Sternenstaub im Kirschbaum
ohnegleichen. Den Zuhörern rannen vor Rührung die Tränen die Wangen hinab. Weswegen Malus' Auftritt für einen unglaublichen Kartenverkauf sorgte, der den Fortbestand dieser und ähnlicher Inszenierungen über Jahre hinweg sicherte. Auch sein Vater zeigte sich stolz über die ihm unbekannten Talente seines Sohnes.
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Sternenstaub im Kirschbaum
Es dauerte Tage, bis in Rosenheide Normalität einkehrte und alle Bürger wieder ihrem Tagewerk nachgehen konnten. Natürlich blieben die Ereignisse nicht ohne Folgen.
Meister Tulpenmohns Erdloch neben seinem Haus wurde zum nationalen Denkmal erkoren. Ein Ort, der unglaubliche Touristentrauben anlocken sollte. Ein findiger Rosenheider Händler eröffnete deshalb im Nachbarhaus ein Andenkengeschäft und verdiente später gut daran, Touristen mit hübschen Zicklingen in Meister Tulpenmohns Erdloch porträtieren zu lassen.
Meister Tulpenmohn, dem seit seiner folglich oft zitierten Rede zur neuen begonischen Werteorientierung beinahe gottgleiche Bewunderungstürme entgegengebracht wurden, verstand auch später nicht, was die Hektik sollte. Dieses ganze Theater kurz von dem Armageddon war doch für die Katz, so seine unversöhnliche Haltung, die auch aus Respekt niemand ernsthaft infrage stellen wollte.
Kurfürst Cernus von Steppenkirsche gefiel sich in seiner Rolle als Friedensstifter und Retter von Lerchensporn so gut, dass auch Clusia von Lerchensporn seinem bärbeißigen Charme nicht widerstehen wollte. Diese wiederum ihm deswegen zubilligte, ihr nach dem Nachtmahl in ihren Schlafräumen an die Wäsche gehen zu dürfen. Die Zicklinge, die seit Kurzem ihre private Kleiderkammer verwalteten, waren durch seine maskuline Art ebenfalls betört, vor allem als er die Großherzogswitwe über das Knie legte und ihr zur sinnlichen Einstimmung den nackten Hintern versohlte. Nach weiteren neckischen Spielchen kam es natürlich zum Akt, bei dem Clusia leider unverrichteter Dinge einschlief. Die Exzesse der letzten Tage steckten ihr noch zu tief in den Knochen. Eine Entwicklung, die Cernus von Steppenkirsche in eine tiefe Depression stürzte, weswegen er nur mit einer grünen Gardine über der Schulter nackt durch Lerchensporn lief und wie von inneren Dämonen verfolgt die Stadt verließ.
Unbestätigten Zeugenaussagen nach soll er auf allen Vieren durch den Dreck kriechend und verzweifelt nach Luft schnappend in der Nähe von Tante Lobelies Schweinegatter gesehen worden sein. Was er dort wollte, mit welcher Motivation er versuchte die grüne Gardine zu verspeisen, warum er danach seine Muttersprache verl ernt hatte und weswegen er nie wieder aufrecht gehen konnte, wurde nicht überliefert.
Dost-Escariol von Lerchensporn lehnte es daraufhin ab, den Thron erneut zu besteigen. Er überließ die Regierungsgeschäfte weiterhin den geschickten Händen Meister Bittermandels und kümmerte sich hingebungsvoll um das Tanztheater und seine neue erste Stimme, Malus von Steppenkirsche.
Meister Bittermandel wiederum rief kurze Zeit später Clusia von Lerchensporn als neue Regentin von Begonien und Hyazinth aus. Sie war wieder genesen und störte sich im Gegensatz zu ihrem Sohn nicht daran, Andere arbeiten zu lassen.
An dieser Stelle ist aber auch Dost-Escariols besonderes Geschick erwähnenswert, der nicht nur Sinn für Kultur hatte, sondern auch ein beachtliches wirtschaftliches Talent bewies. Um zu verhindern, dass 5000 gut ausgebildete Brandschatzer und Plünderer aus Hyazinths ehemaliger Streitmacht führungslos durch die Gegend vagabundierten, brachte der Prinz ihnen kurzerhand das Stricken bei und eröffnete Begoniens erste internationale Schafswollwaren Manufaktur.
Clusia von Lerchensporn wurde ebenfalls eine sehr beliebte Regentin. Vor allem, weil sie sich in nichts einmischte und dank des aufblühenden Textilimperiums ihres Sohnes für nur geringe Kosten der öffentlichen Hand ständig neue und wunderschöne Kleider kaufen konnte.
Ihrer Tochter Vicia von Lerchensporn billigte sie die freie Wahl ihres Mannes zu. Ein Recht, das die Prinzessin allerdings erst viele Jahre später in Anspruch nehmen wollte. Bis dahin erwarb sie sich ein Offizierspatent der gemeinsamen Ehrengarde von Begonien und Hyazinth, einer kleinen Einheit mit geregelten Arbeitszeiten und wunderschönen weißen Dienstpferden.
Hisperis Greisenhaupt durfte in Lerchensporn die erste Praxis für alternative Naturheilkunde eröffnen. Er und seine Frauen lebten fortan saisonal abwechselnd in
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