Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
wieder auf ihr Zimmer schicken würde, dann wurde er enttäuscht. Stolz leuchtete aus dem Gesicht des alten Mannes, und er schien zum Glück nicht zu bemerken, was für einen verführerischen Leckerbissen sie darstellte.
Sie begrüßte ihren Vater mit einem Kuss auf die Wange und flüsterte ihm etwas ins Ohr – dem zerknirschten Gesichtsausdruck nach zu schließen, vermutete Jamie, dass es eine Entschuldigung für ihr Zuspätkommen war. Ihr Vater gab ein paar strenge Worte zurück, aber bei den ersten Anzeichen von Traurigkeit ließ er sich erweichen, so als könne er es nicht ertragen, sie unglücklich zu sehen.
»Sie ist sehr schön, nicht wahr?«
Bei Megs Tonfall, in dem eine gesunde Portion Belustigung mitschwang, runzelte Jamie die Stirn. »Ja. Aber jung.«
»Nicht zu jung.«
Er wollte die Dinge gerade richtigstellen – nämlich, dass er kein Interesse an dem Mädchen hatte – als ihm sein Plan wieder einfiel. »Vielleicht.«
Das Geständnis überraschte Meg, und sie zog in einer stummen Frage die Augenbraue hoch.
Er zog es vor, nicht zu antworten, und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Caitrina, die gerade einige andere Männer an der Tafel begrüßte. Obwohl es keine erhöhte Estrade
gab, hatten die Lamonts eine Hohe Tafel für die Gäste von höherem Rang reserviert – die Chiefs oder Chieftains der Clans.
Auch wenn alle Fehden für die Dauer der Spiele ruhten, konnte man viel über die gegenwärtigen Feindseligkeiten aus der Sitzordnung erfahren. Auf der einen Seite des Lamont saßen MacDonald und Mackenzie und auf der anderen MacLeod, Mackinnon und Maclean of Coll. Jamie erkannte auch ein paar Murrays, McNeils, MacAllisters und Grahams im Saal. Durch Abwesenheit glänzten allerdings die geächteten MacGregors.
Jamie wusste, auch wenn seine Vermutung zutraf, würde der dreiste Alasdair MacGregor nicht so töricht sein und das Risiko eingehen, an den Spielen teilzunehmen – nicht nach seinem knappen Entkommen vor zwei Jahren.
Caitrina hatte ihn noch nicht zur Kenntnis genommen und mied eindeutig seinen Blick, doch als sie damit fertig war, die anderen Gäste zu begrüßen, und zurückkam, um ihren Platz neben ihm einzunehmen, konnte sie ihm nicht länger aus dem Weg gehen. Bis ihr Vater sie einander vorstellte, hatte er es geschafft, seinen Ärger unter Kontrolle zu bringen.
»James Campbell, meine Tochter Caitrina.«
An ihrer Reaktion – oder besser gesagt dem Mangel daran – erkannte er, dass seine Identität keine Überraschung für sie war. Hatte sie sich nach ihm erkundigt? Der Gedanke erfreute ihn mehr, als er sollte. Mit einer Verbeugung nahm er ihre Hand, und ihre Finger fühlten sich so zart und weich in seinen großen, schwieligen Händen an. »Mistress Lamont.«
Ihr Lächeln hätte einen Loch im Hochsommer zufrieren lassen können. »Mylaird.«
Verärgert warf ihr Vater ihr einen tadelnden Blick zu, offensichtlich um sie an ihre Pflicht zu erinnern, eine gute Gastgeberin zu sein.
»Ich entschuldige mich für die Verspätung«, presste sie hervor, als hätte sie rostige Nägel im Mund.
Bewundernd ließ er den Blick über sie schweifen. »Eine Schönheit wie die Eure ist jedes Warten wert.« Doch sie ignorierte sein Kompliment, setzte sich und bot ihm nichts anderes als einen hervorragenden Blick auf ihren Hinterkopf, als sie sich umwandte und mit ihrem Vater sprach.
Ihre Reaktion faszinierte ihn. Die meisten schönen Frauen, die er beobachtet hatte, schienen Komplimente zu erwarten und als ihr gutes Recht zu betrachten, aber Caitrina gab ihm das Gefühl, gerade einen ungeschriebenen Test nicht bestanden zu haben.
Sie ging keine direkte Unterhaltung mit ihm ein, sondern antwortete ihrem Vater, ihrem Bruder Malcolm oder Meg, wenn es nötig war. Die meiste Zeit verbrachte sie allerdings damit, den unablässigen Strom von Bewunderern abzuwehren, die während des ganzen Mahls unter dem einen oder anderen Vorwand vor ihr erschienen.
Wenn Jamie gehofft hatte, etwas für seinen Auftrag Interessantes zu hören, dann wurde er enttäuscht. Sobald das Gespräch an der Tafel sich Politik, Fehden oder Gesetzlosen zuwandte, rümpfte sie die Nase und ein äußerst gelangweilter Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Einmal entstand neben ihr eine interessante – wenn auch hitzige – Debatte zwischen ihrem Vater, ihrem Bruder Malcolm und einem Chieftain der Mackenzie über die Flut von Überfällen in Argyll und was dagegen getan wurde. Jamie hörte mit wachsendem Interesse zu,
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