Sternenschweif 06 - Freunde im Zauberreich
viel Zeit, um Mondlichts Geheimnis zu entdecken. Ob er das Buch lesen und – was noch viel wichtiger war – ob er an die Macht des Zaubers glauben würde?
Voller Spannung ritt Laura früh am nächsten Morgen wieder zum Ponyhof.
„Bestimmt hat Michael gestern Abend schon angefangen zu lesen“, sagte sie unterwegs zu Sternenschweif. Doch bald darauf kamen ihr Zweifel. „Aber was ist, wenn er alles nur für ein Märchen hält? Ich habe es am Anfang ja auch kaum glauben können. Erst als ich die Mondblumen auf der geheimen Lichtung entdeckt hatte, fing ich an, wirklich an das Geheimnis der Einhörner zu glauben.“
Sternenschweif blieb wie angewurzelt stehen. Dann drehte er plötzlich um.
„Was ist denn in dich gefahren?“, fragte Laura verdutzt. Statt zu antworten, fiel Sternenschweif in einen raschen Trab. Laura blieb nichts anderes übrig, als ihm die Führung zu überlassen.
Nach einer Weile erreichten sie den überwucherten Pfad, der zur Lichtung führte. Sternenschweif wurde langsamer.
Immer wieder musste Laura sich tief über seinen Hals beugen, damit ihr die herunterhängenden Äste nicht ins Gesicht schlugen. Sie wusste beim besten Willen nicht, was Sternenschweif hier wollte. Als sie die Lichtung erreicht hatten, steckte er seine Nase tief in das saftige Gras. Laura konnte es nicht fassen. „Hast du uns etwa hierher gebracht, weil dir das Gras so gut schmeckt? So verfressen kannst du doch wohl nicht sein!“ Sternenschweif stampfte kräftig mit dem Vorderhuf auf. Dann senkte er wieder den Kopf und – schnupperte an einer Mondblume! Laura starrte ihn sprachlos an. Endlich ging ihr ein Licht auf. Er war gar nicht zum Fressen hierher gekommen. „Willst du mirdamit sagen, dass wir Michael eine Mondblume mitbringen sollen?“ Sternenschweif nickte heftig.
„Darauf wäre ich in hundert Jahren nicht gekommen“, rief Laura. „Wahrscheinlich hält Michael alles, was in dem Buch steht, nur für ein Märchen. Er wird nicht einmal im Traum daran denken, dass es so etwas wie Magie, Einhörner oder Mondblumen wirklich geben könnte. Aber wenn ich ihm eine echte Mondblume schenke, fängt er vielleicht an nachzudenken. Und dann probiert er bestimmt den Zauberspruch aus!“ Aufgeregt rutschte sie aus dem Sattel, pflückte eine der sternenförmigen Blüten und steckte sie vorsichtig in ihre Hosentasche. Dann machten sie sich auf den Weg zu Tinas Reitstall.
Als sie dort ankam, schob Michael gerade eine voll beladene Mistkarre aus dem Stall. Er sah ziemlich nachdenklich aus und schien sie erst gar nicht zu bemerken.
„Guten Morgen, Michael.“
Michael zuckte zusammen. „Oh ... hallo, Laura.“
„Hast du Lust auf einen kleinen Ausritt?“
„Eigentlich schon“, erwiderte er. „Aber ich muss erst noch zwei Ställe ausmisten.“
„Dann helfe ich dir“, bot Laura an. „Zu zweit geht’s schneller.“ Sie band Sternenschweif rasch an und holte sich eine Mistgabel. Während sie schweigend nebeneinander arbeiteten, schaute sie Michael immer wieder verstohlen von der Seite an. Warum sagte er denn nichts? Das machte sie ganz unruhig.
Endlich brach Michael das Schweigen: „Ich habe gestern Abend das Buch gelesen, das du mir geliehen hast.“
Laura sah ihn gespannt an. „Und? Gefällt es dir?“
„Ich fand es toll.“ Er lachte ein bisschen verlegen. „Mir ist natürlich klar, dass nichtsdavon wahr ist, aber es ist eine ziemlich spannende Geschichte.“
Laura erinnerte sich an die Blüte in ihrer Hosentasche. „Jetzt oder nie“, dachte sie.
„Ich habe dir etwas aus dem Wald mitgebracht“, sagte sie und streckte ihm die Mondblume entgegen. Die goldenen Punkte auf den Blütenblättern schienen im Dämmerlicht des Stalls zu leuchten.
Michael schaute sie verdutzt an. Wahrscheinlich fragte er sich, warum sie ihm ausgerechnet eine Blume schenken wollte. Dann weiteten sich seine Augen. Er schien zu begreifen. „Ist das ... ist das etwa ...?“, begann er stotternd.
„Eine Mondblume“, kam Laura ihm zu Hilfe.
Michael schaute sie aus großen Augen an. „Es gibt sie also wirklich?“
Laura nickte. „Und nicht nur sie. Es gibt auch den Silberstern, der jeden Abend kurz nach Sonnenuntergang am Himmel zu sehen ist.“ Sie blickte ihn eindringlich an. „Du musst nur daran glauben.“
Michael starrte sie mit immer größer werdenden Augen an. Laura hielt die Spannung kaum mehr aus. Verstand er denn immernoch nicht, was sie ihm damit sagen wollte? Aus Angst, zu viel zu verraten und damit alles zu
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