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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
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schwingt die Beine aus dem Bett. »Bescheuerter Traum«, murmelt er halblaut vor sich hin, aber er erinnert sich ohnehin nur noch an Bruchstücke, wirre Bilder ohne jeden Zusammenhang. Als ihm das Kinkhorn wieder einfällt, das er für Hannah aus dem Sand gegraben hat, um es ihr zu schenken, zieht er grinsend den Schuhkarton unter seinem Bett hervor. Sein Museum! In dem er seit Jahren schon alles sammelt, was ihm wichtig erscheint. Lauter Sachen, mit denen außer ihm kaum jemand etwas anfangen könnte, aber für ihn haben sie eine Bedeutung und nur darum geht es. Ein paar alte Fotos von seinen Eltern, die er heimlich aus dem Album genommen hat, aus der Zeit, als sie ungefähr so alt waren wie er jetzt. Auch das Selbstauslöserbild, von dem ein Abzug bei Hannah an der Wand hängt, ist in dem Karton – Hannah und er mit Karlotta auf der Sandbank am Fluss. Außerdem ein kleines Blechschild mit der Aufschrift »Vorsicht, frisch gebohnert!«, das er im Hausflur bei seiner Oma abgeschraubt hat. Die Autoschlüssel von ihrem alten Opel, mit dem sie früher in den Ferien immer in die Berge oder ans Meer gefahren sind. Der erste Schnuller von Karlotta, ihr erstes Sandauto, für das sie am Strand brüchige Straßendämme gebaut und lange Tunnel gegraben haben. Hundert andere Sachen noch, und das Kinkhorn, das er gesucht hat. Ganz kurz hält er es sich ans Ohr, dann schiebt er es in die Tasche seiner Jeans, um es Hannah zu schenken, wenn sie sich das nächste Mal sehen. Nicht nur im Traum, sondern in Wirklichkeit.
    Er geht pinkeln und Zähne putzen, und als er in die Küche kommt, sitzen sein Vater und Karlotta beim Frühstück. Karlotta hat ein Kissen im Rücken und ist so weiß wie die Wand hinter ihr, aber sie hat ein Marmeladenbrötchen vor sich und kaut mit vollen Backen.
    Sein Vater nickt ihm zu. »Setz dich. Du kommst gerade richtig, ich hab Rühreier gemacht, mit Pilzen, Tomaten und frischem Schnittlauch.« Er steht auf und holt einen Teller für Lukas.
    Â»Ist Mutti noch im Bett?«, fragt Lukas, während er einen Schluck Kakao aus dem Glas seiner Schwester trinkt.
    Â»He!«, beschwert sich Karlotta, Brötchenkrümel spuckend. »Das ist meiner!«
    Â»Ich bin dein großer Bruder«, erwidert Lukas grinsend. »Ich darf das.«
    Karlotta streckt ihm ihre Marmeladenzunge raus. Aber sie lacht dabei.
    Sein Vater schiebt ihm einen vollen Teller hin.
    Im Radio läuft irgendein Rocksong, den Lukas kennt. Irgendwas Altes, eher aus der Zeit seiner Eltern, aber trotzdem gut. Als er den Refrain hört, lächelt er unwillkürlich und fühlt nach dem Kinkhorn in seiner Hosentasche: »Last thing before I’m drifting off, is thinking of you, first thing when I wake up, is thinking of you …«
    Â»Geht’s dir gut?«, fragt Karlotta und verdreht die Augen, als Lukas halblaut mitsingt.
    Â»Yep«, sagt Lukas und schiebt sich die erste Gabel mit Rührei in den Mund. Er hat richtig Hunger, und es kommt ihm vor, als hätte er seit Ewigkeiten nichts zu essen gekriegt. »Lecker«, sagt er mit vollem Mund, »danke!«
    Erst als sein Vater jetzt etwas über Sabine sagt, fällt ihm wieder ein, dass er ja nach seiner Mutter gefragt und noch keine Antwort bekommen hatte. Und dass es sich eigentlich nicht richtig anfühlt, gut drauf zu sein …
    Â»Sabine ist schon weg«, sagt sein Vater. »Sie hat sich nur einen Kaffee gemacht und ist los.«
    Â»Und wohin?«, fragt Lukas irritiert.
    Â»Irgendein Treffen mit den …« Er blickt schnell zu Karlotta, die gerade voll damit beschäftigt ist, sich eine dicke Schicht Nutella auf die zweite Brötchenhälfte zu schmieren. »Wegen dem Anruf heute Nacht«, setzt Lukas’ Vater leise hinzu und schüttelt den Kopf, damit Lukas nicht weiter nachfragt, solange Karlotta dabei ist. »Also«, sagt er dann und will eindeutig das Thema wechseln. »Was machen wir heute? Irgendeinen Plan?«
    Aber im gleichen Moment sieht Karlotta hoch und sagt zu Lukas: »Leonie ist heute Nacht gestorben, darum geht es. Deshalb ist Mama weg, um Leonies Mama zu trösten.«
    Â»Woher weißt du das?«, fragt Lukas’ Vater irritiert. »Wir haben doch gar nichts …«
    Â»Ich bin zwar krank«, erklärt Karlotta, »aber nicht blöd. Und meine Ohren funktionieren voll gut!«
    Lukas schenkt sich schnell einen Becher Kaffee aus der

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