Sternenfaust - 142 - Der Tele-Ring der Alendei (2 of 2)
J’ebeem ihren Irrtum erkannt und den Fremden den Namen »die, die keine Menschen sind« gegeben.
Und wie die bisherige Forschung ergeben hat, sind die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen uns keineswegs nur äußerlich , ging es Vince durch den Kopf. Doch er wollte nicht gedanklich abschweifen.
»Wir sind keine Alendei«, versuchte Vince dem Fremden zu erläutern. Wenn sich sein Volk einst mit den Alendei im Krieg befunden hatte, musste er glauben, nun ein Gefangener des Feindes zu sein. »Wir sind Menschen. Wir kommen von dem anderen Ende der Galaxie.«
Yaag schien zumindest das zu verstehen. Vince wusste nicht, wie er die Körpersprache und Mimik des Fremden deuten sollte. Glaubte er ihm?
»Lassen Sie es für heute gut sein, Admiral«, sagte Tregarde. »Yaag braucht Ruhe, und Sie können ihn auch später noch befragen.«
»Also gut, Doktor. – Es würde passen: Schiffswracks der Fal’Zie in einem Bereich des Weltraumfriedhofs, der möglicherweise durch den Tele-Ring der Alendei gefüllt wurde …«
*
Transalpha, Voraandir-System, bei Helemaii’nu, 11. Deihu’kahleh im Jahre 524 nach der Stummen Zeit (entspricht dem 10. August 2271 nach irdischem Kalender)
Gerser Tamris aus dem Hohen Haus Tasuvian kam in vollkommener Dunkelheit zu sich. Sein Körper schmerzte entsetzlich. Gerser hatte das Gefühl, auf einer Streckbank gefoltert worden zu sein. Sämtliche Knochen und Sehnen taten ihm weh. Und er fror grässlich. Der Boden, auf dem er lag, war eiskalt, und die Luft tat weh beim Einatmen. Bei den verkrusteten, gefrorenen Stellen an Nase, Mund, Kinn und Ohren konnte es sich nur um getrocknetes Blut handeln.
Gerser tastete über den Boden – wohin er auch fasste, er bekam Trümmer in die steifen Hände. Er kroch ein Stück weiter und erfühlte schließlich einen der Offizierssessel. Mühsam zog er sich hoch und ließ sich in den Sitz fallen.
Seine Situation konnte nicht schlimmer sein: ein halber Tod. Das Schicksal meinte es offenbar so übel mit ihm, dass es ihn in vollkommener Dunkelheit entweder erfrieren oder ersticken lassen wollte. Oder sollte doch noch jemand außer ihm an Bord der ASSANOS FEUER überlebt haben? Er hielt dies für unwahrscheinlich, aber es schadete auch nichts zu versuchen, sich bemerkbar zu machen. Die Bordelektronik war ganz offensichtlich nicht mehr nutzbar – also musste er rufen.
»Hallo!« Die Kehle schmerzte ihm.
»Hallo! Hier ist Gerser Tamris aus dem Hohen Haus Tasuvian!« In einem Anflug von Schwarzem Humor begann Gerser zu lachen. Er konnte sich kaum einkriegen, so lachte er, ungeachtet der zusätzlichen Schmerzen, die ihm dieser Heiterkeitsausbruch einbrachte. Es war schlicht absurd! Er starb hier einen grässlichen Tod, doch verzichtete nicht darauf, in seinem Hilferuf seine adelige Herkunft herauszustellen! Das war wirklich lächerlich. Jeder J’ebeem erfror oder erstickte auf dieselbe Weise – unwürdig und grässlich.
Gerser entschloss sich, nicht zu erfrieren oder zu ersticken. Wenn das Schicksal ihm nur einen halben Tod gab, um ihn selbigen nur Stück für Stück kosten zu lassen, so musste er das Schicksal in die eigene Hand nehmen.
Er tastete nach seiner Handfeuerwaffe und zog sie heraus. Dann hob er sie an und setzte sie an seine Schläfe.
Das war es, Gerser Tamris, Sohn des Triumvir Kasmaar Tamris. Dein Vater wurde auf schändliche Weise von einem Erdanaar ermordet, und du vermochtest nicht, ihn zu rächen. Man gab dir eine große Flotte, um die Erdanaar zu strafen, doch du hast versagt. Mögen die Verwachsenen Götter das Reich von Ebeem schützen! Möge das Hohe Haus Tasuvian auch weiterhin erblühen – doch ich bin nicht mehr wert, es zu führen!
Gerser drückte ab. Im nächsten Augenblick stieß er einen lauten Fluch aus. Noch einmal betätigte er den elektronischen Auslöser. Und dann noch ein drittes Mal. Schließlich schmiss er die Waffe von sich und schrie: »Wenn ihr diesen üblen Tod für mich vorgesehen habt, Verwachsene Götter, dann nehme ich ihn an! Glaubt bloß nicht, dass ihr mich wimmern hören werdet!«
Seine Stimme war kaum verklungen, da vernahm er ein Geräusch! Es musste vom Brückenschott herkommen. Sollte denn wirklich noch jemand …?
Jetzt sah Gerser ein bläuliches Licht, das durch das Metall des Schotts drang.
Ein Laserschneider! Bei den Drachen von Assano!
Der Retter setzte an, eine zweite Gerade rechtwinkelig zur ersten in das Metall zu brennen.
Und was wird sein, wenn noch jemand überlebt hat?
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