Stoner: Roman (German Edition)
er sich dort finden würde, in den vergilbenden Seiten; und doch, das wusste er, ein kleiner Teil von ihm, den er nicht leugnen konnte, war dort und würde es bleiben.
Er schlug das Buch auf, und als er es tat, war es nicht länger seins. Er ließ die Finger darin blättern und fühlte ein Kribbeln, als wären die Seiten lebendig. Das Kribbeln breitete sich von den Fingern aus und durchdrang Fleisch und Knochen; bis in alle Details war er sich dessen bewusst, während er darauf wartete, dass es ihn ganz umschloss, dass diealte Erregung, der Angst so ähnlich, ihn ebendort hielt, wo er lag. Das Sonnenlicht wanderte übers Fenster und fiel auf die Seiten, aber er konnte nicht lesen, was da geschrieben stand.
Die Finger lockerten den Griff, und das Buch, das sie gehalten hatten, rutschte langsam und dann immer rascher über den reglosen Leib und fiel in die Stille des Zimmers.
Informationen zum Buch
William Stoner, Anfang des 20. Jahrhunderts als Sohn armer Farmer geboren, sollte Agrarwissenschaften studieren, doch stattdessen entdeckte er seine Leidenschaft für Literatur und wurde schließlich Professor an einer Universität im Mittleren Westen der USA. John Williams erzählt die Geschichte eines, so scheint es, genügsamen Lebens, das wenig Spuren hinterließ – und in dem doch die großen Dinge ihren Widerhall fanden: Leidenschaft, Freundschaft, Ehe, Familie, Krieg, Liebe. Er durchmisst eine Zeit, ergründet einen Ort, vor allem aber taucht er ein in die Seele eines Mannes, dessen unbestechliche Geisteshaltung alles, was ihm widerfährt, einer inneren Prüfung unterzieht, bevor er sich auflehnt oder sich in das Gegebene, das Unausweichliche, fügt. Seine Sprache ist genau, sein Stil anmutig und einfach – ›Stoner‹ ist Entwicklungs-, Ehe-, Campus- und Gesellschaftsroman, und auch ein Roman über die Mühen des Lebens: über die harte, erbarmungslose Arbeit auf den Farmen, die Last einer zerstörerischen Ehe, den Versuch, dennoch mit geduldiger Einfühlung eine Tochter großzuziehen, die Herausforderung, oft teilnahmslosen Studenten Literatur nahebringen zu wollen. Vor allem aber ist ›Stoner‹ ein Roman über die Liebe. Über die Liebe zur Poesie und zur Literatur. Und über die Liebe zwischen Mann und Frau. Es ist ein Roman darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein.
›Stoner‹ war einer der großen vergessenen Romane der amerikanischen Literatur. Ein Buch, das Schriftsteller wie Leser seit seinem ersten Erscheinen 1967 fasziniert und tief berührt hat. Bis zu seiner Wiederentdeckung 2006 blieb es dennoch ein Geheimtipp. Seither wurde ›Stoner‹ in zahlreiche Sprachen übersetzt und zum Welterfolg.
Informationen zum Autor
John Edward William , geboren am 19. August 1922 in Texas, starb am 3. März 1994 in Fayetteville, Arkansas. Nach abgebrochenem Studium jobbte er zunächst als Rundfunk- und Zeitungsredakteur. Widerstrebend trat er 1942 dem Army Air Corps bei, zweieinhalb Jahre Stationierung in Indien und Burma folgten. Sein erster Roman, ›Nothing But The Night‹, entstand. – Williams nahm sein Studium später wieder auf. Er promovierte in Englischer Literatur an der University of Missouri, 1954 kehrte er nach Denver, wo er seinen Master gemacht hatte, als Dozent zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985. Er war viermal verheiratet. Sein Werk umfasst zwei Gedichtbände und drei weitere Romane, ›Butcher’s Crossing‹, ›Stoner‹ und ›Augustus‹ (National Book Award 1973). Seit seiner gefeierten Wiederveröffentlichung 2006 in den USA wurde ›Stoner‹ zu einem Welterfolg.
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