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Sternenstaub im Kirschbaum

Sternenstaub im Kirschbaum

Titel: Sternenstaub im Kirschbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thariot
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Tante, der resoluten Lobelie Rübenkerbel. Man munkelte, dass sie sich mit ihrer ganzen Fülle dafür eingesetzt haben musste, um genug Fürsprecher in der ehrwürdigen Innung der Spruchwirker für ihr Mündel zu gewinnen. Ein paar Gemeine sprachen in bierseliger Laune auch davon, dass weißes Drachenblut durch die Adern seines Urgroßvaters geflossen war! Eine wahrhaft empörende Behauptung, da in Begonien schon seit hundert Jahren kein derartiger Drache mehr gesehen worden war und die ehrenwerte Innung der Spruchwirker auch diese fragwürdigen Begegnungen eher der Sagenwelt zuordnete.
    Spruchwirker genossen nichtsdestotrotz in Begonien großes Ansehen . Sie waren die Behüter alter Schriften, der Kräuter kundig, durften Ehen schließen und halfen auch den Schweinen beim Ferkeln. Allein die Namensnennung eines Spruchwirkermeisters sorgte stets für ein ehrfürchtiges Raunen, kein Gemeiner hätte es gewagt, ihre Worte zu bezweifeln, sie sprachen immer die Wahrheit. Zudem mussten Spruchwirker keine Steuern zahlen, waren von Frondiensten freigestellt und wurden in den Dörfern kostenlos mit Speis und Trank versorgt.
     
    »Das sind aber komische Zauberer«, stellte seine Enkeltochter enttäuscht fest.
    »Nein, nein ... das sind Spruchwirker«, erklärte er geduldig und strich ihr durch die Haare.
    »Und was können die dann Besonderes?«, fragte sein Enkelsohn, dem die genannten Fähigkeiten der Spruchwirker scheinbar ebenfalls nicht imponiert hatten.
    »Oh ... ob ihr es glaubt oder nicht ... Spruchwirker konnten Unglaubliches vollbringen. Ihre Worte vermochten tiefe Wunden zu heilen. Oder auch nur mit einem Vers ganze Heerscharen zu zerstreuen.«
    »Aha ...«
    »Aber jetzt mehr über Musa.«
     
    Obwohl er sich bereits im siebten Lehrjahr befand, blieb ihm bisher die typische Anerkennung eines heranwachsenden Spruchwirkers vorenthalten, was sich vermutlich auch niemals ändern würde. Keiner im Dorf hätte nur einen Silberschilling darauf gegeben, dass er jemals die Prüfung vor der großen Innungskammer bestehen würde. Die öffentliche Meinung über seine Anlagen war dabei durchaus gespalten, die einen befanden, dass er nur zum Schweinehüten tauge und die anderen sprachen ihm selbst diese Befähigung ab.
     
    »MUSA RÜBENKERBEL!« Die Stimme von Tante Lobelie klang nach einer stumpfen Säge, nur lauter. »Du faules Stück!«
    Musa befand, dass die bloße Nennung seines Namens und das ungerechtfertigte Andichten vermeintlicher Charaktereigenschaften nicht die Mühe wert waren, aufzublicken. Er lag gerade recht gut, schließlich würde sich seine Tante auch später noch hinlänglich über ihn erzürnen können.
    »Ich habe dir doch aufgetragen, deinen Meister zu rufen. Die fette Sau platzt gleich!« Dabei träumte Musa gerade wieder von seiner baldigen bestandenen Spruchwirkerprüfung und der passenden Feier, die ihm dann zustehen würde. Aber ja, seine Tante hatte ihm nach dem Aufstehen aufgetragen, Meister Tulpenmohn zu ihr zu schicken. Sie war selbst schuld, wenn er nicht mitten in der Nacht Schweine füttern müsste, brauchte er sich auch nicht bereits mittags von diesen Strapazen erholen.
    »Ich will keins der Ferkel verlieren! Und du? Du faulenzt schon wieder am helllichten Tag! Oh, was habe ich nur bei deiner Erziehung falsch gemacht!«
    Musa blieb kaum Zeit über seine berufliche Zukunft oder die Niederkunft dieser dummen Sau nachzudenken, und noch weniger, um sich vor dem Holzschuh seiner Tante in Sicherheit zu bringen. Er versuchte sich wegzudrehen, blieb aber mit dem Hosenträger am Kirschbaum hängen.
    »Aua! Aber ich habe doch nur eine kurze Pause gemacht!«, bemühte er sich, strafmildernd für sich einzuwerfen. Sein Rücken schmerzte, die Wucht des Schuhs hätte ausgereicht, um einem ausgewachsenen hyazinthischen Kampfschwein den Schädel zu zertrümmern. Musa hasste diese Viecher! Egal welche! Außer sie waren gebraten. Nur ein gebratenes Schwein war ein gutes Schwein! Warum musste die fette Sau auch genau in seiner verdienten Mittagspause ferkeln?
    »Los, los, los ... ich werde dir Beine machen!«, rief Tante Lobelie entschlossen . Sie war die Schwester seiner Mutter, maß kaum drei Ellen, galt aber unter den Männern im Dorf als respektabler Gegner im Steinstoßen und gehörte als erste Schildträgerin zur Bürgerwehr von Rosenheide. Zwar hatte Musa ihre kompakte Erscheinung geerbt, nur leider weder ihre Kraft noch ihre Trinkfestigkeit. Zumindest mit seinem Bartflaum glaubte er, ihr bereits das

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