Stille mein Sehnen
Gesicht. Er machte einen gepflegten, eleganten Eindruck. Das Lächeln wurde breiter, als sie ihn musterte, und gab ihm einen spitzbübischen Ausdruck. Es waren seine Augen, die sie nicht losließen. Eine solche Farbe der Iris hatte sie noch nie gesehen. Für einen Moment glaubte sie, er trüge Kontaktlinsen, allerdings wären vermutlich die dunklen Sprenkel nicht in der Regenbogenhaut. Diese Augen waren von einem so hellen Grau, dass man meinte, in zwei Scheinwerfer zu sehen.
Faith spürte seinen Blick auf der Haut und noch darunter, als er mit dieser warmen, dunklen Stimme zu sprechen begann. „Sie möchten also bei mir im Club arbeiten? Besitzen Sie Erfahrung in diesem Bereich?“
Diese Frage brachte Faith für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept. Der zweideutige Unterton in der Stimme war durchaus bei ihr angekommen. Sie entschloss sich, diesen vorerst zu ignorieren.
„Die letzten fünf Jahre habe ich in einem New Yorker Club gearbeitet und die Cocktailbar gemanagt.“
Dummerweise fiel ihr nichts weiter ein. Wie ein Teenager saß sie auf dem Stuhl ihm gegenüber und fühlte sich wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. Mr. Ross’ Blick ruhte gleichmütig auf ihr und schien sie doch zu erdrücken. Durchschaute er die Lüge? Sie war nicht gut darin, Menschen hinters Licht zu führen. Was sollte sie sagen? Dass sie den erfolgreichsten Club New Yorks in den Sand gesetzt, ihren Lebenstraum wegen eines Mannes zerstört hatte? Diese Tatsache warf kein gutes Licht auf sie, war beschämend.
„Weshalb haben Sie New York verlassen?“, fragte Mr. Ross in die entstandene Stille hinein.
„Familiäre Gründe. Es war an der Zeit, zurückzukehren. Eines versichere ich Ihnen: ich kann jeden Cocktail mixen, den Sie wünschen“, ging sie in die Offensive.
Mr. Ross musterte sie eingehend und schwieg. Was er wohl dachte?
„Mr. Ross?“
Erst als sie ihn ansprach, geriet Bewegung in ihn. Er beugte sich vor und lächelte.
„Gut! Es ist Ihre Angelegenheit, weshalb Sie nach London gekommen sind, solange es sich nicht auf die Arbeit auswirkt.“ Er erhob sich und sah ihr tief in die Augen. „Ich liebe Herausforderungen! Sie auch?“
„Das kommt darauf an, was Sie meinen.“ Ihre Stimme klang schnippisch. Würde er sie jetzt angrapschen, wie so viele seiner Vorgänger? Er machte nicht den Eindruck, allerdings ließ ihre Menschenkenntnis zu wünschen übrig.
„Kommen Sie!“ Mit diesen Worten verließ er das Büro.
Nach kurzem Zögern folgte sie ihm in den schummrigen Gang. Mr. Ross hielt ihr eine Tür auf und lächelte einladend. Zögernd ging sie hindurch.
Um diese Uhrzeit war die Location hell erleuchtet, und normalerweise verlor sich dadurch der Zauber einer Bar – hier nicht. Die Wände waren mit grauer Seidentapete bespannt, schwarze Ledersessel bildeten mit runden Glastischen kleine Gruppen, opulente Ledersofas schufen gekonnt Raumteiler. Der Boden war mit schwarzem Marmor gefliest, in dem Faith glitzernde Sprenkel sah. An der Wand, hinter der sich das Büro befand, hing ein gigantischer Spiegel, der dem Raum mehr Tiefe gab. Auf einer kleinen Empore neben der Theke stand ein Flügel und verlieh dem Raum eine extravagante Nuance. Alles sah gepflegt und sauber aus, zeugte von Stil und Geschmack.
„Wow! Ein Kompliment an den Innenarchitekten. Sehr edel!“
„Danke! Ich habe mir Mühe gegeben.“ Mr. Ross stand an der Bar und sah ihr abwartend entgegen.
„Sie haben die Gestaltung selbst übernommen?“
„Warum nicht? Zugegeben, das Architekturstudium half mir bei der Umsetzung meiner Wünsche. Dieser Club ist mein Baby. Die meisten Arbeiten habe ich zusammen mit einem Freund erledigt.“ Das breite Grinsen, mit Stolz geschwängert, verübelte sie ihm nicht.
Die Bar selbst war ein Traum. Ein breiter, aus schwarzem Holz gefertigter Tresen, davor hohe schwarze Lederbarhocker und dahinter eine außergewöhnlich große Auswahl an Spirituosen. Ein schlanker, blonder Mann mit einem Handtuch in der Hand sah sie skeptisch an.
„Ms. Evans, das ist Patrice. Patrice, Ms. Evans hat sich für den Job beworben.“
Patrice stieß ein erleichtertes Seufzen aus. „Na Gott sei Dank! Ich brauche wirklich Unterstützung. Seit einem Dreivierteljahr hatte ich kein freies Wochenende mehr. Wann können Sie anfangen?“
Mr. Ross reagierte mit einem Schmunzeln und überließ ihr die Antwort.
„Ich weiß noch nicht, ob ich den Job will und Mr. Ross ist sich nicht sicher, ob ich ins Team passe. Nicht
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