Stille mein Sehnen
seinem Freund, wandte sich ab und verließ das Büro.
Neugierig betrachtete Faith die Frau, die gerade die Bar betrat und mitten im Raum stehen blieb. Diese war sehr schlank. Das lange schwarze Haar trug sie aufgesteckt, der grazile Körper war in eine Lederkorsage und einen kurzen Lederrock gekleidet. Sie sah sich nicht um, stand reglos da und wartete. Das zarte Puppengesicht wirkte unbewegt und gleichmütig. Lediglich der hektische Atem und das damit verbundene Heben und Senken ihres Brustkorbes ließ die Aufregung erahnen.
In einer weit hinter ihr liegenden Zeit hatte Faith ebenso auf ihren Herrn gewartet – angespannt, angsterfüllt und erregt. Dieses Gefühl vermisste sie, und sie beneidete die dunkelhaarige Schöne darum.
Plötzlich stand ein Mann neben der Frau, packte diese hart im Nacken und drängte sie auf die Lacktüren zu. Faith keuchte, als ihr Blick den des Mannes traf. Aidans graue Augen brannten sich in ihr Innerstes.
„Das ist Rebecca, seine derzeitige Favoritin. Sie kommt jeden Donnerstag und Samstag. Sie spielen, dann trinkt sie einen Cocktail und verschwindet. Nicht ein einziges Wort spricht sie. Übertrieben hörig und unterwürfig.“
Patrice hatte sich vertrauensvoll zu ihr gebeugt, und sein warmer Atem auf ihrer Haut verstärkte das Kribbeln im Inneren.
„Du würdest jetzt gern hinterhergehen und zuschauen, stimmts?“
Mehr als ein zögerliches Nicken brachte Faith nicht zustande, während sie auf die schwarze Tür starrte.
„Tut mir leid, Schätzchen. Er spielt nicht mit Angestellten. Willst du ihn, musst du kündigen.“ Der süffisante Ton brachte sie in die Realität zurück.
„Spinn nicht rum, Patrice. Den ganzen Quatsch mit der Unterwerfung mache ich nicht wieder durch. Ich komme mit Vanillasex gut klar.“ Um die Wahrheit zu sagen, hatte sie seit unzähligen Monaten überhaupt keinen Sex, und das war gut so.
Patrice lachte. „Das kannst du jemand anderem erzählen. Wer einmal in diese Welt eingetaucht ist, kann nicht mehr ohne. Wann hattest du zum letzten Mal Sex, Süße? Vor einem Monat? Zwei?“
Faith sah Patrice fest in die Augen. Es war mehr als ein Jahr her, dass sie langweiligen Vanillasex gehabt und eine halbe Ewigkeit, dass sie Erfüllung in einem Orgasmus gefunden hatte. Ihre Gedanken schweiften zu einem blonden Mann, der ihr Herz rasen ließ, und sie sah ihn vor sich, eine Peitsche in der Hand. Fast fühlte sie die Ketten an den Handgelenken und das beißende Brennen auf der Haut. Sie rief sich zur Raison und grinste Patrice an.
„Ich habe keine Ahnung.“
Sie lachten beide, bis ihnen die Tränen kamen.
„Ich gehe ins Lager, mir einen Überblick verschaffen. Die Tür neben dem Hintereingang, nicht wahr?“
Der Lagerraum war größer als erwartet. Zu beiden Seiten standen Regale und in der Mitte ebenfalls. Aidan legte Wert auf Qualität, das war ihr bereits in der Bar klar geworden. Erlesene Zigarren, exquisite Weine und Whiskys, sogar Pralinen fand sie in den Regalen. Eines widerstrebte ihr allerdings: Patrice hatte eine merkwürdige Ordnung, um nicht zu sagen, er verursachte ein heilloses Chaos. Sie begann, die Flaschen wenigstens nach Couleurs zu sortieren, überschlug die Bestände und erstellte die von Aidan gewünschte Liste.
Ein Geräusch an der Tür ließ sie zusammenfahren. Als sie sich umdrehte, sah sie jedoch nichts. Der erste Gedanke, der ihr in den Sinn kam, war: Ratten. Eine Gänsehaut kroch ihr den Nacken hinauf, die Hände zitterten.
Plötzlich flog eine Flasche durch die Luft und zerbrach an der Wand. Ein animalisches Brüllen erfüllte den Raum. Faith verbarg sich hinter einem Regal und wünschte inständig, unentdeckt zu bleiben, doch das Klemmbrett mit der Bestellliste glitt ihr aus der Hand und fiel mit einem ohrenbetäubenden Knall auf den Boden.
Im nächsten Augenblick stand Luca vor ihr. Er sah wie ein wild gewordenes Tier aus, die Augen aufgerissen, der Mund keuchend geöffnet.
Furcht und Faszination jagten ihr durch die Venen. Instinktiv sank sie vor ihm auf die Knie, senkte den Kopf, unfähig zu denken, und hasste sich für diesen Reflex. Er war nicht ihr Master, nur ein wütender, gefährlicher Mann. Ein Anrecht auf ihre Demut verdiente er nicht. Mit zitternden Fingern suchte sie nach dem Klemmbrett auf dem Boden.
Luca bückte sich danach, ergriff es und bohrte seinen eisigen Blick in ihren.
„Steh auf!“, herrschte er sie an.
Faith schluckte den Kloß in der Kehle hinunter und suchte nach Selbstbeherrschung. Das
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