Sternenschimmer
ist es denn heute Morgen so gelaufen?«, fragte ich und fasste ebenfalls mit an.
Sie blähte die Wangen auf und ließ nur langsam wieder die Luft entweichen. »In eurem Haus gibt es bisher nur einen, der mir Sorge bereitet, zumindest, wenn man die Vergangenheit der Kinder so annimmt, wie sie ist.«
»Du meinst Ariel?«, tippte ich.
Sie wandte kurz den Kopf. »Dann ist er dir also auch schon aufgefallen.« Ihr Kopf verschwand wieder im Inneren desSchiffs und sie beförderte noch zwei Tüten mit Stofftieren zutage. »Bert und ich haben uns mit den Kindern einen Namen für das Haus überlegt«, erzählte sie beim Aussteigen. »Seid ihr damit einverstanden, wenn wir es einfach auch Tulpenweg nennen?«
Das passte, denn die Tatsache, wer in diesem Haus wohnte, kam mir noch immer genauso absurd vor wie der Name der Straße, in dem es stand. Außerirdische in einer Stadtrandsiedlung!
Wir gingen die Treppe hinauf und Tanja steckte den Schlüssel ins Schloss.
»Wow!«, kommentierte Frank ein mit Klarsichtfolie geschütztes Schild, das neu an der Eingangstür hing. Zeichnungen von Blumen, Schmetterlingen sowie unterschiedlichste Rankgebilde umschmückten fünf Handabdrücke, in deren Mitte wiederum eine saubere Kinderhandschrift hervorstach:
Hier wohnen: Ariel, Luna, Silas, Hope und Tony!
Wenn ihr lieb seid und gute Laune mitbringt, könnt ihr gern reinkommen.
Übrigens: Bonbons nehmen wir aus Höflichkeit immer an!
»Wer von ihnen kann denn schon so fehlerfrei schreiben?«, fragte Frank, noch immer verdutzt.
»Alle«, sagte Bert, der uns wie aufs Stichwort die Tür öffnete. »Aber das hier ist von Tony.«
»Tony?« Franks Augen weiteten sich. »Er ist doch gerade mal vier!«
»Kannst den Mund wieder zumachen«, sagte ich im Vorbeigehen.
Frank schnappte wie ein Fisch im Netz nach Luft und folgte uns anderen dann ins Haus.
»Vom Schiff wurden wir darüber informiert, dass sie obendrein so etwas Ähnliches wie Telekinese beherrschen«, fuhrTanja beim Reingehen fort. Sie stellte ihre Tasche in den Flur und nahm mir die Jacke ab, um sie gemeinsam mit ihrer an den Garderobenhaken zu hängen. »Genaueres weiß ich allerdings noch nicht darüber.«
Ich folgte ihr in die Küche, wo Bert uns mit vier dampfenden Teetassen empfing. Der köstliche Geruch von gebratenem Gemüse stieg in meine Nase und mir lief sofort das Wasser im Mund zusammen. Bert war wirklich ein Spitzenkoch.
»Mia, Mia! Hast du schon das Schild gesehen?« Mir blieb gerade noch die Zeit, die heiße Tasse abzustellen, bevor Tony, der gerade auf mich zustürmte, die Ärmchen um meine Hüften schlang. »Hab ich gemalt! Zum ersten Mal!« Bei » ich« schlug er sich voller Stolz auf die Brust.
»Das ist ganz toll geworden«, lobte ich ihn. »Wie, du hast noch nie vorher gemalt?«
Er schüttelte den blonden Wuschelkopf.
Stutzig hob ich die Brauen. Kein Wunder, dass Tony ganz aus dem Häuschen war. Ich wollte ihn nicht mit meiner Fragerei von seinem Glück ablenken und ließ es dabei bewenden.
»Meinst du denn, dass die Leute welche mitbringen?«, fragte er ängstlich und hoffnungsvoll zugleich.
»Was mitbringen?«
»Na, Bonbons«, half er mir auf die Sprünge.
Ich setzte ein verheißungsvolles Lächeln auf und löste mich behutsam aus seiner Umarmung. »Weiß nicht«, sagte ich auf dem Weg zum Flur. An der Garderobe war es gar nicht so einfach, unter den etlichen Jacken meine ausfindig zu machen. Aber schließlich entdeckte ich sie, griff in die Tasche und fand, wonach ich gesucht hatte. »Diesmal hast du jedenfalls Glück gehabt.«
Strahlend griff Tony nach dem Bonbon in meiner Hand. Sein lautes »Juchhei, Bonbons!« führte dazu, dass in kürzester Zeit vier Gestalten am oberen Treppengeländer auftauchten.
Ich grinste zu ihnen hinauf. »Wollt ihr auch?«, fragte ich,woraufhin jeder der vier versuchte, zuerst den Treppenfuß zu erreichen.
Lachend verteilte ich den Inhalt meiner Jackentasche.
Auf dem Weg zurück in die Küche hörte ich fünf vergnügte Kinderstimmen. Von genüsslichen Schmatzern begleitet, drangen abgeschnittene Satzfetzen wie: »… Lutsch mal meins … mhhh … ist gut« und »… unbedingt auch auf Loduun herstellen …« zu uns hinein. Bis Frank sie in den Garten schickte, um dort mit ihnen am Bach zu spielen.
»Wo ist Bert?«, fragte ich, da er nicht mehr wie eben am Herd stand.
»Draußen, um Kräuter zu holen«, sagte Tanja. »Aber setz dich doch.« Sie selbst hatte bereits am Tisch unter dem Fenster Platz
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