Sternenfaust - 094 - Wandlungen
Er war zu müde.
Aber er musste es wissen. Er musste , und er spürte auf einmal, wie wichtig das für ihn und die Besatzung der STERNENFAUST war. Es ging um mehr als nur um seine Visionen.
Woher weiß ich das jetzt eigentlich? Egal. Es gibt nur einen Weg, mehr herauszufinden.
*
»Bruder William! Was machen Sie um diese Uhrzeit auf der Brücke?«
Verwirrt sah der Real Martian Lieutenant Saul Mandagor den Christophorer an, der gerade die Brücke betreten hatte. Der Tageszeit entsprechend – nach Schiffszeit war es elf Uhr abends – war die Beleuchtung nicht ganz so hell, und auch die Geräusche schienen gedämpft.
Der Mönch starrte zurück. Die Besatzung war eine andere als die, die er gewohnt war. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich ins Gedächtnis rief, dass es später Abend war und Captain Dana Frost, wenn nichts Besonderes anlag, wohl kaum 24 Stunden am Stück Dienst tat. Mir ist wohl schon jedes Zeitgefühl verlorengegangen, so wenig schlafe ich. »Ich wollte eigentlich mit Captain Frost sprechen, wenn das möglich ist«, sagte er schließlich hastig.
Mandagor schüttelte den Kopf. »Wir haben vor einer Stunde die Gammaschicht begonnen. Captain Frost und Commander van Deyk haben dienstfrei. Das Kommando auf der Brücke habe derzeit ich.« Eine unangenehme Pause entstand, in der William zaudernd und unschlüssig stehen blieb. Was er jetzt sagen wollte, schien ihm schwerzufallen.
»Lieutenant Mandagor, ich muss dringend eine Verbindung mit der Datenbank der Brüderschule auf Sirius III herstellen. Vielleicht ist es ganz gut, dass ich so spät darum ersuche, um diese Uhrzeit dürfte das am wenigsten stören. Und die allgemeine Funkstille wurde ja mittlerweile vom Star Corps aufgehoben, nicht wahr?«
Mandagor wusste nicht, was er von dieser Bitte halten sollte. »Die Brüderschule auf Sirius? Dann brauchen Sie eine Bergstromfunkverbindung. – Ich fürchte, das kann ich nicht entscheiden. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, befinden wir uns auf Schleichfahrt zurück zum Devas-System. Wenn wir jetzt eine Bergstrom-Funkverbindung etablieren, setzen wir uns der Gefahr einer Entdeckung aus.«
Der weit über zwei Meter große Mandagor, der auf dem Mars geboren und aufgewachsen war, bemerkte verblüfft, dass der Christophorer bei diesen Nachrichten förmlich zusammensackte. Doch er gab noch nicht auf.
»Ich versichere Ihnen, ich bitte nicht leichtfertig darum, Lieutenant. Es kann wirklich die Sicherheit des Schiffs betreffen. Ich würde das gern verifizieren, bevor ich Captain Frost damit behellige.«
Saul Mandagors Unbehagen wuchs. Er rückte auf dem Kommandostuhl unbehaglich hin und her. »Bitte haben Sie Verständnis, dass ich das nicht entscheiden darf. Aber wenn es die Schiffssicherheit betrifft, bin ich sicher, dass Captain Frost auch jetzt noch Zeit für Sie hat.«
William schwieg einen Moment. »Ich verstehe, Lieutenant«, sagte er dann. »Sie haben natürlich recht.« Er wandte sich zum Gehen, doch Mandagor war neugierig geworden und hielt ihn zurück. »Bruder William, wenn es wirklich so dringend ist, wird Captain Frost sicher mit sich reden lassen. Ich kann sie gern für Sie rufen lassen.«
Doch Bruder William wehrte ab. »Nein, Lieutenant, tun Sie das nicht. Das übernehme ich dann selbst. Ich danke Ihnen trotzdem.«
Damit wandte er sich um und verließ die Brücke.
Saul Mandagor wechselte einen Blick mit Titus Wredan, der in der Gammaschicht meist an der Navigationskonsole saß. Wredan zuckte mit den Achseln.
Nun gut , dachte Mandagor. Sah so aus, als würde der Mönch über die Wichtigkeit seines Anliegens selbst entscheiden müssen.
*
»Schleichfahrt durch das Asteroidenfeld bei den angegebenen Koordinaten gestoppt, Captain. Unsere Position ist 5 Grad unter der ekliptischen Ebene des Systems. Entfernung zur Devas-Sonne rund zehn Komma acht vier Astronomische Einheiten.«
»Danke, Lieutenant Santos. – Lieutenant Jamil, öffnen Sie ein Video-Fenster für die SONNENWIND.«
»Aye, Ma’am.«
Vor der schematischen Darstellung des Devas-Systems, das den Hauptteil des Bildschirms einnahm, öffnete sich ein Fenster mit dem Bild eines grinsenden Chip Barus. Seine Erste Offizierin Reena McKee stand schräg hinter ihm und beugte sich mit Guofeng Smith über die Kommunikationskonsole, die rotblonden Haare wie immer zu einem Pferdeschwanz gebunden.
»Captain Frost, nett, Sie zu sehen. Na, hat Teluvion uns da nicht ein lauschiges Plätzchen ausgesucht?«
Dana Frost
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