Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
kühlen Empfangs amüsierte er sich. Die Dudelsackpfeifer des Lamont erfüllten den Saal mit Musik, das Essen war reichlich und schmackhaft zubereitet, und das Ale floss in Strömen. Nur eine einzige Sache fehlte: Es war noch immer keine Spur von der Tochter des Lamont zu sehen.
Ein reumütiges Lächeln umspielte seinen Mund. Es würde ihn nicht wundern, wenn der gerissene Chief sie heimlich hatte fortbringen lassen, um sie vor seinen Klauen zu schützen. Teufel, Jamie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Caitrina Lamont war ein Juwel, das jeder Mann besitzen wollte.
Obwohl die Lady der Burg durch Abwesenheit glänzte, musste er Lamont für seine Qualitäten als Gastgeber bewundern. Der Chief hatte seinen unerwarteten Gast neben die einzige Person im ganzen Saal gesetzt, die aller Wahrscheinlichkeit nach nichts dagegen hatte, neben ihm zu sitzen: Margaret MacLeod. Margaret – Meg – war eine der engsten Freundinnen von Jamies Schwester Elizabeth.
Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Jamie Meg zu seiner Frau machen wollen. Doch sie hatte sich entschieden, stattdessen
Alex MacLeod zu heiraten – den Bruder von Chief Rory MacLeod. Obwohl Jamie damals wütend gewesen war, wusste er nun nach beinahe drei Jahren Abstand, dass sie recht gehabt hatte. Er hatte Meg geliebt, so gut es ihm möglich gewesen war, und er empfand genug für sie, um zu wissen, dass sie mehr verdiente.
»Ich bin so froh darüber, dass du hier bist, Jamie«, wiederholte Meg mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. »Wir bekommen dich so selten zu Gesicht.«
Jamie wies mit einem Kopfnicken auf ihren Ehemann, der weiter unten an der Tafel saß und in ein Gespräch mit dem Maclean of Coll vertieft war, dem Ehemann von Alex’ Halbschwester Flora – die zufällig auch Jamies Cousine war. Flora war hochschwanger und konnte deshalb nicht reisen, also war ihr Ehemann, mit dem sie seit knapp einem Jahr verheiratet war, alleine gekommen.
»Ich glaube nicht, dass dein Mann genauso denkt«, meinte er.
Alex und Rory MacLeod hatten Jamie freundlich, aber zurückhaltend begrüßt. Nicht, dass ihn das sonderlich überraschte. In den drei Jahren, seit Jamie neben Alex in der Schlacht von Stornoway Castle gekämpft hatte, hatten sich Jamies Interessen und die seiner ehemaligen Freunde aus Kindertagen beinahe bis zum Zerwürfnis auseinanderentwickelt. Obwohl sie dem Earl of Argyll durch ein Lehensbündnis verpflichtet waren – einem Vertrag, der Clans wie in einem Familienverhältnis miteinander verband, indem er ihnen Schutz im Gegenzug gegen Lehensabgaben bot –, hingen Alex und Rory immer noch der Vergangenheit an und verabscheuten die wachsende Autorität des Königs in den Highlands. Sie hatten Mitgefühl mit den MacGregors und missbilligten Jamies Anteil an deren Unterdrückung. Andererseits waren die MacLeods ebenso wie die Lamonts nie Opfer der plündernden und brandschatzenden MacGregors geworden.
Jamie vermisste die ungezwungene Kameradschaft, die ihn in seiner Jugend mit den MacLeods verbunden hatte, aber ihm war ebenfalls klar, dass solche Freundschaften der Vergangenheit angehörten. Auch wenn sie sich gegenseitig noch respektierten, je größer Jamies Verantwortung und Einfluss wurden, umso komplizierter wurden seine Freundschaften. Er arbeitete alleine; so war es einfacher.
Meg zog die Nase kraus. »Kümmere dich nicht um Alex. Er hat nicht vergessen, was du für ihn getan hast«, sagte sie voller Wärme und drückte sanft seinen Arm. »Und ich auch nicht.«
Jamie nahm die unausgesprochene Dankbarkeit mit einem Nicken an. Nach dem Sieg der MacLeods bei Stornoway gegen die Männer des Königs hatte Jamie seinen Einfluss bei Argyll geltend gemacht, um zu verhindern, dass Alex geächtet und des Hochverrats angeklagt wurde.
»Bist du glücklich, Meg?«
Sofort flog ihr Blick die Tafel entlang zu ihrem Ehemann, und der weiche Ausdruck auf ihrem Gesicht sagte alles. Er hatte Meg schon immer für hübsch gehalten, aber wenn sie ihren Mann ansah, dann hob sie sich über schlichte körperliche Schönheit hinaus. Alex MacLeod war ein Glückspilz.
»Ja«, antwortete sie. »Ich war noch nie so glücklich.«
»Das freut mich für dich«, sagte er und meinte es auch so.
»Und was ist mit dir, Jamie? Bist du glücklich?«
Die Frage traf ihn unvorbereitet. Glück war etwas, worüber er nicht nachdachte. Als drittjüngster Sohn trieben ihn andere Überlegungen an. Und Glück – eine für Frauen typische Empfindung – war keine davon.
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