Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
Schwank vu de Landfrauevereinigung g’führt«, strahlte die Dame. »›De g’hörnte Ehema‹ hät des Stück g’heiße. Sie, des war vielleicht en Erfolg. Und de Herr Impresario war jeden Zent wert. Dazu war er noch so bescheide und wollt überhaupt net erwähnt werde. Fascht verkroche hat er sich hinter de Bühn.«
Hubertus schwankte zwischen Erstaunen und Schmunzeln.
Burgbacher, der Verfechter von Hochkultur, der auf alles Bürgerliche herabsah und stundenlang über amateurhafte Darsteller – »Dilettanten, alles Dilettanten« – lästern konnte …
Ihm schwante etwas.
»Wann war denn die Aufführung?«, fragte er die ältere Dame.
»Ha, am zweite Weihnachtsfeiertag in Riete«, gab diese bereitwillig Auskunft.
Das Geheimnis war ausgeplaudert: ein Dorfschwank, ein Dialektstück im doppelstädtischen Teilort Rietheim.
Burgbacher war anzusehen, dass er die Dame am liebsten erwürgt hätte, doch er beherrschte sich. Das schallende Gelächter der anderen war so laut, dass sie das erste Klingeln nicht hörten, das zur Rückkehr in den Konzertsaal mahnte.
»Grüß Gott, Herr Dekan!« Die Dame hatte schon den nächsten Bekannten erspäht.
Dieser wünschte ein gutes neues Jahr und wandte sich dann an Hubertus. »Schrecklich, diese Morde, nicht wahr, Herr Hummel?«
Hubertus nickte.
»Aber auch das finden wir schon in der Bibel! Kain und Abel – ein Bruder erschlägt den anderen.« Der Dekan nickte bedächtig. »Die Bibel ist lebensnäher, als viele denken.«
Er blickte prüfend in die Runde.
»Wissen Sie auch«, fuhr er dann in Richtung Hummel fort, »dass es die Bären-Brauerei weiterhin geben wird? Das hat mir Herr Dr. Benzing vorhin gerade berichtet. Der ist nämlich auch hier im Konzert.«
Hubertus war verblüfft. »Also kein Verkauf?«
Der Dekan bestätigte: »Kein Verkauf. Er hat sich’s anders überlegt. Ich glaube, die Witwe des armen Dr. Schlenker hat ihn überzeugt.«
Es klingelte zum zweiten Mal, doch Kerstin und Elke plauderten so angeregt miteinander, dass Hubertus jetzt nicht unterbrechen wollte.
Es war wichtig, dass Elke sich nicht nur mit ihm, sondern auch mit seinem Umfeld verstand. Und das war bei Kerstin offenbar der Fall.
»Ich freue mich so, dass ihr beide wieder zusammen seid«, sagte Kerstin gerade.
Elke nickte und meinte: »Ich fühle mich auch wieder mehr im Reinen mit mir.«
Diesmal verzog Hubertus angesichts von Elkes Ausflügen in die Esoterik keine Miene.
»Und stell dir vor, Kerstin«, fuhr Elke fort. »Seit Weihnachten habe ich jeden Tag Blumen von ihm bekommen. Auch das ist ein Zeichen, dass er seine Gefühle jetzt zeigen kann.«
Jetzt verzog Hubertus eine Miene. Und zwar mehr als eine.
»Moment!«, rief er. »Blumen? Aber nicht von mir!«
Seine Eifersucht regte sich wieder.
Stadtrat Schulz?
Oder Dr. Bröse?
Oder …
Gerade als er wieder richtig loslegen wollte, schaltete sich Martina ein. »Reg dich nicht auf, Papi. Ich war das!«
»Was? Aber … aber warum?«
Martina grinste, während es zum dritten Mal klingelte.
»Ach, Papi«, seufzte sie, um erst Elke und dann ihn anzuschauen. »Ohne mich hättet ihr es doch sowieso nicht hinbekommen!«
Weitere Kostenlose Bücher