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Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Titel: Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Seifert
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Güte«, hauchte Commander Wynford.
    Commander Austen stöhnte vernehmlich.
    Dana fasste sich ans Kinn und spürte kaum, wie sie ihre Kieferknochen in einen Schraubstock nahm.
     
    *
     
    Kuhan’pili Vu’maiti schlenderte an den haushohen Mauern des Mahal’vukito entlang. Sie hatte noch etwas Zeit bis zur Frühabend-Messe im Hekal’kichwa, die sie abhalten würde. Die ihr entgegenkommenden Tum’waheri grüßten sie ehrenvoll und sanken für wenige Augenblicke auf ihr linkes Knie. Vu’maiti erwiderte den Gruß, indem sie ihren Landsleuten gedankenverloren zunickte.
    Hin und wieder hob sie den Blick zur Mauerkrone. Die mächtigen Quadersteine stapelten sich zur Höhe eines dreistöckigen Hauses. Hinter dieser Barriere lag das Mahal’vukito, ein gewaltiges Areal und praktisch eine Stadt in der Stadt.
    Den dort Lebenden wurde jeglicher Komfort gewährt. Das Mahal’vukito besaß wunderbare Marmor-Thermen, zwei Amphitheater, ein Stadion, eine Vielzahl an exzellenten Speiselokalen und Weingärten sowie einen ausgedehnten Park mit mehreren Wandel-Hainen, Genüsse, die alle Einwohner ohne irgendeine Form von Gegenleistung genießen konnten.
    Zumindest keine unmittelbare Form der Gegenleistung.
    Die meisten Tum’waheri lebten deutlich schlechter, und es hatte schon Fälle gegeben, in denen bitterarme Einwohner Bilad’himus Einlass ins Mahal’vukito begehrt hatten – begehrt hatten, um den Preis ihrer Opferung. Und Ken’gewa hatte sich in jedem einzelnen Fall damit einverstanden gezeigt. Er war sich niemals zu schade gewesen, diesen zerlumpten Gestalten ein Jahr – ein einziges Jahr! – des Wohllebens zu ermöglichen.
    Wie sah so ein Leben hinter den Mauern Mahal’vukitos aus? Stürzten sich die vielen Tum’duni und die wenigen ›freiwillig‹ dort lebenden Tum’waheri Tag für Tag in neue Genüsse, nur um nicht an den baldigen Tag ihrer Opferung denken zu müssen?
    Und morgen war es wieder so weit. Am liebsten hätte Vu’maiti den Gedanken daran verdrängt. Zu oft schon hatte sie die klagenden Kolonnen der Tum’duni erleben müssen, die auf das Tawil’kiwara hinaufgeführt wurden. Weinende Frauen, schreiende Kinder, fluchende Männer. Tum’waheri-Jäger mit stumpfen Piken, die eine Gasse bildeten und jeden Tum’duni zurückstießen, der aus der Reihe tanzen wollte.
    Doch Vu’maiti durfte den Gedanken an das morgige Kipawa Ten’brikum nicht verdrängen. Sie hatte die Frühabend-Messe abzuhalten. Sie hatte als Kuhan’pili den Zug der Opfer auf das Tawil’kiwara als das Lob Ak’lothums zu preisen.
    Seit Ewigkeiten war dies der Gang der Dinge, und das zukünftige Schicksal der Tum’waheri und der Tum’duni würde sich nicht von dem der Vergangenheit unterscheiden. Die Tum’duni lebten nur für einen einzigen Zweck, nämlich den, Ten’brikum geopfert zu werden. Die Tradition besaß eine Macht, die groß genug war, dass sich die Tum’waheri nicht mit Rechtfertigungen für ihr Tun herumschlagen mussten. Und wenn dann doch einmal die Rede auf die moralischen Implikationen der jährlichen Opferung kam, wurde flugs auf das vermeintliche Barbarentum der Tum’duni verwiesen. Sie bauten keine Städte, sie kannten keinen Priester-Senat, keine Theater, keine Schulen, keine Kanalisation. Sie waren Nomaden und lebten in relativ kleinen primitiven Gruppen. Und doch war Vu’maiti davon überzeugt, dass das den Tum’duni im Mahal’vukito gewährte komfortable Restleben nicht nur auf die Ansprüche Ten’brikums zurückzuführen war. Der Eifersüchtige Gott zeigte sich nämlich umso zufriedener, je besser es seinen Opfern ging; oft verschmähte er jene Tum’duni, die durch Mangel, Krankheit und Verletzung gezeichnet waren. Doch Vu’maiti war der Ansicht, dass in der Pflege, die man den gefangenen Tum’duni angedeihen ließ, nicht nur diese Ansprüche Ten’brikums ihr Abbild fanden, sondern auch das schlechte Gewissen der Tum’waheri.
    Während Vu’maitis Gedanken in dieser Weise abglitten und eine Richtung nahmen, die sie von der bevorstehenden Frühabend-Messe fortführte, ertönten plötzlich sowohl laute als auch halb erstickte Ausrufe des Erstaunens. Vu’maiti folgte dem Blick der befremdeten Passanten, die nur wenige Längen vor ihr zum Stillstand gekommen war und mit aufgerissenen Augen in den Himmel starrten.
    Und auch Vu’maiti blieb wie angewurzelt stehen.
    Ein Stern fiel vom Himmel!
    Durch den dämmrigen, mit grünlichen Kamb’wani-Wolken durchzogenen Himmel glitt ein Feuerstern. Er

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