Sternenfohlen 20- Ein Liebesbrief für Wolke
Dann löschte sie die Kerzen mit einem Zauber, verschloss die Tür sorgfältig und eilte zu ihrem Stall.
„Da bist du ja endlich!“, rief Sturmwind ihr entgegen, als sie die Boxengasse betrat.
„Wir dachten, du würdest ein bisschen früher kommen und noch etwas mit uns spielen“, ergänzte Stella.
„Oder den neuen Verwandlungszauber mit uns üben. Sturmwind hat uns vorhin ein paar sehr nützliche Tipps gegeben“, meinte Saphira.
„Tut mir leid“, seufzte Wolke. „Das Treffen wegen der Schülerzeitung hat länger gedauert und danach habe ich mein Hausvorstandszimmer noch ein bisschen verschönert. Vielleicht morgen.“
Die ersten Tage im neuen Schuljahr waren für Wolke nur so verflogen. Nach dem Unterricht hatte sie sich entweder mit den anderen Hausvorständen getroffen oder sie war in der Redaktion der Schülerzeitung gewesen, bei der sie die Kummerkastentante war. Über das Schuljahr verteilt stand immer so viel auf dem Programm, dass zu Beginn alles ganz genau geplant werden musste. Die Schülerzeitung bereitete ihr wenig Probleme, da hatte sie ja schon einige Erfahrung. Aber Wolke hatte den Ehrgeiz, der beste Hausvorstand zu werden, den das Regenbogenhaus je gehabt hatte. Doch das würde gar nicht so leicht werden, denn alle ihre Vorgänger hatten hervorragende Arbeit geleistet.
„Heißt das, du hast dich gar nicht auf den Unterricht morgen vorbereitet?“, fragte Saphira. Sie war eine sehr fleißige Schülerin und achtete immer darauf, dass ihre Freunde ebenfalls ihre Aufgaben machten. Das lag bestimmt daran, dass sie es als große Schwester gewohnt war, sich um andere zu kümmern, überlegte Wolke und musste schmunzeln.
„Ich bin wirklich nicht dazu gekommen. Aber Thor wird mich schon nicht gleich morgen abfragen. Das Schuljahr hat ja gerade erst angefangen“, erwiderte Wolke und erntete einen strafenden Blick von ihrer besten Freundin. „Morgen hole ich alles nach. Versprochen.“
Erschöpft ließ Wolke sich auf ihrem Wolkenbett nieder, zog ihre Decke bis fast zu den Ohren hoch und kuschelte sich in ihr flauschiges Schmusekissen.
„Gute Nacht“, nuschelte sie und schon fielen ihr die Augen zu.
In der ersten Stunde des nächsten Schultages hatten die Freunde Geschichte und Wolke bemühte sich sehr, genau aufzupassen und sich alles Wichtige aufzuschreiben. Je besser sie der Lehrerin Gloria zuhörte, umso weniger würde sie für die nächste Stunde üben müssen. Nach dem Frühstück war Wolke nämlich noch rasch beim Sprechenden Baum gewesen, um einen Aushang für die Schülerzeitung anzuheften. Dabei hatte sie eine Mitteilung des Heilkunde-Clubs entdeckt, dem sie seit dem ersten Schuljahr angehörte, die sie zuvor gar nicht bemerkt hatte: Der Club würde an diesem Tag direkt nach dem Nachmittagsunterricht zum ersten Mal zusammentreten, um die neuen Mitglieder zu begrüßen. Erschrocken war Wolke zusammengezuckt, denn den Heilkunde-Club hatte sie über all die anderen Dinge ganz vergessen. Aber zur Begrüßung derErstklässler musste sie gehen, daran führte kein Weg vorbei. Auch wenn dies bedeutete, dass sie wieder nur wenig Zeit zum Lernen hätte. Aber deswegen wollte sie heute auch besonders gut im Unterricht mitmachen.
Am Ende der Geschichtsstunde war Wolke sehr zufrieden mit sich. Sie hatte fleißig alles von der Tafel abgeschrieben, ihrer Lehrerin aufmerksam zugehört und fast alle Antworten gewusst, wenn sie von Gloria etwas gefragt worden war.
Na also, das läuft doch prima , lobte sie sich in Gedanken selbst. Ich weiß gar nicht, warum sich Saphira immer so aufregt, wenn jemand mal nicht so viel Zeit zum Üben hat …
In der letzten Stunde vor der Mittagspause stand Verwandlung auf dem Plan. Das war nicht gerade Wolkes bestes Fach, aber wennsie Thor gut zuhörte und sich häufig meldete, würde sie sicher auch bei dem strengen Verwandlungslehrer einen guten Eindruck hinterlassen.
„Pssssst“, flüsterte Saphira. „Wolke!“
Erstaunt drehte Wolke sich zu ihrer besten Freundin um und sah diese fragend an. Doch Saphira deutete nur unauffällig mit dem Kopf in Richtung Tafel und des Lehrers. Zuerst verstand Wolke nicht, was ihre Freundin damit meinte, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie wohl schon seit einigen Minuten verträumt aus dem Klassenfenster geschaut hatte. Es war gar nicht so leicht, sich in einem Fach, das man nicht besonders mochte, gut auf den Unterricht zu konzentrieren. Aber das schien nicht nur ihr schwerzufallen: Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass
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