Sternstunden des Universums
zugewandten Hemisphäre versetzt. Während über einem der beiden zentralen Äquatorpunkte die Sonne beim Periheldurchgang senkrecht steht – der andere liegt währenddessen auf der Nachtseite des Planeten –, geht sie an einem der beiden Randpunkte gerade zweimal auf, am anderen zweimal unter. Beim nächsten Periheldurchgang tauschen die Orte ihre Rollen: Wo vorher die Sonne zweimal aufging, steigt sie nun nochmals kurz über den Horizont, ehe sie endgültig untergeht, und wo sie vorher unterging, verschwindet sie nochmals kurz, ehe sie endgültig die »Reise« über den Merkurhimmel antritt.
Könnte man zum Merkur reisen, so würden frischverliebte »Touristen« vermutlich den Ort mit dem doppelten Sonnenuntergang als Ausflugsziel buchen. In die untergehende Sonne hineinträumen und das Ganze kurz darauf noch einmal, das wäre wohl Romantik pur. Sonnenfetischisten sollten dagegen besser die »Caloris Planitia« besuchen, das »Becken der Hitze« (Abb. 9). Dieser mit einem Durchmesser von rund 1500 Kilometern größte Einschlagkrater auf dem Merkur ist der Ort, über dem zum Zeitpunkt jedes zweiten Periheldurchgangs die Sonne im Zenit steht. Dort brennt sie aus nächster Nähe gnadenlos vom Himmel. Und als hätte sie sich verirrt, wandert sie auch noch ein Stück zurück, ehe sie langsam ihre zentrale Position am Himmel verlässt.
Abb. 9: Das »Becken der Hitze« (Caloris Planitia). Mit einem Durchmesser von rund 1500 Kilometern ist es der größte Einschlagkrater auf dem Merkur. Durchläuft der Planet auf seiner Bahn das Perihel, den Punkt der geringsten Entfernung zur Sonne, dann ist dort gerade Mittag. Folglich brennt die Sonne gnadenlos vom Himmel und sorgt für entsprechend hohe Temperaturen.
Jedoch: Eine Reise zum Merkur gehört gegenwärtig noch ins Reich der Utopie, und sie wird noch für sehr lange Zeit eine Utopie bleiben. Allein die Tatsache, dass auf diesem Planeten Temperaturen um 450 Grad herrschen, stellt die heutige Raumfahrt vor eine unlösbare Aufgabe. Aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Bis dahin müssen wir uns mit den irdischen Sonnenuntergängen begnügen. Insbesondere am Meer sind sie nicht minder romantisch.
Abschließend ist noch zu klären, wieso auf dem Merkur zwischen zwei Sonnenaufgängen volle 176 Erdentage liegen. Der Planet rotiert doch in knapp 59 Tagen einmal um seine Achse. Und in der Zeit, in der er einmal seine Bahn durchläuft, hat er sich schon eineinhalbmal gedreht. Auf der Erde entsprechen eineinhalb Umdrehungen unseres Planeten rund eineinhalb Tagen. Die Sonne ist zwischenzeitlich bereits zweimal aufgegangen. Auf dem Merkur tauschen die Tag- und Nachtseite des Planeten ihre Rollen jedoch erst nach einem vollen Umlauf. Das heißt: Wo vorher Tag war, ist nun Nacht. Damit der Planet wieder so zur Sonne orientiert ist wie zu Beginn des ersten Umlaufs, muss Merkur nochmals seine Bahn entlanglaufen. Für einen Umlauf benötigt Merkur 88 Erdentage, für zwei die doppelte Zeit. Zusammen sind das 176 Erdentage, die einem Merkurtag entsprechen. Wie schon gesagt: ein Tag – so lang.
Kapitel 3
Stiefkinder der Sonne
Blickt hier jemand durch? Was sich neben den acht Planeten noch alles in unserem Sonnensystem herumtreibt, kann schon für Verwirrung sorgen: Asteroiden, Kometen, Zwergplaneten, Planetoiden, Meteoroiden. Für diese Objekte beginnt sich die Wissenschaft immer mehr zu interessieren: Wie sind sie entstanden, woher kommen sie, und woraus bestehen sie? Antworten auf diese Fragen ergänzen nicht nur das allgemeine Wissen um diese »Vagabunden«, sie können auch helfen, Ursprung und Entwicklung unseres Sonnensystems besser zu verstehen. Bevor wir jedoch einige dieser interessanten Objekte näher betrachten, sollte klar sein, was sich hinter den Begriffen verbirgt.
Abb. 10: Halbwegs zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter befindet sich der Asteroidengürtel, in dem mehrere Millionen Asteroiden und Kleinkörper um die Sonne kreisen. Eine spezielle Asteroidengruppe, die sogenannten Trojaner, umrunden die Sonne auf gleicher Bahn wie Jupiter, indem sie dem Planeten im Abstand von etwa 60 Grad vorauseilen beziehungsweise nachfolgen. Anhand der Skala am unteren Bildrand lässt sich die Entfernung zur Sonne in Astronomischen Einheiten (AE oder AU) beziehungsweise in Lichtminuten ablesen.
Beginnen wir mit den Asteroiden. Es handelt sich dabei vorwiegend um felsartige Körper mit einem mehr oder weniger großen Anteil an schweren Elementen, darunter hauptsächlich
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