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Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)

Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)

Titel: Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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blickenden Augen zu sehen. Sein behaarter Oberkörper hingegen war völlig entblößt, die Arme hinter dem Rücken offenbar gefesselt. Sein Hemd und sein elegantes Sakko lagen zerknüllt auf dem Handwaschbecken. Die zartblaue Krawatte mit den roten Querstreifen hing Schlenker noch um den Hals. Sie wirkte nun wie ein Strick.
    »Erdrosselt«, flüsterte Klaus fassungslos. »Jemand hat ihn erdrosselt.«
    »Oder erstickt«, ergänzte Hubertus mit Blick auf das abgeklebte Gesicht. Er schob Klaus beiseite und betrat die Toilette.
    Ein lauter Knacks ertönte. Hubertus war auf Schlenkers randlose Brille getreten, die vor ihm auf dem Boden lag. Er nahm allen Mut zusammen, ging auf Schlenker zu und fasste ihm an die Halsschlagader, um nach einem Lebenszeichen zu tasten.
    Nichts.
    Dann schickte er sich an, den Krawattenstrick zu lösen. Einen Augenblick überlegte er noch, ob es Sinn hätte, den vermeintlich Erdrosselten wiederzubeleben. Doch als ehemaliger Rettungshelfer bei den Maltesern wusste er, dass dies ein aussichtsloses Unterfangen gewesen wäre. Dieser Mann war zweifellos tot.
    »Schaffner, Schaffner!«, begann Edelbert zu rufen und lief schnaufend davon. Auch Klaus, der inzwischen aus seiner Starre erwacht war, verließ eilig den Fundort.
    Auf einmal war Hubertus allein mit der Leiche.
    »Klaus, bleib hier!«, rief er seinem Freund noch ängstlich hinterher.
    Plötzlich gab es einen mächtigen Ruck. Hummel verlor das Gleichgewicht und donnerte mit dem Kopf gegen die Toilettenwand. Einen Moment lang verlor er das Bewusstsein.
    Als er wieder zu sich kam, fühlte er eine schwere Last auf sich. Er öffnete die Augen und sah die starren Augen des Toten auf sich gerichtet. Er lag in engster Tuchfühlung mit Schlenker auf dem Boden der Zugtoilette.
    »Hilfe!«, begann er hysterisch zu schreien.
    Endlich hörte er Schritte. Es war der Zugführer, der durch forsches Zupacken die Leiche zur Seite schaffte. Klaus kam ebenfalls hinzu und half Hubertus beim Aufstehen.
    »Was ist passiert?«, fragte Hummel atemlos.
    »Ich habe die Notbremse gezogen«, antwortete Klaus leichenblass.
    »Du blutest ja.« Edelbert war ebenfalls wieder aufgetaucht. Er blickte Hubertus an, im Mundwinkel eine qualmende Reval-Zigarette, die nervös zwischen den Lippen auf-und abwippte.
    »Habet Sie den Mann umbrocht?«, erkundigte sich der Zugführer bei Hubertus.
    Der zog ein Taschentuch hervor, um es auf seine Platzwunde zu halten.
    »Sie machen wohl Scherze! Herr Riesle, mein Begleiter hier, hat ihn tot aufgefunden. Als er die Notbremse zog, ist die Leiche auf mich drauf gefallen«, erklärte Hummel empört.
    »Des isch aber gar net guet«, meinte der Bahnbeamte.
    Auf einmal ertönte ein lautes Knallen. Die Unterhaltung auf der Zugtoilette verstummte. Eine Waggontür war offenbar ins Schloss gefallen.
    Der Mörder, schoss es Hubertus durch den Kopf. Er lief zur nahe gelegenen Zugtür und drückte seine Nase gegen die Glasscheibe. Doch nichts war zu erkennen außer dem fahlen Lichtschein einiger Laternen, die zum Kirnacher Bahnhof gehören mussten. An dem stillgelegten kleinen Gebäude wenige Kilometer vor Villingen war der Zug also zum Stehen gekommen.
    Draußen knirschte es. Hummel überlegte, ob er ebenfalls versuchen sollte, aus dem Zug zu springen, doch dann beschloss er, lieber im Zug zu bleiben und in den benachbarten Großraumwagen zu gehen, um von einem der Schiebefenster aus etwas zu erspähen. Hektisch öffnete er es und steckte die Nase in die eisige Schwarzwaldluft.
    Er erhaschte einen Blick auf die Silhouette einer sehr großen Gestalt, die sich mit wehendem Mantel durch den Tiefschnee kämpfte. Klaus und Edelbert waren Hummel gefolgt und streckten ihre Köpfe aus dem benachbarten Fenster. Als sich der Flüchtende kurz umsah, um nach möglichen Verfolgern Ausschau zu halten, war sein Gesicht im Laternenschein verschwommen erkennbar: Er hatte eine massige Gestalt und … eine spitze Nase. Der Mann aus dem Gang!, durchfuhr es Hubertus.
    »Ich gehe hinterher«, sagte Klaus, in dem der journalistische Eifer nach dem ersten Schock wieder erwacht war.
    Edelbert hielt ihn zurück. »Aber auf keinen Fall!«
    Der Mann verschwand in Richtung Feldner Mühle.
    Klaus zögerte noch einen Moment, ließ sich dann aber von seinem Plan abbringen. »Jetzt hat er eh schon zu viel Vorsprung.«
    Stattdessen zückte er sein Handy, um in der Redaktion anzurufen.
    Hubertus schüttelte den Kopf. Es hatte ihn schon beim Eishockeymord im vergangenen Jahr geärgert,

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