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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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Sonne. Für einen Umlauf braucht die Erde rund 365 Tage, für eine Umdrehung knapp 24 Stunden. Wie sich die Lage ändert, wenn ein Planet für eine Umdrehung genauso lange braucht wie für einen Umlauf um seinen Stern, lässt sich gut an unserem Mond studieren. Der Mond wendet uns immer dieselbe Seite zu, da sowohl ein Umlauf um die Erde als auch eine Eigenumdrehung 27,32 Tage in Anspruch nehmen. Auf einem Planeten mit identischer Umlauf- und Rotationsdauer ist daher auf einer Hemisphäre immer Tag, wogegen die andere Hälfte in ewige Finsternis getaucht ist. Wieder anders sind die Verhältnisse auf einem Planeten, bei dem für eine Eigenumdrehung mehr Zeit vergeht als für einen Umlauf um den Stern. Dort läuft die Sonne in der für uns »falschen« Richtung über den Himmel: Sie geht nicht im Osten auf, sondern im Westen, und der Sonnenuntergang findet im Osten statt.

    Abb. 6: Der Planet Merkur, im Januar 2008 von der Sonde »Messenger« aus einer Entfernung von rund 27 000 Kilometern aufgenommen. Das Bild entstand, als die Sonde erstmals am Merkur vorbeiflog. Bis die Sonde im März 2011 in eine Umlaufbahn um den Planeten einschwenkte, passierte sie noch zweimal den Merkur: im Oktober 2008 und im September 2009.
    Diese einfachen Regeln gelten jedoch nur, wenn sich Planeten auf Kreisbahnen bewegen. Wie der deutsche Astronom Johannes Kepler nach jahrelangem Studium unseres Sonnensystems bereits 1609 in seiner Schrift Astronomia Nova zeigen konnte, ist das nicht der Fall. Planeten, so hat er in seinem »Ersten Keplerschen Gesetz« formuliert, umrunden ihren Stern auf elliptischen Bahnen. Eine Ellipse besitzt im Gegensatz zu einem Kreis zwei Brennpunkte, die gleich weit vom Mittelpunkt der Ellipse entfernt sind. Und in einem dieser Brennpunkte sitzt der Stern. Der sternnahe Scheitel der Ellipse bildet das Perihel der Planetenbahn, der gegenüberliegende, sternferne Ellipsenscheitel das Aphel. Übrigens: Der Kreis ist eine Sonderform der Ellipse, bei der die beiden Brennpunkte in einem Punkt, dem Kreismittelpunkt, zusammenfallen (Abb. 7).

    Abb. 7: Planeten umrunden ihren Stern auf elliptischen Bahnen. Die große Halbachse a und die kleine Halbachse b sowie das Verhältnis von e zu a, die sogenannte Exzentrizität, bestimmen das Aussehen der Ellipse. Der vom Planeten umrundete Stern befindet sich in einem der beiden Ellipsenbrennpunkte.
    Ein Planet auf einer Kreisbahn würde seinen Stern mit gleichbleibender Geschwindigkeit umrunden. Für eine elliptische Planetenbahn gilt das nicht. Die Bahngeschwindigkeit hängt davon ab, wo sich der Planet auf seiner Bahn gerade befindet. Im »Zweiten Keplerschen Gesetz« ist das elegant formuliert. Demnach überstreicht der Fahrstrahl des Planeten in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Dabei bezeichnet der Begriff »Fahrstrahl« die Verbindungslinie Stern – Planet. Läuft der Planet auf seiner Bahn entlang, so bewegt sich der Fahrstrahl mit. Die überstrichene Fläche ist das Segment, das von zwei zeitlich unterschiedlichen Bahnpunkten des Planeten und dem Ellipsenbrennpunkt aufgespannt wird (Abb. 8).

    Abb. 8: Nach dem von Johannes Kepler formulierten zweiten Gesetz der Planetenbewegung überstreicht der Fahrstrahl (rot) des Planeten in gleichen Zeiten gleiche Flächen (A und B). Die Zeitspanne zwischen t1 und t2 ist gleich der zwischen t3 und t4. Da der Bahnabschnitt zwischen t1 und t2 jedoch deutlich kürzer ist als der zwischen t3 und t4, ist die Planetengeschwindigkeit in Perihelnähe größer als in der Nähe des Aphels.
    Betrachtet man nun zwei gleich große Flächen, die der Fahrstrahl einmal in der Nähe des Perihels und einmal in der des Aphels überstreicht, so sieht man sofort: Der Planet legt eine deutlich längere Strecke im Perihelbereich zurück. Da aber beide Strecken in der gleichen Zeit bewältigt werden, kann das nur heißen, dass die Planetengeschwindigkeit im Perihel höher ist als im Aphel. Dieser Sachverhalt lässt sich auch mithilfe der »Winkelgeschwindigkeit« ausdrücken. Physiker verstehen darunter die Veränderung eines Winkels in einer vorgegebenen Zeit. In unserem Fall ist das der Winkel, den die Fahrstrahlen zu Beginn und am Ende des vom Planeten zurückgelegten Weges einschließen. Demnach ist die Winkelgeschwindigkeit des Planeten im Perihel größer als im Aphel. Natürlich lässt sich auch die Rotationsgeschwindigkeit des Planeten durch eine Winkelgeschwindigkeit ausdrücken. Damit ein Planet seinem Stern immer dieselbe Seite zukehrt, muss er

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