Stolzes Herz und heiße Küsse (German Edition)
einmal dann, wenn der Ruf irgendeines närrischen jungen Dings davon abhing.
Genauso wenig sollte die vornehme Gesellschaft erfahren, dass er eine Frau angeschossen hatte. Es war schon schlimm genug, dass er selbst es wusste. Zum Teufel mit ihr, dass sie ihn in diese schändliche Lage gebracht hatte!
Er zog am Klingelzug und trat rasch hinaus auf den Flur. Sofort tauchte ein Lakai auf, makellos gekleidet in die grün-schwarze Livree des Dukes.
„Holen Sie Mrs. Burroughs“, wies er ihn an.
Der junge Mann machte große Augen, doch er verbeugte sich nur und eilte davon.
Im Haushalt des Dukes war es üblich, dass die Diener, die tagsüber arbeiteten, nachts nicht mehr herangezogen wurden. Das galt vor allem für die Haushälterin und den Butler, die, wie er wusste, vierzehn bis sechzehn Stunden täglich schufteten. Nie zuvor hatte er Mrs. Burroughs aus dem Bett zitiert. Er hatte auch nicht die Absicht, es je wieder zu tun.
Er trat wieder ins Krankenzimmer. Mrs. Burroughs würde anklopfen, und er wollte nicht, dass irgendjemand sonst ihre Unterhaltung mithörte.
Juliet Smythe-Clyde sah immer noch nicht besser aus. Hobsons Sorgenfalten waren noch tiefer geworden.„Ferguson weiß schon, was er tut“, murmelte der Butler, wie um sich selbst zu beruhigen.
„Wenn nicht, stecken wir in Schwierigkeiten“, meinte Brabourne. „Ich habe nicht vor, auf den Kontinent zu fliehen. Und niemand soll erfahren, wo Ihre Herrin sich aufhält.“
Ein diskretes Klopfen hinderte den Butler daran auszusprechen, was immer ihm auf der Zunge lag. Stattdessen wandte er sich wieder seinem Schützling zu.
Brabourne trat an die Tür und fragte: „Mrs. Burroughs?“
„Jawohl, Sir.“
Er ließ sie ein und schloss rasch die Tür hinter ihr.
„Wir sind in Schwierigkeiten.“
Sie blickte von ihm zum Bett, hob die eisengrauen Augenbrauen, bis sich ihre Stirn in ein Dutzend Fältchen legte, und spitzte die Lippen, erst bestürzt, dann missbilligend. „Das scheint mir auch so, Euer Gnaden .“ Die Betonung, die sie auf den Titel legte, verriet ihm deutlicher als alle Worte, wie bedauerlich, ja schockierend sie die Situation fand.
Er sah auf die alte Frau, die vor über zweiunddreißig Jahren in die Dienste seines Vaters getreten war. Sie war seine Kinderfrau gewesen. Als er den Titel geerbt hatte, hatte er die Haushälterin seiner Eltern in Pension geschickt und Mrs. Burroughs eingesetzt. Sie hätte sich niemals mit dem Altenteil anfreunden können.
„Sie sind die Einzige, der ich dies anvertrauen kann. Wir müssen sie pflegen, bis sie wieder reisefähig ist. Und niemand darf etwas erfahren.“
Die Haushälterin schnaubte. „Ich will doch meinen, dass man meinem Mann vertrauen kann, Sir. Wenn wir das Mädchen hier rund um die Uhr versorgen wollen, sind wir drei nicht genug. Ich hab schließlich noch den Haushalt zu führen, dieser Herr hier hat bestimmt auch seine Pflichten, und Sie müssen sich gewiss in ganz London herumtreiben.“
Die Missbilligung, mit der sie seine Aktivitäten beschrieb, wurde von einem warmen Blick abgemildert. Ihr gefiel das Leben nicht, das er führte, aber sie hatte ihn gern.
Hobson, der erkannt hatte, dass Mrs. Burroughs einen vernünftigen Kopf auf den Schultern hatte, rückte näher. „Ich bin der Butler von Miss Juliets Vater und kann nicht oft weg.“
Wissend blickte sie von Hobson auf das Mädchen. „Ein Geheimnis. Nun ja, Seine Gnaden sitzt ja gern in der Klemme.“
Ferguson, der soeben aus den Ställen zurückkehrte, ersparte Brabourne jeden Kommentar. Manchmal bedauerte er es, dass er seine Kinderfrau zur Haushälterin ernannt hatte.
Ferguson machte sich daran, den Wickel anzulegen.
Am nächsten Nachmittag setzte Brabourne sich hin, um zu frühstücken. Bald würde er bei der Patientin seinen Posten beziehen. Ferguson war ins Haus der Smythe-Clydes zurückgekehrt, nachdem er den Verband gewechselt hatte. Hobson war geblieben, bis Mrs. Burroughs am späten Vormittag ein paar Stunden erübrigen konnte, Burroughs immer wieder aufgetaucht. Aus den verstohlenen Blicken, die ihm der Mann zuwarf, schloss er, dass die Dienerschaft sich fragte, was wohl im Schwange war.
„Euer Gnaden.“ Ein Lakai reichte ihm mit einer Verbeugung ein Silbertablett, auf dem eine weiße Visitenkarte lag, deren eine Ecke umgeknickt war.
Brabourne nahm sie auf und las den Namen Harold Jacob Smythe-Clyde – der Bruder seines Gastes. „Ich bin nicht zu Hause.“
„Sehr wohl, Sir.“
Ein paar Minuten später
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