Stolz und Verfuehrung
Hauptbücher, nichts, woran sie hätte erkennen können, bei welchen Lieferanten Juggs vorzugsweise eingekauft hatte.
Es war ihr ein Rätsel, wie das Gasthaus in der zurückliegenden Zeit hatte geführt werden können. Aber sie hatte es auf den nächsten Tag verschoben, den Schleier dieses Geheimnisses zu lüften. Heute Abend war sie damit zufrieden, sich die gegenwärtigen Gäste des Hauses anzusehen.
Vor dem Eingang zum Büro blieb sie stehen, verdeckt von den dunklen Schatten im Flur, ließ den Blick noch einmal über die trinkenden Männer schweifen. In Gedanken fertigte sie eine Liste mit Speisen an, für die solche Männer bezahlen würden, und grübelte darüber nach, wie viele dieser Männer wohl verheiratet waren und ob ihre Frauen in Versuchung geführt werden konnten, ein sauberes und gut geführtes Gasthaus zu besuchen.
Pflichteifrig fügte sie ihrer Einkaufsliste einen großen Topf Bienenwachs hinzu, vorzugsweise mit Lavendel oder Limone parfümiert.
Em beobachtete gerade zwei der sitzenden Männer, als sie jemanden hinter sich spürte - und gleichzeitig merkte sie, wie ihr ein seltsames Prickeln über den Rücken lief.
»Hector Crabbe. Er wohnt in einem kleinen Haus im Süden des Dorfes.«
Em erkannte die tiefe Stimme auf Anhieb, obwohl sie nur ein verführerisches leises Flüstern an ihrem Ohr war. Aus purem Stolz verschränkte sie die Arme fest vor der Brust, als wolle sie den Impuls, heftig herumzuwirbeln, körperlich unterdrücken. Angestrengt kämpfte sie darum, ihre Stimme entspannt klingen zu lassen. »Welcher von ihnen ist Crabbe?«
Es folgte ein Moment des Schweigens. Zweifellos wollte er ihr die Gelegenheit geben, seine Anwesenheit gebührend wahrzunehmen. »Der mit dem Bart«, fuhr er fort, als sie sich nicht rührte.
»Ist er verheiratet?«
»Ich glaube schon.« Em konnte förmlich hören, wie er mit sich rang, bevor er seine Frage stellte: »Warum wollen Sie das wissen?«
»Weil«, getrieben von einem unerklärlichen Zwang warf sie einen Blick über die Schulter, »ich mich gefragt habe, ob ich Mrs Crabbe und andere wie sie möglicherweise ins Gasthaus locken kann, um die große Stube als ihren dörflichen Versammlungsort zu nutzen, wenn man es so ausdrücken will.«
Em drehte sich wieder zur Gaststube und gab ihr Bestes, um ihrem plötzlich heftig pochenden Puls keinerlei Beachtung mehr zu schenken. Aus der Nähe schimmerten seine Augen selbst in der Dunkelheit noch tiefgründig und verführerisch. »Wissen Sie zufällig, wo die Frauen sich gegenwärtig zum Unterhalten treffen?«
Diesmal spürte sie verhaltenes Interesse in seiner Stimme, als er antwortete. »Ich hatte keine Ahnung, dass sie es überhaupt tun.«
Sie lächelte und blickte wieder über die Schulter nach hinten. »Umso besser für uns.«
Jonas fing ihren Blick auf, und wieder spürte er die Kraft ihres umwerfenden Lächelns.
Er war sich nicht sicher, ob er Enttäuschung oder Erleichterung empfand, als sie sich wieder in Richtung Gaststube drehte, nachdem sie seinen Blick ein paar Sekunden lang festgehalten hatte.
»Wer ist der Mann, mit dem Crabbe sich unterhält?«
Er erklärte es ihr. Gast für Gast erkundigte sie sich, wie die Menschen hießen, wo sie wohnten und nach dem Familienstand. Erstaunt und auch ein wenig aus der Fassung gebracht, nahm er zur Kenntnis, dass es ihr mit Leichtigkeit gelang, die Anziehungskraft zwischen ihnen zwar nicht zu leugnen, aber doch beiseitezuschieben. Wenn er nicht gespürt hätte, wie ihr anfangs der Atem stockte, hätte er sich gefragt, ob sie sie überhaupt wahrgenommen hatte. Denn er hatte nicht bemerkt, wie fest sie ihre Ellbogen umklammerte, als würde diese Geste ihr Sicherheit geben.
Ein Impuls, den er hätte verstehen können. Jonas stand so nah bei ihr, so dicht im schattigen Dämmerlicht, dass er den Duft einatmen konnte, der von ihrer Haut und aus ihrem Haar aufstieg, und fühlte sich selbst ein wenig schwindlig.
Was ... ungewöhnlich war. Noch nie war er einer Frau begegnet, geschweige denn einer Lady, die seine Aufmerksamkeit und sein Interesse so mühelos gefesselt hatte.
Ja, mühelos war das treffende Wort. Dabei war ihm vollkommen klar, dass sie gar nicht beabsichtigt hatte, es noch immer nicht beabsichtigte, ihn innerlich zu berühren.
Ihn an sich zu ziehen und zu fesseln.
Der Himmel wusste, dass sie in diesem Augenblick alles Mögliche im Schilde führen mochte, nur eines nicht: ihn zu ermutigen.
Nun, wenn sie stur genug war, die Spannung zwischen
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