der Enttäuschung. »Wenn das wirklich Ihre Meinung ist, so hat Taila sich in Ihnen vollkommen getäuscht. Sie war es nämlich, die mich schon vor Längerem darauf aufmerksam gemacht hat, dass Sie ein wertvolles Mitglied für unsere Bewegung wären.«
»Taila wusste davon?«, entfuhr es Siron perplex.
»Nicht nur das, Siron. Taila war ein wichtiges Mitglied unserer Organisation. Und sie war überzeugt davon, dass Sie bei uns aufgrund Ihrer Erfahrung als Kampfschiffkommandant eine wichtige Rolle spielen könnten. Doch solange man Sie ständig mit Sonderaufträgen im Weltraum herumscheuchte, hätten Sie nicht viel tun können, weshalb wir die Entscheidung, diesbezüglich an Sie heranzutreten, immer wieder verschoben haben. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen. Sobald das Triumvirat Ihr Schiff für verschollen gehalten und Sie und Ihre Leute für tot erklärt hätte, wären Sie ohnehin frei gewesen. Jetzt sind Sie es, weil Ihr Schiff und Ihre Crew tatsächlich tot sind. Bessere Voraussetzungen für eine Arbeit in unserer Organisation gibt es nicht.«
Der ältere Mann sah Siron eindringlich an. »Junge, ich weiß, dass Ihre Loyalität immer dem Volk von Ebeem galt und dem Triumvirat nur in zweiter Linie. Und das Volk braucht Sie jetzt. Ich bin zwar der Leiter der Untergrundbewegung in Ermangelung eines dafür besser geeigneten Mannes, aber ich habe weder Ihr Potenzial, noch Ihre Erfahrung, ein Kommando zu führen und erst recht nicht Ihr Charisma. Aber falls Sie schon nicht dem Volk helfen wollen, so helfen Sie wenigstens Ihrer Tochter. Soll sie in eine Zukunft hineinwachsen, in der ihr als Frau eines Hohen Hauses ein normales Leben verwehrt bleibt und ihr Dasein nur aus Intrigen, Etiketten und Belanglosigkeiten besteht? Sie können das mit unserer Hilfe ändern. Und ich weiß, dass es genau das ist, was Taila sich gewünscht hat.«
Siron zweifelte nicht daran, dass Lorrin die Wahrheit sagte. Von Anfang an war ihm aufgefallen, dass Taila seine eigenen »ketzerischen« Gedanken gegen die Politik des Triumvirats nicht nur gutgeheißen, sondern ihn auch immer darin bestärkt hatte. In Anbetracht dessen, was Lorrin ihm gerade über Tailas Mitgliedschaft in der Untergrundbewegung offenbart hatte, war er sich sicher, dass sie ihn tatsächlich für ihre Sache zu gewinnen versucht hätte, sobald die Zeit dafür reif gewesen wäre.
Ihm kam ein Verdacht, dessen Tragweite so gewaltig war, dass es ihm für mehrere Minuten die Sprache verschlug. Er hatte sich immer gefragt, warum Karsan Sakala seine Tochter Taila ausgerechnet mit Siron verheiratet hatte, der nur der unbedeutende vierte Sohn des Hauses war. Wenn aber seine, Sirons Rekrutierung für den Untergrund schon damals der Plan gewesen wäre und Karsan Sakala mit von der Partie war … All die unzusammenhängenden Puzzleteile ergaben auf einmal ein vollständiges, klares Bild.
»Verdammt, Lorrin, wie lange besteht dieser Plan schon, mich anzuwerben?«, fragte er scharf.
Der ältere Mann schmunzelte. »Seit Jahren, mein Junge. Wir haben uns sorgfältig nach
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