Stolz der Kriegerin
war, platzte ihr der Kragen, und sie presste ihm die scharfe Kralle ihres rechten Zeigefingers so fest gegen die Kehle, dass ein rotes Rinnsal seinen Hals herablief.
»Noch ein Wort, mein Freund, und du wirst in diesem Leben nie wieder sprechen können!«
Nun hielt der Kerl den Mund. Dafür aber klang auf dem Flur Lärm auf. Mehrere Bewaffnete stürmten in den Raum. Ihnen folgte Fürst Tobolar, der nun keine stattliche Robe mehr trug wie beim Bankett, sondern in einem schwarzen Nachthemd steckte und Pantoffeln an den Füßen hatte.
»Was ist hier los?«, rief er aus.
Laisa spürte seine ehrliche Bestürzung und strich in Gedanken seinen Namen von der Liste der Verdächtigen. Als Nächste erschien eine ältere Frau in einem weiten, blauen Rock und mit blauen Pailletten besetzten engen Mieder, die Wortfetzen nach, die zu Laisa drangen, Fürstin Alatna sein musste.
Diese funkelte den verhinderten Meuchelmörder zornig an. »Bist du übergeschnappt, in das Schlafgemach eines Gastes des hochgeehrten Fürsten Tobolar einzudringen?«
»Er wollte nicht nur eindringen, sondern Prinzessin Elanah umbringen«, erklärte Laisa und wandte sich dann an den Fürsten. »Vorsicht, der Kerl beherrscht die Gabe der Levitation. Wenn man verhindern will, dass er sich befreit, muss man ihn mit Silberfesseln binden oder in eiserne Handschellen schlagen, die zusammengenietet und nicht geschraubt werden müssen. Ich traue dem Burschen zu, die Muttern zu lösen.«
Tobolar nahm ihren Rat mit einer Miene entgegen, die Laisa zeigte, dass er den reichlich genossenen Wein noch immer nicht verkraftet hatte.
Da er keine Worte fand, begann die Blaue zu zetern. »Der Mann gehört zu meinen Leuten! Laut den Abmachungen, die wir mit den schwarzen Fürsten hier am Strom getroffen haben, werden unsere Leute von uns selbst gerichtet. Ihr werdet mir daher diesen Narren übergeben.«
Alatna gab zweien ihrer Leute, die ihr gefolgt waren, einen Wink. Die Männer traten vor und wollten den Gefangenen packen.
In dem Augenblick stieß Laisa ein warnendes Fauchen aus. »Zurück! Der Kerl ist mein Gefangener, und ich habe keine Abmachung mit euch getroffen. Ich werde den Burschen selbst verhören, und ich schwöre euch, ich bekomme heraus, wer hinter diesem Anschlag steckt!«
Mit einem aufgebrachten Schnauben drehte Alatna sich zu dem Fürsten um. »Das könnt Ihr nicht zulassen, Tobolar! Dies ist Eure Stadt, und hier muss Euer Wort gelten.«
Der Fürst versuchte, seinem alkoholvernebelten Kopf ein paar klare Gedanken zu entringen, und nickte schließlich. »Fürstin Alatna hat recht. Diese Abmachung habe ich mit ihr getroffen. Also muss der Gefangene ihr übergeben werden.«
Laisa überlegte, ob sie jetzt rabiat werden oder sich lieber auf ihre Findigkeit verlassen sollte. »Du sagst, du hättest den blauen Flüchtlingen, die in deinem Fürstentum leben, gestattet, über ihre Mitglieder nach eigenem Recht zu urteilen?«
»So ist es«, rief Alatna, und Tobolar bestätigte es.
Um Laisas Lippen spielte ein Grinsen. »Hat auch Arendhar von T’wool ein solches Abkommen mit dir geschlossen?«, fragte sie Alatna.
Diese schüttelte den Kopf. »Nein! Es leben zwar einige blaue Flüchtlinge in T’wool, aber über die wird nach t’woolischem Recht gerichtet. Doch hier sind wir nicht in T’wool.«
»Die Prinzessin ist König Arendhars Gast und steht unter seinem Schutz. Dieser Schutz galt von dem Augenblick an, an dem Elanah das östliche Ufer des Großen Stromes betreten hat. Fürst Tobolar hat sich diesem Spruch gefügt. Damit aber ist jeder, der die Prinzessin bedroht, ein Feind T’wools und wer ihn der t’woolischen Gerichtsbarkeit entziehen will, sein Komplize!«
»Das sind doch alles nur Spitzfindigkeiten!«, rief Alatna empört.
»Holt Baron Kedellen und seinen Priester und fragt sie, wie sie die Sache sehen«, antwortete Laisa gelassen.
Sie glaubte, die T’wooler gut genug zu kennen, um zu wissen, dass diese sich niemals Tobolars Willen oder gar dem einer Blauen wie Alatna beugen würden. Der Gefangene musste in ihren Händen bleiben. Wenn es ihr nicht gelang, ihm seine Geheimnisse zu entreißen, würde Tharon es tun. Es galt nur zu verhindern, dass der Kerl vorher starb, sei es durch Gift wie Tharalins Leute oder durch einen magischen Befehl wie jener Kneipenwirt in T’woollion, bei dem die entführte Prinzessin aus Zhirivh versteckt gewesen war.
Die Umstehenden begriffen ihre Absicht, und während Tobolar nur hilflos zu Boden schaute,
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