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Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes

Titel: Sternenfaust - 113 - Abgrund des Geistes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymous
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ihrer Kontrolle, hatte längst die Segel gestrichen und auch ihren Geist mitgenommen. Stöhnend knallte die junge Frau auf den Fußboden, fühlte die kalte, glatte Fläche an ihrer Wange, ihren Händen und den nackten Beinen. Speichel sammelte sich auf ihren Lippen, schlug Bläschen. Und dann spürte sie ein nervöses Kribbeln, wie sie es nie gekannt hatte: Mentale Eindrücke prasselten mit einem Mal auf sie ein wie Hagelkörner. Emma fühlte sich, als habe sie eine Flut erfasst und in Sekundenschnelle aufs Meer hinausgetrieben, hilflos und orientierungslos. Bild auf Bild drängte sich vor ihr geistiges Auge, verlangte ihre Aufmerksamkeit und bestimmte ihre Wahrnehmung. Hier war ein Kridan, den Schnabel zum Angriff geöffnet, dort stand ein Haus inmitten einer weiten Steppe – unzusammenhängende Eindrücke allesamt, und doch jeder einzelne so real, als geschähe er jetzt und ihr. Unmittelbar.
    (SIE KENNEN DICH, FINDEN DICH, SEHEN DICH IMMER UND ÜBERALL!)
    Stimmen erklangen, die nur Emma hören konnte. Sie flüsterten und riefen, lachten und weinten gleichzeitig, bis ihr die Ohren dröhnten und der Lärm ihren Schädel zum Platzen zu bringen drohte. Und mit den Bildern kamen Empfindungen, Gefühle, die nicht ihre eigenen waren und die sie dennoch mit sich rissen. Emma war heiß und kalt, ängstlich und fröhlich gleichermaßen. Sie spürte Verlangen und Abscheu, Glück und Enttäuschung, als wären alle nur möglichen Emotionen eins geworden und prügelten sich nun in ihrem Geist um die Oberhand.
    (SIE HABEN DICH!)
    Ein Schrei erklang, qualvoll und leidend, und irgendwo durch den Dunst aus fremden Erfahrungen, der sie unter sich begrub, als wolle er das, was eigentlich Emma Kalani war, auslöschen, erkannte sie, dass sie seine Quelle war.
     
    *
     
    » Aufhören! «
    Ein Flüstern nur, flehend und gequält, und doch mit der Kraft der Verzweiflung geäußert. Niemand hörte es, aber es war alles, zu dem sie noch fähig war.
    Die Hände, die schließlich kamen, sie aufhoben und zurück in ihr Bett trugen, schienen so scharf und gnadenlos wie die Pranken eines Raubtieres, und überall, wo sie Emmas überreizten Körper berührten, brannte es, als hätte jemand ätzende Säure über ihr ausgeschüttet. Jeder Millimeter ihres Leibes war angespannt, nahezu jeder Muskel verkrampft. Dicke Schweißflecken zeichneten sich auf dem dünnen Leibchen ab, das sie als Patientin tragen musste, aber Emma nahm sie gar nicht wahr, sie waren Probleme anderer Leute und hatten nichts mit ihr zu tun – wer immer das auch noch sein mochte.
    Denn sie war nicht mehr Emma Kalani, die 29-jährige Hawaiianerin, die 2267 und mit fliehenden Fahnen die Ausbildung zum Dienst im Star Corps absolviert hatte. Sie war nicht mehr die junge und halsbrecherische Jägerpilotin der STERNENFAUST, und auch nicht die Frau, die in Mike Rossinis Bett Dinge tat, die noch vor wenigen Jahren ihrer beider unehrenhafte Entlassungen aus dem Corps nach sich gezogen hätten.
    All dies war Emma, doch nicht in diesen Momenten totaler Agonie. Nun war sie Jedermann, jede Frau, jedes denkende Lebewesen im Umkreis ihres Zimmers, vielleicht sogar des gesamten Hospitals. Unzählige Gedanken und Empfindungen drangen in sie ein und bemächtigten sich ihres Verstandes, rissen an ihrem Bewusstsein und verdrängten alles, was jemals sie selbst gewesen sein mochte, in die letzten Winkel ihres Geistes. Emma schrie wie am Spieß, wusste aber nicht zu sagen, ob sie selbst dies tat, oder ob auch das nur Teil einer der fremden Erinnerungen war, die ungehindert auf sie niedergingen. Und immer hörte sie dieses schreckliche Flüstern.
    (SIE HABEN DICH, UND JETZT LASSEN SIE DICH NICHT MEHR GEHEN!)
    Die Stimmen … die Stimmen waren überall. In ihren Ohren, ihrem Denken, ihrem Sein. Sie brachten ihren Verstand zum Überlaufen und ließen ihren Körper auf Dinge und Situationen reagieren, die ihm nie widerfahren waren. Und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurden sie lauter, drängender.
    (NIE MEHR, DENN JETZT GEHÖRST DU IHNEN, BIST EIN TEIL DER MENGE, KEIN EIGENER GEIST MEHR. DU BIST SIE!)
    »Ruhig, Miss Kalani. Ganz ruhig.«
    Schwester Kirchhoffs Worte drangen zu ihr, als befände sich eine dicke Wand aus Watte zwischen ihnen beiden, gegen welche die Medizinerin anschreien musste, weil sie sonst jeden Laut verschluckte. Emma hörte sie – und der letzte Rest Individualität, der in der Pilotin steckte, klammerte sich an diesen Laut, wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See an die rettende

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