Sternenfaust - 134 - Die Wahrheit über Dana Frost
Aufenthalt hier .
In diesem Moment erklang aus der geöffneten Terrassentür ihrer Suite eine melodische Tonfolge. Sie schloss für einen Moment die Augen, stand dann aber auf und ging zum Tisch hinüber, auf dem eine kleine Touchscreen-Tastatur neben einer Karaffe mit Wasser stand. Sie berührte das Feld für den Türöffner und goss sich ein Glas Wasser ein.
Als Dana hörte, wie ihr Gast den weiten, mondbeschienenen Balkon betrat, sagte sie, ohne aufzusehen: »Guten Abend, Meister William.«
Ein leises Lachen erklang hinter ihr. »Sie sind erst zwei Wochen hier, Dana, und schon versuchen Sie, uns Brüder beim Gedankenlesen zu übertrumpfen.«
Dana wandte sich Meister William zu und lächelte verschmitzt. »Ich dachte, Sie und der Abt bestehen darauf, dass Sie das gerade nicht können, Meister William.«
Meister William trug eine dunkelgraue, grob gewebte Mönchskutte aus synthetischem Leinen, die nur von einem Strick um den Leib gehalten wurde. Er trat zu Dana an den Tisch, nahm sich ebenfalls ein Glas und schenkte sich ein wenig Wasser ein. »Das Wasser aus dem Kratersee. Es schmeckt leicht salzig, ist aber sehr gesund.«
»Dann ist es ja genau das Richtige für mich.«
William schwieg und trank noch einen Schluck. Dann setzte er das Glas ab und ging an die Brüstung, die wie der Balkon direkt aus dem Stein des Berges geschlagen worden war.
Dana sah nachdenklich hinter ihm her. Er will mir etwas sagen und weiß nicht, wie er das tun soll. Sicher liegen die Ergebnisse meiner Untersuchungen vor. Es war merkwürdig. Jetzt, da sie mit einer schlechten Nachricht rechnete, fühlte sie sich ruhiger als vor wenigen Minuten. Brauchst du die Katastrophe, um zur Ruhe zu kommen? So wie an dem Tag, als Ash dir mitteilte, dass er aufgab? Als du in einem waghalsigen Manöver versucht hast, die beiden Jägerpiloten aus dem Fixstrom zu retten?
Sie ging zu William Beaufort hinüber, der zum höchsten Turm des Klosters hinauf starrte. Dana wusste, dass Abt Daniel dort sein Büro hatte.
Sie legte William die Hand auf die Schulter. »Abt Daniel kann Ihnen, fürchte ich, auch nicht helfen bei dem, was Sie mir sagen müssen«, sagte sie, und ihre Stimme klang fast schon humorvoll.
William nickte langsam. »Da haben Sie wohl recht. Meister Ndidi und seine Mitarbeiter haben in den letzten Tagen rund um die Uhr die Ergebnisse Ihrer medizinischen Scans analysiert.«
Dana schwieg und ließ William Zeit, für sich die richtigen Worte zu finden. Sie war sicher, dass er sich lange überlegt hatte, was und vor allem wie er ihr das alles sagen wollte. Vielleicht kennt er die Ergebnisse auch schon länger, ich bin sicher, das Klinikum für Neurologie der Brüderschule für Analysen braucht weniger als zehn Tage, um erste Ergebnisse zu liefern.
William Beaufort musste sich räuspern. »Leider konnten auch Meister Ndidi und seine Leute nichts anderes feststellen, als dass sich die Glioblastome weiter ausbreiten.«
»Dann werde ich wohl doch über eine – wie heißt es doch – antiquierte Methode der Behandlung nachdenken müssen.«
»Ich kenne die Überlegungen«, erwiderte Meister William. »Meister Ndidi nannte diese Methoden steinzeitlich. Ich glaube, seine exakten Worte waren, man könne Ihnen genauso gut eine Keule über den Kopf ziehen und auf medizinische Wirkung hoffen.«
»Bei der Wut, die ich auf diesen verdammten Tumor habe, würde ich die Keule am liebsten selbst schwingen.«
»Ich habe Nachforschungen angestellt. Die Nebenwirkungen sind haarsträubend …«
Dana überlegte einen Moment. »Sie kennen mich. Ich bin eine Kämpfernatur. Alles ist besser als dieses grauenvolle Nichtstun.« Sie starrte auf eine kleine Flechte, die sich auf dem Steinsims vor ihr in den rötlichen Granit gekrallt hatte.
»Ich weiß«, erwiderte William. »Ich spüre Ihre Unruhe. Ihre Unentschlossenheit.«
»Captain Dana Frost hat ihren Meister gefunden. Einen Gegner, der sie zur Passivität verdammt.«
»Ich habe mit Abt Daniel gesprochen«, führ William fort. »Er gestattete mir und Meister Ndidi, geheime und sonst unter Verschluss gehaltene Unterlagen einzusehen und dort nach einem Mittel zu suchen. Alte j’ebeemsche Schriften und auch medizinische Dateien der Dronte. Wie Sie selbst wissen, Dana, waren die Dronte, was die Medizin angeht, besonders weit entwickelt. Aber wir haben nichts gefunden.«
Dana starrte weiter auf die Flechte, die sich in dem goldenen Licht der Monde wohlzufühlen schien. William holte Luft und Dana hörte,
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