Sternenfaust - 101 - Der Weltraumfriedhof (2 of 2)
vergangenen Stunden so effizient hatten arbeiten lassen und machten einer allgemeinen und absolut verständlichen Erschöpfung Platz.
Und der erschreckenden Erkenntnis, wie knapp man soeben einer Katastrophe entgangen war.
Niemand gab ein deutlicheres Zeugnis dafür ab als Joelle Sobritzky. Die 30-jährige Französin war von Natur aus ein schlankes Wesen mit eher blässlichem Teint, doch momentan sah sie aus wie ein Häufchen Elend. Ihr braunes Haar klebte ihr in wilden Strähnen auf der nassen Stirn, ihre Wangen waren vor Anstrengung stark gerötet und breite Schweißflecken zierten den Kragen sowie die Front- und Rückseite ihrer Uniformjacke. Hätte Joelle nicht ohnehin gesessen, wäre sie vermutlich längst umgefallen – sie wirkte momentan nicht gerade wie jemand, der sich noch aus eigener Kraft auf den Beinen halten konnte.
Was für eine Leistung , dachte Dana Frost erneut und empfand mit einem Mal eine Art mütterlichen Stolz für die jüngere Kollegin. Ich wusste, dass sie gut ist, immerhin habe ich sie für diesen Posten und dieses Schiff eigenhändig ausgewählt. Aber dass sie so gut ist … Alle Achtung!
»Ortung, bestimmen Sie unsere Position.« Dana zwang sich, ihre Gedanken anderen Themen zuzuwenden. Für den Moment zumindest. Die STERNENFAUST bestand aus mehr als nur einer Navigatorin, und auch der Rest von ihr brauchte die Aufmerksamkeit des Captains. »Lieutenant Brooks, geben Sie mir den Maschinenraum«, bat sie den 31-jährigen Kommunikationsoffizier aus der afrikanischen Region Kamerun.
»Aye, Ma’am«, sagte er nickend, als habe er schon auf diesen Befehl gewartet. Werde ich so durchschaubar? , dachte Frost scherzhaft, schrieb den momentan äußerst unpassenden Gedanken aber sofort auf den Überschuss an Adrenalin in ihrem Körper. Fokus, Dana. Fokus , ermahnte sie sich.
In der unteren rechten Ecke des Frontbildschirms, der eine dreidimensionale Darstellung des vor ihnen liegenden Ausschnitt des Weltraums zeigte, öffnete sich ein kleines Fenster – eine direkte Bildverbindung in das Herz des Schiffes. In Jenny Black Fox’ Reich.
Black Fox hatte sich definitiv geändert, seit sie zuletzt unter Dana gedient hatte, damals auf der STERNENFAUST II. Nicht nur, dass sie offener und direkter geworden war – und sich Dinge und Äußerungen traute, die der alten Jenny niemals über die Lippen gekommen wären. Auch ihr familiäres Umfeld war ein anderes. Vor einigen Jahren, so wusste Dana, hatte die Nachfahrin nordamerikanischer Cheyenne-Indianer geheiratet. Und zwar einen anderen alten Bekannten: Niemand Geringeres als den Genetiker-Soldaten Ragnarök S. Telford, der einst Chef der Marines auf Danas Schiff gewesen war und nun als Ausbilder auf dem Merkur arbeitete. Wenn sie korrekt informiert war, hatten die beiden sogar eine kleine Tochter, die auf der Erde bei Jennys Familie aufwuchs.
Die Chefingenieurin schenkte Frost ein erschöpftes Lächeln, als sie den Captain erkannte. »Ma’am«, sagte sie und nickte ihr auffordernd zu.
»Lieutenant Commander, wie ist die Lage bei Ihnen?«, fragte Dana Frost umgehend.
»Besser als vorhin«, antwortete Black Fox seufzend. Auch sie sah aus, als könnte sie eine Pause vertragen. Doch genau wie Dana wusste sicher auch sie, dass diese noch in weiter Ferne lag. Es gab noch zu viel zu erledigen – und zu erklären. »Wir haben zwar noch keine Ergebnisse unserer Ursachenforschung vorliegen«, sagte die Cheyenne, »aber wir können zumindest schon einmal bestätigen, dass hier unten noch immer alles an seinem Platz ist. Falls diese Information Ihnen weiterhilft.«
Dana lächelte. Sie mochte diese »neue« Jenny Black Fox. Kompetent, belastbar und mit einem treffsicheren Gespür für Ironie und Galgenhumor ausgestattet. Wenn es das ist, was das Eheleben aus einem macht, dann entgeht mir vielleicht ja doch etwas , dachte sie kurz – und bereute es sofort, denn ein Bild schlich sich vor ihr geistiges Auge, das sie lieber verdrängte. Das ihr jetzt nicht weiterhalf, sie nur noch mehr ablenkte. Das Bild ihres vor vielen Jahren verlorenen Partners Yngvar MacShane.
»In Ordnung, Lieutenant Commander«, sagte Dana schnell und vielleicht ein wenig lauter als beabsichtigt. »Dann warten wir, bis Ihnen die entsprechenden Angaben vorliegen. Halten Sie uns auf dem Laufenden. Brücke, Ende.«
Black Fox nickte, dann schloss sich auch schon das Kom-Fenster.
»I.O., wo stehen wir?«, wandte sich Frost an al Khaled.
Sofort antwortete der Perser. »Keine nennenswerten
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