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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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praktizierten Freikörperkultur nichts hielt.
    Doch das Thema noch weiter auszuwalzen, hatte sie wenig Lust. Auch sie wollte schließlich so schnell wie möglich ans Wasser.
    "Bis bald!" rief sie ihm zu und griff eilig nach ihrer Tasche.
    Sie war so schnell aufgebrochen, dass Sven gar nicht dazu kam, sie noch weiter in Augenschein zu nehmen. Doch, was er bisher bemerkt hatte, gefiel ihm. Sie trug noch immer diesen aufregend kurzen Rock und so ein glänzendes, gelbes Hemdchen mit schmalen Trägern. Von Tina wusste er noch, das man so etwas Top nannte. Doch ansonsten gab es zwischen den beiden doch erhebliche Unterscheide. Annes Füße steckten in sportlich flachen Sandalen, Tina hatte stets Schuhe mit hohen Absätzen bevorzugt, was sich besonders in unwegsamem Gelände als sehr hinderlich herausgestellt hatte. Trotzdem hatte seine Ex selbst im Gebirge nicht von ihren High Heels lassen können oder wollen.
    Vor allem aber war das Lächeln anders. Bei Tina hatten die Augen niemals mit gelächelt. Schade, dass Anne so schnell um den Treppenabsatz herum verschwunden war. Er hätte so gern noch einen Blick in ihre lächelnden Augen gewagt.
     

Vertraut und fremd
     
    Im Klubraum surrte der Ventilator. Die erste Besprechung mit dem Reiseleiter war zu Ende, der obligatorische Aperitif getrunken, die Gäste in alle Richtungen auseinandergestoben. Nur Sven und Anne standen noch ein wenig unschlüssig an den Türrahmen gelehnt.
    "Wollen wir nach dem Essen noch einmal an Strand?"
    Sven sprach langsam und deutlicher als sonst. Seine Unsicherheit versteckte er hinter einem breiten Grinsen, während er sein leeres Glas auf den Tisch zu den anderen stellte.
    Auch Anne lächelte, ermutigend, wie ihm schien. Sie hatte tatsächlich nicht das geringste gegen so einen Strandspaziergang nach dem Abendessen einzuwenden. Viel zu gern dachte sie an ihre erste Stunde am Strand und im Wasser. Sie hatten sich, natürlich rein zufällig, denn sie hatten sich ja nicht wirklich verabredet, getroffen und sich schon wenig später wie die Kinder aufgeführt: Im Wasser herumgetollt, sich gegenseitig gejagt, nassgespritzt und schließlich waren sie mit einem gelblichen Hund, der sich zu ihnen gesellt hatte, um die Wette gelaufen, mal im Sand, mal im Wasser.
    Viel zu schnell war die Stunde bis zur Besprechung mit dem Reiseleiter vorbei gewesen. Klitschnass, aber fröhlich, waren wie wieder im Hotel angekommen, fast wäre die Zeit zu knapp gewesen, um sich trockene Sachen anzuziehen. Sie waren auch zu unterschiedlichen Zeiten wieder unten angekommen, und Sven, der erstaunlicherweise nach Anne eintraf, hatte es tunlichst vermieden, sich in der Begrüßungsrunde neben Anne zu setzen. Warum, das hätte er niemandem erklären können, er wusste es ja selbst nicht.
    Sein angeknackstes Selbstbewusstsein, bekam aber bald gehörigen Auftrieb, als er erfreut bemerkte, dass Anne sich mehrmals zu ihm umgedreht hatte.
    Und trotzdem standen sie jetzt wieder hier und schienen beide nicht weiter zu wissen.
    Anne drehte ihr leeres Glas noch immer unschlüssig in der Hand, die unbefangene Fröhlichkeit vom Nachmittag war verflogen.
    Plötzlich brach die Dunkelheit herein.
    Anne staunte, wie treffend hier, auf Teneriffa, diese Aussage war. In Deutschland kommt die Dunkelheit ja eher gemächlich daher, von Hereinbrechen kann da eigentlich keine Rede sein.
    So etwas wie eine Dämmerung schien es hier überhaupt nicht zu geben. Wie sehr hätte ihre Großmutter hier ihre geliebte
Schummerstunde
vermisst, noch nicht richtig dunkel und auch nicht mehr so richtig hell. Da wurde kein Licht angemacht. Die Großmutter hatte es geliebt, in der Dämmerung in ihrem Sessel am Fenster zu sitzen und ihren Gedanken nachzuhängen.
    Genau so, wie Anne es jetzt auch tat. Sven war ihrem Blick gefolgt. Draußen bewegte ein lauer Wind die Blätter des Gummibaums. Anne spürte, dass Sven auf irgend etwas wartete, also stellte auch sie endlich ihr Glas ab und griff nach seiner Hand. Oh, wie entsetzt wäre ihre Oma über diese Eigenmächtigkeit ihrer Enkeltochter gewesen! In der Welt der Großmütter hatte die Initiative grundsätzlich vom Mann auszugehen.
    Aber Anne und Sven hatten ihre eigene Welt, in der es jetzt nicht einmal mehr der Worte bedurfte. Wie selbstverständlich brachen sie gemeinsam auf.
    Barfuß tobten sie am Strand entlang, setzten sich ans Meer und ließen den Sand durch die Finger gleiten, staunten über den tief hängenden Sternenhimmel, reckten ihre Gesichter der frischen

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