Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
Vom Netzwerk:
bestimmt, »jetzt zeigen Sie mir erst mal einen Ausweis, der Sie dazu berechtigt …«
    Weiter kommt er jedoch nicht.
    Â»Ganz ruhig«, unterbricht ihn Koschinski, ȟberlegen Sie sich gut, was Sie jetzt machen. Sonst könnten wir womöglich noch auf die Idee kommen, dass Sie unsere Arbeit behindern wollen.«
    Â»Was?«
    Â»Würde ja passen«, mischt sich Müller ein. »Der Vater, der seinem Sohn erst einen Praktikumsplatz im Werk verschafft, um da ein bisschen rumzuschnüffeln, und dann …« Er zuckt mit der Schulter. »Zumindest liegt doch der Verdacht nahe, dass noch mehr dahintersteckt.«
    Lukas’ Vater weicht vor Überraschung einen Schritt zurück. »Wie bitte? Was soll denn das jetzt?«, fragt er irritiert.
    Â»Mein Kollege sagt nur, wie das Ganze hier auf uns wirken muss«, antwortet Koschinski. »Sollte er sich irren, können Sie ja völlig beruhigt sein. Und sonst sehen wir uns ohnehin noch mal wieder, da können Sie sich sicher sein. Ein schönes Wochenende wünschen wir Ihnen, grüßen Sie Ihre Frau!«
    Sie machen die Gartenpforte auf und gehen auf einen schwarzen Audi zu, der ein Stück entfernt steht.
    Mit ein paar Schritten ist Lukas neben seinem Vater. Als der Audi aus der Parklücke fährt, versucht Lukas, das Kennzeichen zu erkennen. HI und dann keine weiteren Buchstaben, sondern nur eine Ziffernfolge.
    Â»Kannst du mir vielleicht mal erklären, was hier eigentlich los ist?«, fragt ihn sein Vater.
    Â»Keine Ahnung«, antwortet Lukas. »Die Typen standen plötzlich vor der Tür und Mama hat sie reingelassen und dann …«
    Er erzählt in kurzen Sätzen von dem merkwürdigen Gespräch am Küchentisch. Und dass er nicht glaubt, dass Koschinski und Müller wirklich von irgendeinem Ministerium geschickt wurden.
    Â»Wenn sie überhaupt so heißen«, fügt er noch hinzu.
    Â»Ich werde im Werk nachfragen«, sagt sein Vater. »Das kann ja wohl nicht sein, dass wir uns so was bieten lassen müssen. Ich bin jetzt fast zehn Jahre da, da können sie nicht einfach …« Er bricht mitten im Satz ab und hebt hilflos die Hände. »Nicht schon wieder, ich dachte, das hätten wir endgültig hinter uns.«
    Lukas weiß, worauf sein Vater anspielt. Tatsächlich hat es Ärger gegeben, als er vor zwei Monaten sein Schulpraktikum im AKW gemacht hat. Er hat sich vor allem um den Platz beworben, weil er die idiotische Hoffnung hatte, irgendwas herausfinden zu können. Ohne dass er eigentlich wusste, was genau. Aber sie hatten gerade die Diagnose für Karlotta bekommen und Lukas hatte nicht gewusst, wohin mit seinem Unglück, seiner Wut, seiner Ohnmacht. Natürlich hatte es auch vorher schon Stimmen gegeben, die auf einen Zusammenhang zwischen dem AKW und der überdurchschnittlich hohen Anzahl von Kindern in Wendburg hinwiesen, die hier an Leukämie erkranken, aber da war es immer um andere Kinder gegangen – und plötzlich betraf es sie selbst.
    Lukas hatte die vage Idee gehabt, dass er während seines Praktikums vielleicht irgendetwas erfahren, irgendwelche Hinweise finden oder an Informationen herankommen könnte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Irgendwie so was. Aber das Ganze war ein gewaltiger Flop gewesen! Er war in der Presseabteilung gelandet und bekam irgendwelche Hilfsarbeiten zugewiesen: Post verteilen, kopieren, Zeitungsausschnitte sammeln. Und Kaffee kochen! Genauso gut hätte er sein Praktikum in einer Versicherung oder bei einer Behörde machen können, keine Chance, auch nur über die kleinste Information zu stolpern, die wirklich interessant gewesen wäre.
    Einmal, gleich zu Beginn des Praktikums, hatte er ein kurzes Gespräch mit dem leitenden Ingenieur des AKW s, der ausgerechnet Hannahs Vater war. Der hatte allerdings so getan, als hätte er Lukas höchstens mal zufällig im Ort getroffen und ihn nicht bereits seit Monaten regelmäßig im Zimmer seiner Tochter verschwinden sehen. Das Gespräch war dann eigentlich auch schon wieder vorbei gewesen, bevor es überhaupt richtig angefangen hatte: »Physik ist also Ihr Lieblingsfach, nehme ich an? Kernphysik?«
    Â»Nee, nicht wirklich. Ich wollte eigentlich nur mal sehen, wie das hier alles so läuft. Mein Vater ist ja auch hier, und da dachte ich … Na ja, also einfach mal gucken, ob das vielleicht was für mich sein

Weitere Kostenlose Bücher