Sternenfohlen 22 - DieZwillingsfohlen
in Richtung des Trihorns deutete. Ihre Freundin hatte recht: Sie musste sich jetzt wirklich auf die Versammlung konzentrieren, denn wenn derDirektor ihre Unaufmerksamkeit bemerkte, gäbe es sicher Ärger.
Na gut, überlegte Wolke schließlich. Dann muss ich eben in der Mittagspause mein Glück versuchen.
Als Wolke nach dem Unterricht ihre Tasche in ihre Box brachte, konnte sie durch das Fenster zufällig beobachten, wie Emilia ganz allein in Richtung Mondscheinwiese trabte. Sie wollte sich schon umdrehen und schnell hinunterfliegen, um die Neue endlich anzusprechen, als sie sah, wie vom Wetterhügel eine Gruppe von Emilias Klassenkameraden hinter ihr hergeprescht kam. Vielleicht beeilten sie sich so, um mit Emilia zu Mittag zu essen? Doch sie wurden gar nicht langsamer, als sie ihre Mitschülerin fast eingeholt hatten, im Gegenteil. Wolke hielt den Atem an. Sie würden Emilia noch umrennen!Kurz bevor sie sie erreichten, teilte sich die Gruppe zum Glück, und sie galoppierten ganz dicht rechts und links an ihr vorbei. Erschrocken riss Emilia den Kopf hoch, ihre dichte Mähne und der fast bodenlange Schweif wirbelten nur so um sie herum.
Sind die verrückt geworden? , dachte Wolke.
Einige der draufgängerischen Einhornfohlen drehten sich nach der erschrockenen Emilia um und wieherten lautstark. In Wolkes Ohren klang das ausgesprochen gemein. Sie versuchte zu erkennen, wer diese Schüler waren, doch leider waren sie bereits zu weit weg. Trotzdem war sie sich sicher, dass es Klassenkameraden von Emilia sein mussten. Diese hatte sich inzwischen von ihrem Schreck erholt und trottete mit hängendem Kopf weiter zur Mondscheinwiese. Wolke beeilte sich, auch wieder hinunterzukommen.
„Wolke! Hier sind wir!“, rief Sturmwind ihr schon von Weitem zu, doch Wolke schüttelte nur hastig den Kopf.
Sie hatte Emilia erspäht, die ganz am Rand der Mondscheinwiese an einem Tisch stand und ihr Mittagessen mit dem Maul lustlos in ihrem Eimer hin- und herschob. Entschlossen ging sie auf dasEinhornmädchen mit dem silbrig glänzenden Fell und den grauen Strähnen in der Mähne zu. Ihre Freunde folgten ihr mit ihren Blicken.
„Emilia? – Hallo, ich bin Wolke.“
Emilia lächelte zaghaft und erwiderte: „Ich weiß, du bist Hausvorstand im Regenbogenhaus, oder?“
„Genau. Hör mal … ich wollte dich fragen, ob alles in Ordnung ist? Du bist ja noch neu hier und –“
„Ja, ja … alles bestens. Was sollte denn sein?“, antwortete Emilia rasch. Doch das hörte sich nicht sehr überzeugend an, und Emilias Lächeln wirkte nun angestrengt.
„Ich habe gerade zufällig mitbekommen, dass deine Klassenkameraden dich fast umgerannt hätten“, hakte Wolke weiter nach.
Erschrocken sah Emilia sie an. „Ach, das … das war doch nur ein Spaß.“
Wolke legte den Kopf schief und bemerkte, wie ihre Mitschülerin Mühe hatte, Tränen zu unterdrücken.
„Das sah aber gar nicht lustig aus, wie die so dicht an dir vorbeigeprescht sind“, meinte Wolke und berührte Emilia sanft mit dem Maul am Hals. „Warum machen die denn so was? Ist das schon öfter vorgekommen?“
Emilia schüttelte den Kopf und presste die Lippen zusammen, doch das half nichts. Plötzlich kullerten ihr die Tränen über das Gesicht.
„Komm, lass uns hinauf in meine Box gehen, dort kannst du mir alles erzählen, was dich bedrückt“, schlug Wolke vor. „Hast du was dagegen, wenn meine Freunde auch mitkommen?“
Unsicher sah Emilia erst hinüber zum Tisch des Regenbogenhauses, von wo aus Sturmwind, Saphira, Mondstrahl und Stella sie die ganze Zeitbeobachtet hatten, und dann zu Wolke.
„Sie sind in Ordnung und möchten dir auch helfen“, erklärte Wolke.
Schließlich gab sich Emilia einen Ruck: „Ja, okay, sie können mitkommen.“
3
„Schön, euch alle kennenzulernen“, sagte Emilia, nachdem Wolke ihre Freunde vorgestellt hatte. „Ich heiße Emilia, aber das wisst ihr ja schon.“ Sie hatte sich wieder beruhigt und schniefte nur noch hin und wieder ein bisschen.
„Ja, das wissen wir. Aber was wir uns nicht erklären können, ist, warum du in deiner Klasse noch gar keine Freunde gefunden hast. Du bist doch schon seit Beginn des Schuljahres hier und wirkst eigentlich sehr nett“, erwiderte Saphira besorgt.
„Danke, Saphira.“ Emilia machte trotz des Kompliments einen geknickten Eindruck.„Ich weiß, alle in meiner Klasse halten mich für hochnäsig, weil ich nach dem Unterricht immer gleich nach Hause gehe und nie noch zum Spielen bleiben
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