STINKBOMBE oder Agent Archie jagt Dr. Doom
Wasseroberfläche kam er fast mit den Wellen in Berührung, was seinem Publikum regelrecht den Atem raubte. Dann riss er sich aus dem Sturzflug und stieg steil in den Himmel auf, wobei er â nach jeder Neunzig-Grad-Drehung einige Sekunden in seiner Fluglage verharrend â eine tadellose Vier-Zeiten-Rolle vollführte.
Archie atmete lang und tief aus.
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich.
»Wir sind unbeschadet davongekommen.« Richard steuerte das Flugzeug zurück in Richtung Insel.
Die Dragonfly kreuzte die Küste und setzte wie ein Insekt, das vorsichtig die Haut eines schlafenden Nashorns anpeilt, über einem bewaldeten Tal zur Landung an. Richard fuhr das Fahrgestell mithilfe eines Hebels aus und zog den Jet scharf nach rechts. Ãber dem groÃzügig geschnittenen, aus Chrom und Glas gebauten Haus, in dem er mit Archie wohnte, flog er eine letzte Kurve.
Bei der SFS war Richard den Harrier Jump Jet geflogen, eine Maschine, die auf der Stelle schweben sowie senkrecht starten und landen konnte, da der Schub ihrer Motoren durch verstellbare Düsen gelenkt wurde. Im Anschluss an seine Zeit als Testpilot hatte Richard ein Team von Ingenieuren zusammengestellt, das sich diese Schubvektorsteuerungstechnologie der Harrier zum Vorbild nahm, um das erste Privatflugzeug mit Vertikaler Start- und Landetechnologie ( VSLT ) zu entwickeln â die Dragonfly.
Sie war besonders bei Millionären beliebt, denn sie teilte die Vielseitigkeit ihrer Helikopter, konnte dabei aber fünfmal so schnell fliegen. Richard hatte einen Teil des ansehnlichen Gewinns, den er mit seiner Firma »Hunt Aviation« erwirtschaftet hatte, gespendet und dem Roten Kreuz so eine Flotte von Dragonflys finanziert. Sie waren von unschätzbarem Wert, wenn es um das schnelle Bereitstellen medizinischer Hilfe für verletzte oder gefährdete Menschen in weit entfernten Kriegsgebieten ging.
Archie strotzte vor Bewunderung, als er beobachtete, wie sein Vater den Jet mit geschickten Bewegungen in einen tadellosen Schwebezustand brachte. Dann zog Richard die Schubhebel zurück und brachte die Dragonfly mit ein paar gekonnten Handgriffen dazu, senkrecht zu landen. Wenige Sekunden später setzte das Fahrgestell auf und Richard fuhr den Jet in seine eigene, maÃgeschneiderte Flugzeughalle.
Als die Motorengeräusche verstummten, betätigte Archie den roten Sicherungshebel der Kanzelhaube und schob das Glasdach auf seiner Schiene zurück. In Anbetracht der Katastrophe, die er um ein Haar verursacht hätte, war er mehr als niedergeschlagen. Er war sauer auf sich selbst, weil er das Flugzeug nicht mehr hatte stabilisieren können, und schämte sich, weil sein Vater das Ganze auch noch mit angesehen hatte. Richard Hunt war nicht nur ein anerkannter Testpilot â er war auch die einzige Person auf der Welt, der er immer schon nacheiferte und die er um jeden Preis stolz machen wollte.
Archie hielt sich an der Frontscheibe fest, als er aus dem Cockpit kletterte und ging dann an der glänzenden Flugzeugnase, die der eines Torpedos glich, vorbei auf seinen Vater zu. Archie war schlaksig gebaut, gröÃer als die meisten seiner Mitschüler und neigte daher zu einer gekrümmten Körperhaltung. Mit seinem zerzausten Haar sah er aus wie jemand, der gerade erst aufgestanden war â wären da nicht seine aufgeweckten braunen Augen gewesen, die neugierig durch die rechteckigen Gläser seiner Schildpattbrille guckten.
»Es tut mir leid, Papa«, wiederholte er, wobei er seinem Vater in die Augen sah. »Wird nicht wieder vorkommen.«
»Nein.« Richards Nicken deutete darauf hin, dass er die Entschuldigung seines Sohnes annahm. Archie sah zu seinem Vater auf in der Hoffnung, er möge noch irgendetwas hinzufügen â etwas Zuspruch, vielleicht ein kleines Lob zur Aufmunterung. Immerhin strich Richard seinem Sohn noch durch die Haare, bevor er das Thema wechselte: »Lass uns nachsehen, was es zum Kaffee gibt. Ich bin schon total ausgehungert.«
Später am Abend war Archie gerade bei Facebook online, als er eine Nachricht von jemandem bekam, der anstelle eines Profilfotos ein silbernes X auf rotem Grund hochgeladen hatte. Nachdem er die Nachricht zwei Mal gelesen hatte, griff er zu seinem Handy und wählte Barneys Nummer.
»Was geht bei dir?«, fragte Archie.
»Nichts.«
»Kannst du morgen vor der Schule vorbeikommen?«
»Geht klar. Was gibtâs
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