Stille mein Sehnen
vorgefallen?“, wollte Faith wissen.
„Nichts!“ Patrice goss sich einen doppelten Scotch ein. Mit zitternden Händen führte er das Glas an die Lippen. Dafür, dass während der Arbeitszeit Alkoholverbot bestand, hatte er eine Menge intus. Sie würde wohl oder übel die ganze Nacht bleiben und ihm zur Seite stehen, auch wenn ihr offizieller Arbeitsbeginn erst morgen war.
„Er ist der härteste Master im Club, eiskalt und unnahbar. Alle Devoten erzittern unter seinem Blick.“ Patrice musterte sie von oben bis unten. Zu leugnen, dass es ihr ebenso erging, war zwecklos. „Er spielt nicht mehr im Club. Keine der Sklavinnen ist ihm gewachsen. Allein seine Ausstrahlung lässt mich frösteln.“
„Hat er früher hier …“ Das Wort ‚gespielt’ erschien ihr für diesen Mann zu banal.
„Ja, aber seit etwa einem halben Jahr nicht mehr. Er ist extrem angespannt. An deiner Stelle würde ich ihm aus dem Weg gehen.“
Bevor Faith nach dem Grund der Veränderung fragen konnte, ging die Tür auf, und eine Gruppe in Lack und Leder gekleideter junger Leute betrat die Bar. Ihre Gedanken überschlugen sich. Dieser Luca erschütterte sie in ihren Grundfesten. Seine düstere, unberechenbare Ausstrahlung zog sie magnetisch an. Erinnerungen huschten ihr durch den Kopf, von Ketten, Peitschen und Schreien – ihren Schreien. Sie sehnte sich nach der Härte und dem Willen eines Herrn, und doch konnte sie das Risiko nicht eingehen. Zu groß war die Gefahr, sich erneut zu verlieren. Dieser Welt hatte sie entsagt und würde standhaft bleiben.
Gleichwohl wanderte ihr Blick sehnsüchtig zur Hintertür, durch die die beiden Männer verschwunden waren. Luca! Wie eine Verheißung klang der Name in ihrem Geiste nach.
Kapitel 3
„Du hast eine gute Wahl getroffen“, sagte Luca, während er Faith durch den Spiegel im Büro beobachtete.
„Halte dich besser von ihr fern. Sie hat eine Vergangenheit – und wie mir scheint keine gute.“
„Wie kommst du darauf?“
„Hast du nicht bemerkt, dass sie bei deinem Anblick beinahe auf die Knie gesunken wäre?“
„Als würde mir so was entgehen! Wie kommst du darauf, dass ihre Erfahrungen schlecht sind?“
„Beim Einstellungsgespräch ist ihr schnell klar geworden, wo sie sich befindet. Aus jeder ihrer Zellen schlug mir unterdrückte Angst entgegen. Es ist nichts Gegenwärtiges, sondern aus ihrer Vergangenheit.“
Lucas Blick hing unverwandt an der jungen Frau, die mit geschmeidigen Bewegungen den Shaker durch die Luft warf. Er gab Aidan recht, ihm war das Ängstliche ebenfalls nicht entgangen, nur bezog er es auf sich.
Er beobachtete das offene Lächeln, welches sie einem jungen Mann schenkte, der einen Drink entgegennahm. Fast beneidete er den Kerl um diese Aufmerksamkeit. Er fand sie äußerst interessant und faszinierend. Etwas in ihren Augen hatte sich vorhin durch seinen ganzen Körper gebrannt und eine Gefühlsregung geweckt. Seit einer Ewigkeit spürte er nichts mehr. Diese spröde Art untermalt ihre Schönheit. Sie ist ein Leckerbissen. Ich würde sie zu gern zähmen , dachte er, wandte sich von ihr ab, als er Aidans Worte hörte.
„Es fehlt schon wieder Geld. Das geht nicht! Du kannst dir nicht alles nehmen, was du brauchst. Ich habe das Konto für dich sperren lassen. In Zukunft läuft das Finanzielle ausschließlich über mich.“
Luca schenkte Aidan zum ersten Mal an diesem Abend Aufmerksamkeit. „Das ist nicht dein Ernst? Ohne mich hättest du den Club gar nicht mehr.“
„Das weiß ich! Ich werde dich so schnell wie möglich auszahlen, aber du kannst nicht unkontrolliert Geld aus dem Geschäft ziehen.“
Luca schnaubte verächtlich. „Und was willst du tun? Mir ein monatliches Gehalt zahlen, oder was?“
„Das würde voraussetzen, dass du arbeitest. Seit Monaten lässt du dich nicht mehr auf der Baustelle blicken.“
Drohend standen sich die beiden Männer gegenüber. In Luca schnürte sich alles zusammen. „Aidan, wir waren mal Freunde.“
„Du sagst es: Wir waren Freunde. Ich lasse mich nicht von dir verarschen. Läuft alles nach Plan, bekommst du in sechs Monaten das Geld.“
Wie zwei Löwen, bereit zum Sprung, belauerten sie sich. Das war mehr als ein Revierkampf. Luca knurrte tief in der Kehle. Drehte Aidan ihm den Geldhahn zu, wusste er nicht weiter. Schlimmer konnte es nicht werden. Er spürte, wie der letzte Rest Selbstbeherrschung bröckelte. Aidans aufmerksamer Blick schien sich in sein Hirn zu bohren. Mühsam verschloss sich Luca vor
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