Sternenzauber
dabei sind sie beide über achtzig, und …«
»Und das hat mit dir überhaupt nichts zu tun.« Phoebes praktischer Kurzhaarschnitt schwang geordnet im Wind. »Außerdem hatten diese Leute alle zuvor schon ein ausgefülltes Leben. Du bummelst immer noch herum. Schau, nur als deine beste Freundin kann ich dir all das sagen. Ich mach mir Sorgen um dich. Ich möchte, dass du glücklich und zufrieden bist. Alle anderen aus unserer Clique werden sesshaft, nehmen ihre Kariere in Angriff, heiraten und …«
»Oooh neeeiin! Verschon mich mit der Aufzählung glücklicher Paare.« Clemmie hakte sich bei Phoebe ein. »Dann verspreche ich dir auch, dass ich nähere Erkundigungen über den Lehrerberuf einholen werde, okay?«
»Okay«, stimmte Phoebe zu. Als sie Cut’n’ Curl erreichten, setzte sie nach: »Und versprichst du auch, nicht mehr über meine Astrologie herzuziehen?«
»Nee. Das wär nun wirklich zu viel verlangt – selbst von deiner besten Freundin.«
Als Clemmie nach Bagley-cum-Russett zurückkam, stand Molly im Postladen hinter der Theke und stellte in aller Ruhe bunt gemischte Süßigkeitstütchen zusammen. »Hallo, Liebes. Gefeuert worden?«
»Nun, eigentlich haben wir uns einvernehmlich getrennt.« Clemmie, die sich gerade aus ihrer unförmigen Strickjacke wurstelte und ihre Haare und Ohrringe entwirrte, stutzte. »Woher wusstest du das? Hat Phoebe angerufen und gepetzt?«
»Nein.« Molly tütete in Lichtgeschwindigkeit Lakritzmischungen ein. »Einfache Schlussfolgerung. Normalerweise kommst du um Viertel nach fünf nach Hause – jetzt hat es eben erst zwölf geschlagen. Du bist eindeutig nicht krank und deine Augen glänzen. Alles schon mal da gewesen. Was war denn los?«
Clemmie band sich ihre Schürze um. »Das Übliche. Tut mir leid, jetzt steh ich dir wieder im Weg rum. Egal, soll ich hier weitermachen? Dann könntest du dich um die Postsachen kümmern, Onkel Bill scheint reichlich bedient zu sein.«
Sie spähten beide zur anderen Seite des Ladens. Bill Coddle sprach, durch das Sicherheitsglas getrennt, Nase an Nase mit der mageren alten Topsy Turvey.
»Wahrscheinlich hat sie gerade sein leichtes Unwohlsein als akutes Aorten-Aneurisma diagnostiziert«, gluckste Molly. »Du weißt ja, wie Topsy drauf ist, wenn es um Medizinisches geht. Er wird schon noch ein Weilchen durchhalten. Komm mal her und lass dich umarmen.«
Dankbar sank Clemmie in Mollys weiche Arme. Molly war ihr immer eine wunderbare Ersatzmutter gewesen, wenn ihr das Leben gerade mal wieder übel mitgespielt hatte; sie hatte niemals Kritik geäußert, immer Verständnis gezeigt – wahrscheinlich zu viel Verständnis, dachte Clemmie. Sie und Onkel Bill waren so stolz gewesen, als sie ihr Studium in Cambridge abgeschlossen hatte, und hatten nie ihre Enttäuschung darüber ausgesprochen, dass es mit ihr ziemlich bergab gegangen war, seit sie die Uni verlassen hatte. Wenn Molly und Bill mehr an ihr herumgenörgelt hätten, hätte sie vielleicht schon vor Jahren aufgehört, sich so ziellos treiben zu lassen. Nein, sie konnte und durfte ihnen nicht die Schuld geben. Es lag ganz allein an ihr selbst, dass sie zu nichts zu gebrauchen war und es ihr an Ehrgeiz mangelte.
»Irgendeine Idee, was du als Nächstes machen willst?«, fragte Molly begütigend. »Natürlich könntest du tun, was alle hier machen: Oben im Atomkraftwerk arbeiten oder unten bei Tesco.«
»Unten bei Tesco war ich ja schon mal. Ich war nicht sonderlich gut an der Kasse und auch sonst nirgends. Und ich glaube kaum, dass man mir dort eine zweite Chance geben würde. Und weil Dad oben fürs Atomkraftwerk gearbeitet hat, ist er jetzt in Thurso und ihr habt mich hier am Hals. Phoebe meint, ich solle die Gelegenheit nutzen und mich auf meine Ausbildung besinnen«, sagte Clemmie, als sie sich aus der Umarmung ihrer Tante löste. »Ich dachte, ich könnte mich ja mal wegen einer Stelle als Lehrerin erkundigen.«
»Wäre Unterrichten denn das, was du wirklich möchtest?«, fragte Molly, während sie Seite an Seite eine tobende Meute Kinder aus Bagley in Schach hielten, die darauf brannten, ihr Essensgeld für eine Überdosis Zucker auszugeben. »Sicher wäre es gut, wenn du dein Diplom sinnvoll einsetzen könntest, nachdem
du an der Universität so hervorragende Noten hattest. Du könntest aber doch auch eine eigene Feuerwerksfirma gründen? Wäre das nicht vielleicht eine Möglichkeit? Es ist doch allgemein bekannt, dass Feuerwerk eigentlich das Einzige ist, woraus du
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