Stone Girl
Sethies Mund und Kehle füllten sich mit Rauch. Sie war sich nicht sicher, ob die Ruhe, die sie mit einem Mal verspürte, von dem Hasch kam, oder davon, dass sie die Bong richtig benutzt hatte.
Dann tat Shaw einen Zug. Sethie bewunderte seine fachmännische Art. Als er den Rauch eingesogen hatte, näherte er sich ihr und Sethie küsste ihn. Dabei dachte sie daran, wie sie sich zwei lange Tage nach seinen Küssen gesehnt hatte und nach dem, was danach folgte. Doch dieses Mal machte sie irgendetwas falsch. Mit geröteten Augen ließ Shaw von ihr ab.
»Sethie, du musst einatmen«, sagte er hustend, doch wenigstens schien er nicht ärgerlich. Er hatte ihr Rauch in den Mund geblasen. Also hatte er sie gar nicht geküsst. Sethie wünschte, sie hätte richtig reagiert. Vielleicht würde er es jetzt nicht noch einmal tun. Sie wollte eine zweite Chance.
Shaw stellte die Bong zur Seite und legte sich auf den Rücken. Sethie zögerte, dann legte sie sich neben ihn, doch ohne ihn zu berühren. Sie fand es seltsam, dass er sie zwei Tage lang nicht geküsst hatte. Vielleicht würde sie ihm irgendwie in Erinnerung rufen können, wie es eigentlich sein sollte. Deutlich fühlte sie die Distanz zwischen ihnen. Sie wartete darauf, dass Shaw die Arme nach ihr ausstreckte und ihr sagte, dass alles okay war.
Seine Hand wanderte zu ihrem Gesicht und dann zu ihren Armen hinunter, tiefer, drückte sie fest an sich, rubbelte ihr über den Rücken und zog ihre Beine über seine.
Es ist nicht real, bevor er mich nicht geküsst hat, dachte Sethie. Es zählt nur, wenn er mich küsst.
Sie griff nach ihm, fühlte sich ungeschickt, drehte ihr Gesicht zu ihm. Bitte küss mich, bitte. Seine Hände, die sich auf ihren Oberschenkeln unter ihrer Schuluniform immer so kalt anfühlten, tasteten nach der Rundung ihres Hinterteils. Er schaute sie nicht an, hatte sein Gesicht in einem Kissen vergraben. Ob er sie aufzog? Wusste er nicht, dass es nicht zählte, bis er sie geküsst hatte?
Plötzlich drehte er sich ruckartig um und gab ihr einen Kuss. Sethie fühlte, wie sie Erleichterung durchströmte, überall. Sie sank tiefer und rollte sich unter ihm zusammen. Seine Lippen waren wie immer kalt, seine Zunge glitt wie Eiswasser in ihren Mund. Kurz fragte sie sich, ob ihr wirklich nur wegen des Haschs so kalt war oder aufgrund der Tatsache, dass sie ausschließlich mit Shaw rauchte, dem Jungen, dessen Liebkosungen einen nicht wärmten, bei dem es völlig sinnlos war, sich an ihn zu schmiegen, um nicht länger vor Kälte zu zittern. Der Junge, der Eiswürfel in ihren Mund küsste, bis sie sie schluckte und sich die Kälte in ihrem Bauch ausbreitete. Es interessierte sie nicht, ob ihr jemals wieder warm sein würde. Sethie wusste, dass niemand mit seiner Highschool-Liebe zusammenblieb, schon gar nicht in New York. Gleichzeitig konnte sie sich nicht vorstellen, jemals wieder mit einem anderen zusammen zu sein als mit Shaw. Würde irgendjemand sonst ihren Körper so kennen, wissen, wie er seinen Schenkel zwischen ihre Beine legen musste, und ihr mit einer Hand über den Kopf streichen und mit der anderen ihren Po umfassen? Vor Shaw hatte sie nicht mal gewusst, dass es ihr gefiel, an all diesen Stellen gleichzeitig berührt zu werden. Sie wollte, dass seine Küsse nie aufhörten.
Aber natürlich musste er irgendwann aufhören. Jane würde sie bereits erwarten.
Und da sitzen sie nun, in Janes Küche, und die Küsse, die nie aufhören sollen, sind das Einzige, an das Sethie denken kann. Das, und die Tatsache, dass seine Küsse ihr immer noch sicher sind, dass das, was zwischen ihnen besteht, nicht vorbei ist. Es wird noch mehr Küsse, mehr Arme und mehr Beine geben. Die Art, mit der er ihren Nacken und ihr Ohr küsst, ohne sie zu kitzeln. Als Shaw sie zum ersten Mal geküsst hat, stand er erst hinter ihr und strich ihr mit den Fingern über die Arme.
»Das kitzelt«, sagte sie kichernd.
»Das soll es aber nicht«, erwiderte er irritiert. Sethie fragte sich, was es sonst für eine Wirkung hätte haben sollen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits seit Monaten auf Shaw gewartet, genauer gesagt, seit Beginn des Junior-Jahres. Sethie kann sich nicht an eine Zeit erinnern, in der sie Shaw nicht gekannt hat. Ihre Wohnungen liegen nicht weit voneinander entfernt, und als sie noch klein waren, haben ihre Eltern sie in dieselbe Spielgruppe gesteckt. Er und sie waren jedoch nie miteinander befreundet, weder im Kleinkindalter noch in der Grundschule, wo Jungs und
Weitere Kostenlose Bücher