Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
widersetzten, gnadenlos verfolgte. Dass jeder Mann, der sich ihm in den Weg stellte, ein toter Mann war. Dass er in den Highlands über mehr Macht verfügte als der König selbst, denn er war das Ohr von ›König Campbell‹ – dem Earl of Argyll.
Und doch war er völlig anders als das Monster, das sie erwartet hatte. Er wirkte so … zivilisiert. Nicht wie ein unbarmherziges, blutrünstiges Ungeheuer, sondern wie ein Mann, der aussah, als wäre er bei Hofe ebenso gebieterisch wie auf dem Schlachtfeld. Seine ruhige Autorität schien nicht
zu dem gnadenlosen Ruf zu passen. Obwohl sie nicht daran zweifelte, dass er ein beeindruckender Krieger war – schon allein sein Körperbau war dafür Beweis genug –, war an ihm viel mehr als nur Muskeln.
Doch wie ihr schon von Anfang an aufgefallen war, hatte er etwas Hartes – beinahe Unbarmherziges – an sich. Noch nie war sie einem Mann begegnet, der so beherrscht war, der sich niemals anmerken ließ, was er dachte.
Mehr als nur einmal an diesem Abend hatte sie seinen unerschütterlichen Blick auf sich gespürt – kühl, ruhig und völlig unergründlich. Sie dagegen war das reinste Nervenbündel. Ihn zu ignorieren erwies sich als unmöglich, denn sie war sich jeder seiner Bewegungen nur zu deutlich bewusst. Sie hätten genauso gut aneinandergekettet sein können, so intensiv konnte sie ihn fühlen.
Er brachte sie völlig durcheinander. Gern hätte sie es als bloße Angst abgetan, aber die Wahrheit war noch viel beunruhigender: Sie fühlte sich von dem abscheulichen Kerl angezogen. Er sah so gut aus, dass es ihr den Atem raubte. Von all den Männern in den Highlands, von denen sie sich angezogen fühlen konnte, musste es ausgerechnet ein Campbell sein. Das Ganze entbehrte nicht einer gewissen Ironie, doch sie war zu verwirrt, um sie zu erkennen. Sie hatte keine Ahnung, was sie dagegen tun sollte, außer zu versuchen, ihm so gut sie konnte aus dem Weg zu gehen.
Caitrina war den ganzen Vormittag damit beschäftigt, ihren Pflichten als Gastgeberin nachzukommen, aber nach dem Mittagsmahl ergriff sie dankbar die Gelegenheit, sich für eine Weile in die Stallungen zu flüchten, bis die Spiele am Nachmittag fortgesetzt werden würden. Dort war es kühl, und die intensiven, erdigen Gerüche wirkten seltsam beruhigend. Sie zog eine Bank aus einer der Boxen, um sich darauf zu setzen, und hob das Kätzchen hoch, das am Vortag so viele Probleme ausgelöst hatte.
Zufrieden seufzte Caitrina auf, streichelte das weiche Fell, während die Katze sich schnurrend an ihre Hand schmiegte, und genoss den friedlichen Augenblick. Normalerweise würde sie sich an den Loch setzen, aber da sich wegen der Spiele überall so viele Menschen tummelten, waren die Stallungen der einzige Ort, wo sie ein wenig allein sein konnte.
Zumindest hatte sie das geglaubt.
»Hier seid Ihr!«
Sie unterdrückte ein Stöhnen und drehte sich zu Torquil MacNeil um, einem ihrer hartnäckigeren Verehrer. Wenn sie geneigt wäre, sich einen Mann nur nach seinem anziehenden Äußeren auszusuchen, dann wäre der junge Laird die perfekte Wahl. Er war groß und schlank, mit dunkelblondem Haar und strahlend grünen Augen. Obwohl er nicht viel älter als sie war, hatte er sich bereits einen Namen als geschickter Krieger gemacht. Sie könnte es weitaus schlechter treffen, wenn sie auf der Suche nach einem Ehemann wäre.
Caitrina rief sich ihre Pflichten als Gastgeberin in Erinnerung und rang sich ein Lächeln ab. »Wünscht Ihr etwas, Mylaird?«
Er ließ den Blick über sie schweifen. An der Geste war nichts offen Bedrohliches, doch trotzdem begann sie, sich unwohl zu fühlen. Es war keine Bewunderung, die sie in seinen Augen entdeckte, sondern Besitzgier.
»Ich wollte mit Euch sprechen. Gestern Abend auf dem Fest war es so überfüllt und laut, dass ich nicht die Gelegenheit dazu hatte.«
Caitrina setzte das Kätzchen ab, stand auf und schüttelte die Röcke aus. Die Richtung, die diese Unterhaltung nahm, behagte ihr nicht. Normalerweise bemühte sie sich nach Kräften, dass sich solche Gelegenheiten zu einer Unterhaltung unter vier Augen nicht ergaben – es war einfacher so. Die Hälfte der Männer, die sie zurückwies, bemerkte es nicht einmal. Doch sie spürte, dass MacNeil sich nicht so leicht abwimmeln
lassen würde. Er hatte einen Zug jugendlicher Arroganz an sich, der von Sturheit zeugte.
»Ich beabsichtige, mit Eurem Vater zu sprechen«, sagte er, als biete er einem Hund einen fleischigen Knochen
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