Sternenfaust - 115 - Der Feind im Verborgenen
und dem »Einchecken«, in die Far Horizon -Einrichtung, erst einmal durch die Straßen der aufregenden Stadt treiben lassen. Zwar sahen viele Städte heutzutage immer irgendwie gleich aus – die gleichen Geschäfte mit den gleichen Namen, die gleichen Restaurants mit derselben Speisenauswahl –, dennoch versprühte Kapstadt einen ganz eigenen, exotischen Charme.
Oder kam ihm das nur so vor, weil diese exotische Schönheit mit den Mandelaugen ihn schon die ganze Zeit angestarrt hatte, während er einer Besuchergruppe bei der Führung durch jenes historische Township-Gelände folgte?
Schon gleich, als er am Eingang des Geländes Anschluss an die Gruppe gesucht hatte, war ihm die zierliche junge Frau aufgefallen. Sie versteckte nicht, wie viele andere der Touristen, ihre kaffeebraunen Augen hinter einer Sonnenbrille, oder ihr schwarzes glattes und halblang geschnittenes Haar unter einem Hut oder Tuch. In ihrem bunten Sommerkleid wirkte sie beinahe so, als wäre sie von den Wänden einer der bunt gestrichenen und teilweise kunstvoll bemalten Baracken gesprungen. Aufmerksam und vergnügt hörte sie der Führerin zu, die die Besucher mal hier und mal dort anhielt, um etwas über die Geschichte des Elendsviertels zu erzählen.
»Dieses Township hier nannte man Nyanga , was in der Xhosa-Sprache soviel heißt wie Mond «, sagte die Gruppenleitung und machte dabei eine allumfassende Geste. »Es war eines der ersten Townships von Kapstadt und …«
Jason hörte gar nicht richtig hin. Er versank nahezu in den Augen der Frau, die ihn mal unverhohlen, dann aber auch wieder schüchtern, immer wieder ansah. Sie hatte einen leicht gebräunten Teint, dazu aber eher asiatisch anmutenden Gesichtszüge.
Sie vereint das Beste in sich, was die menschliche Spezies zu bieten hat, wenn es darum geht, eine Frau zu sein , dachte Jason, auch im Hinblick auf ihren atemberaubenden Körperbau. Er schätzte sie auf Ende Zwanzig, also in etwa sein Alter. Etwas in Jason wusste einfach, dass sie sich für ihn interessierte. Die subtilen Signale, die ihre Augen, die der anmutige Körper an ihn aussandte, waren für Jason in ihrer Eindeutigkeit einfach nicht falsch zu interpretieren. Da konnte es einfach kein Vertun geben, verdammt! Die Kleine steht auf mich! Ich weiß es!
Gar nicht darüber nachdenkend, wie wunderbar es war, aufgrund seiner nun so trainierten Fähigkeit beinahe die Gewissheit zu haben, sich keinen Korb zu fangen, hatte er schon lange vor dem Ende der Tour beschlossen, die junge Frau auf einen Drink einzuladen. Der Abend nahte, erste Schatten schlichen sich in die Gassen zwischen den unbewohnten Behausungen, und ein leichter Wind von der Küste her ließ die Härchen auf Jasons Unterarmen sich in einer Gänsehaut aufstellen.
Es war der perfekte Zeitpunkt für ein erstes vorsichtiges Abtasten, ob neben der grundsätzlichen Sympathie auch noch mehr Dinge dafür sprachen, möglicherweise in Zukunft etwas mehr Zeit miteinander zu verbringen.
Eine halbe Stunde später war die Tour zu Ende. Der Hauptteil der Gruppe stürmte den Andenkenladen, aber die junge Frau blieb zurück und ließ sich auf einer Bank nieder, die man nahe des Ausgangs aus dem umzäunten Gelände aufgestellt hatte. Lässig blickte sie zu Jason hinüber, dessen Herz wie verrückt klopfte.
»Na, kommen Sie schon!«, rief sie und winkte ihn zu sich heran. »Ich beiße nicht!«
Jason schüttelte amüsiert den Kopf und ging zu ihr hinüber. »Selbst wenn Sie die bissigste Stute von allen wären, würde mich keine zehn Pferde davon abhalten.«
Sie lachte leise. Jason war hingerissen. »Oh, Sie mögen Tiervergleiche«, lächelte sie. »Das kann ich auch: Mein lieber Schwan, Sie gehen aber ran!«
Jason streckte die Hand aus. »Jason McVellor.«
Die Frau nahm sie und drückte sie erstaunlich fest. »Polina Stokke. Es freut mich schon jetzt außerordentlich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.«
»Wo wir uns doch schon so auffällig unauffällig beäugt und für interessant befunden haben, Miss Stokke«, sagte Jason. Er spürte erstaunt, wie er nervös wurde – gerade war er sich seiner Sache doch noch so sicher gewesen? Er nahm seinen Mut zusammen. Er wusste doch schließlich, dass er ihr gefiel. »Was … was hielten Sie davon, wenn wir bei einem Drink Ihrer Wahl in einem Etablissement meiner Wahl weitersehen, ob uns der Rest, der sich hier drin verbirgt«, dabei zeigte er auf seinen Kopf, »auch gefällt?«
Sie spitzte amüsiert die Lippen. »Sie meinen, ob wir
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