Sternenfohlen 20- Ein Liebesbrief für Wolke
keinen Zweifel gelassen. Wolke schluckte.
Ihre Freunde plauderten mittlerweile fröhlich über ganz andere Dinge, doch plötzlich hielt Wolke es nicht mehr aus. Sie wollte ein bisschen allein sein! Hastig schnappte sie sich ihre Büchertasche.
„He, Wolke! Was ist denn los?“, fragte Mondstrahl.
„Ich … Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich etwas Wichtiges in meiner Box vergessen habe“, murmelte sie und trabte schnell davon.
„Willst du dein Mittagessen gar nicht mehr?“, rief Sturmwind ihr hinterher, doch Wolke antwortete nicht.
In ihrer Box ließ Wolke die Büchertasche achtlos ins Stroh fallen, warf sich auf ihr Wolkenbett und zog ihr Schmusekissen mit dem Maul heran. Das herzförmige rosafarbene Kissen hatten ihre Eltern ihr vor einiger Zeit geschenkt und es hatte Wolke sowohl beim Ferienlager im Zauberwald als auch beim Schüleraustausch auf Burg Trollhöhe bereits gute Dienste geleistet. Wann immer sie sich traurig oder einsam fühlte, schmiegte sie sich an das flauschige Kissen, sog denwunderbaren Duft nach Mondblumen ein und dachte ganz fest an ihre Eltern – und schon ging es ihr besser. Auch heute verfehlte es seine Wirkung nicht. Nachdem sie ein paar Tränen vergossen hatte, überlegte sie, was ihre Mutter ihr wohl raten würde. Das half ihr eigentlich immer dabei, ihre Gedanken zu ordnen, und bereits nach wenigen Minuten fühlte sie sich schon wieder viel besser. Sie würde einfach noch mal mit Thor sprechen und ihm erklären, warum sie es nicht geschafft hatte, ihre Aufgaben zu machen. Außerdem würde sie sich den Zauber von Sturmwind genau zeigen lassen und ihn bis zur nächsten Stunde üben. Sturmwind hatte recht: Thor würde Augen machen, wenn sie den Verwandlungszauber mühelos hinbekam.
Noch einmal presste sie die Nüstern ganz fest in das flauschige Kissen und sogdessen tröstlichen Duft ein. Dann rappelte sie sich wieder auf, um ihre Freunde suchen zu gehen.
Nanu, was ist denn das ?, fragte sich Wolke, als sie ihre Büchertasche hochhob und ein zartrosa Umschlag daraus hervorrutschte, der vor ihr zu Boden segelte. Verwundert hob sie das Kuvert auf, legte es auf ihr Schreibpult und sah es sich genau an. Der Brief war fest verschlossen, aber es stand nicht darauf, für wen er bestimmt war. Und auch nicht, wer ihn geschickt hatte.
Wo kommt der nur her? Ich bin mir sicher, dass er in der Verwandlungsstunde noch nicht in meiner Tasche war , grübelte Wolke weiter.
Unschlüssig betrachtete sie den Umschlag. Ob sie ihn öffnen sollte? Aber sie wusste doch gar nicht, ob er für sie bestimmt war, und eigentlich erwartete sie auch gar keine Post.Von Lucia hatte sie erst neulich einen Brief bekommen, den sie noch gar nicht beantwortet hatte. Außerdem hätte die Freundin aus dem Norden des Landes ja auch Wolkes Namen und ihre Adresse auf den Umschlag geschrieben. Aber wenn er nicht für sie war, warum sollte er dann in ihrer Schultasche stecken?
Wolke atmete einmal tief durch, dann öffnete sie das Kuvert mit einem Zauber und zog vorsichtig eine Karte daraus hervor, die mit Blümchen und Herzchen verziert war. Sie roch gut, irgendwie nach Blumen und warmem Sommerregen. Als sie die Karte auseinanderklappte, stiegen pink glitzernde Herzchen daraus hervor, die ein paar Zentimeter über ihrem Kopf zerplatzten und in Form von tausend kleinen Sternchen zu Boden rieselten. Wolke konnte es kaum glauben. War das etwa – ein Liebesbrief?
Wolke hielt den Atem an, während sie beobachtete, wie die Schrift Buchstabe für Buchstabe auf der Karte sichtbar wurde. Um sie herum erschienen unbeholfen gemalte kleine Herzchen und zwei davon waren ineinander verschränkt. Darin stand du + ich . Es war tatsächlich eine Liebeserklärung, die sie in ihrer Tasche gefunden hatte! Konnte diewirklich für sie bestimmt sein? Und wer hatte sie geschrieben? Jemand aus ihrer Klasse?
Noch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, hörte Wolke, wie die Stalltür geöffnet wurde. Hufgetrappel erklang, dann erkannte sie die Stimmen von Stella und Saphira. Bestimmt wollten sie nachsehen, ob es ihr gut ging. Schnell klappte sie die Karte zusammen und schob sie mit dem Umschlag unter ihr Schmusekissen. Gerade noch rechtzeitig konnte sie ihr Maul in die Büchertasche stecken und so tun, als würde sie etwas darin suchen.
„Hey, Wolke. Alles in Ordnung?“, wollte Saphira wissen.
„Du bist vorhin so schnell abgehauen, weil du dich über Thors Tadel so geärgert hast, stimmt’s?“, meinte Stella.
„Ja, ich
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