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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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in seiner Reichweite befand. Ein richtiger epileptischer Anfall… Schwer zu glauben, das Haus ist alt, hat zwei Stockwerke, aber es zitterte. Ich spürte, wie der Fußboden bebte.«
      »Nun gut, und dann?«
      »Ich mußte ihn irgendwie unschädlich machen, bevor die Temperatur stieg. Hinuntergehen konnte ich nicht, weil ich sofort gefrieren würde. Sprengmittel konnte ich auch nicht benutzen – ich wollte doch schließlich nicht mein Haus in die Luft sprengen, und er wütete, und dann zitterte er nur… Da machte ich die Klappe auf und ließ einen kleinen Automaten mit einer Karborundsägescheibe hinunter…«
      »Ist er nicht erfroren?«
      »Achtmal fror er zu, ich zog ihn dann heraus, er war an einer Leine befestigt – aber jedesmal fraß er sich tiefer. Schließlich hat er ihn vernichtet.«
      »Eine unheimliche Geschichte…«, murmelte ich.
      »Nein. Die kybernetische Evolution. Nun, vielleicht bin ich wirklich für theatralische Effekte und habe Ihnen deshalb das gezeigt. Kehren wir um.«
      Mit diesen Worten verließ Diagoras den Raum mit der Panzerklappe.
      »Eines begreife ich nicht«, sagte ich. »Weshalb setzen Sie sich solchen Gefahren aus? Sie müssen daran Geschmack finden, sonst…«
      »Auch du, Brutus?« erwiderte er und blieb auf der ersten Treppenstufe stehen. »Was hätte ich denn Ihrer Meinung nach tun sollen?«
      »Sie hätten einfach Elektrohirne ohne Extremitäten, ohne Panzer, ohne Effektoren konstruieren sollen… Die wären, abgesehen vom Denken, zu keiner Tätigkeit imstande gewesen…«
      »Das eben war mein Ziel. Ich war nur nicht imstande, es zu verwirklichen. Eiweißketten können sich selbst verbinden, Transistoren oder Kathodenröhren indes vermögen das nicht. Ich mußte sie sozusagen mit ›Beinen‹ ausstatten. Das war eine schlechte Lösung, weil sie primitiv ist. Nur deshalb, Tichy; denn was die Gefahren anbelangt – es gibt andere.«
      Er wandte sich um und ging die Treppe hinauf. Wir befanden uns im ersten Stock, aber diesmal ging Diagoras in die entgegengesetzte Richtung. Vor einer Tür, die mit Kupferblech beschlagen war, blieb er stehen.
      »Als ich von Corcoran sprach, waren Sie sicherlich der Meinung, daß Neid meine Worte diktierte. Das stimmt nicht. Corcoran wollte nicht wissen – er wollte nur etwas schaffen, was er geplant hatte, und weil er das getan hat, was er wollte und mit den Gedanken erfassen konnte, erfuhr er nichts und bewies nichts außer dem, daß er ein geschickter Elektroniker ist. Ich bin viel weniger selbstbewußt als Corcoran. Ich sage: Ich weiß nicht, aber ich will wissen. Der Bau einer Maschine, die dem Menschen gleicht, irgendeines mißgestalten Konkurrenten um die Gnaden dieser Welt, wäre gewöhnliche Imitation.«
      »Aber jede Konstruktion muß so sein, wie Sie sie schaffen«, protestierte ich. »Sie können ihre genaue Wirkung nicht kennen, aber Sie müssen einen Ausgangsplan haben.«
      »Keineswegs. Ich habe Ihnen von dieser ersten elementaren Regung meiner Kybernoiden erzählt, Hindernisse, Hemmnisse, Be schränkungen anzugreifen. Glauben Sie nicht, daß ich oder sonst jemand wissen wird, woher das kommt, warum das so ist.«
      »Ignoramus et ignorabimus…?« fragte ich langsam.
      »Ja. Ich werde Ihnen das beweisen. Wir schreiben anderen Menschen nur deshalb ein Seelenleben zu, weil wir es selbst besitzen. Je entfernter ein Tier hinsichtlich seines Baus und seiner Funktion vom Menschen ist, um so weniger gewiß sind alle unsere Vermutungen über sein Seelenleben. Deshalb schreiben wir bestimmte Emotionen dem Affen, dem Hund, dem Pferd zu, hingegen wissen wir über die ›Erlebnisse‹ einer Eidechse schon sehr wenig, und was die Insekten oder die Infusorien betrifft, so werden Analogien machtlos. Deshalb werden wir nicht erfahren, ob bei einer bestimmten Konfiguration von Nervenreizen im Bauchhirn der Ameise eine von ihr empfundene ›Freude‹ oder ›Unruhe‹ wirklich dem entspricht und ob sie überhaupt diese Art von Zuständen erleben kann. Was nun bezüglich der Tiere eher trivial und wenig wesentlich ist – das Problem der Existenz oder der Nichtexistenz ihres Seelenlebens –, wird in Anbetracht der Kybernoiden zu einem Alpdruck. Sie nämlich beginnen, kaum entstanden, zu kämpfen, sie wollen sich befreien, aber warum das so ist, welcher subjektive Zustand diese heftigen Bemühungen hervorruft – das werden wir nie wissen…«
      »Wenn sie anfangen zu

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