Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
Wohnzimmer auf dem Fußboden gelegen, als die leicht kratzige Stimme eines Mannes den Fernseher übertönte. Kimberly sprach mit ihm. Sein ungezwungenes, beinahe vertrauliches Verhalten legte den Schluss nahe, dass er ein Arbeiter oder zumindest einer der zukünftigen Arbeiter ihres Vaters war, sodass Jasmine sich nicht die Mühe machte aufzustehen.
Wo ist dein Daddy?
Bei der Arbeit .
Wann kommt er wieder zurück?
Erst später. Soll ich ihn anrufen?
Nein, ich kann ihn vom Auto aus anrufen .
Die Tatsache, dass er so tat, als würde er ihren Vater kennen, als hätte er Peters Telefonnummer, passte zum Alltag im Haushalt der Stratfords, sodass Jasmine sich nichts dabei dachte. Doch bei den darauffolgenden Ermittlungen hatte es eine wesentliche Rolle gespielt. Ihre Eltern glaubten, dass Peter den Mann schon einmal irgendwo getroffen haben musste, dass er ihn eingeladen und somit erst in ihr Leben hereingeholt hatte. Das war einer der Gründe, warum ihre Mutter ihrem Vater die Schuld gab – zumal Gauri sich immer wieder darüber beschwert hatte, dass zu viele Leute in ihr Haus kämen. Doch Peter hatte sie stets mit ihrer Sorge aufgezogen: Er nannte sie “mein kleines Hasenherz”, wirbelte sie in der Küche herum und rief lachend: “Der Himmel fällt mir auf den Kopf, der Himmel fällt mir auf den Kopf!”
Und dann war der Himmel über ihnen eingestürzt.
Jasmine wollte sich nicht in den unglücklichen Erinnerungen über die Streitereien ihrer Eltern verlieren, die oft genug ziemlich heftig wurden und mit Tränen endeten. Sie lenkte ihre Gedanken zurück zu dem Mann an der Tür, der sich mit Kimberly unterhalten hatte.
Wie alt bist du?
Acht .
Du bist ein hübsches kleines Mädchen .
Augenblicklich rührte sich Eifersucht in Jasmine, als sie das Kompliment hörte. Sie wollte, dass ihr ebenfalls jemand sagte, sie sei hübsch. Ihr Vater war weiß, und ihre Mutter kam aus Indien. Beide Mädchen hatten ihre dichten dunklen Haare und die goldbraune Haut geerbt. Doch Jasmine hatte große mandelförmige Augen, die von so erstaunlichem Blau waren, dass sie normalerweise mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als ihre jüngere Schwester. Sie wäre aufgestanden, um sich ihren Anteil an Kimberlys Kompliment zu holen, aber genau in diesem Moment war Kevin Arnold dabei, Winnie zum ersten Mal zu küssen. Und Jasmine konnte sich einfach nicht vom Fernseher und ihrer Lieblingsserie “Wunderbare Jahre” losreißen.
Ich kann ein Rad schlagen. Willst du mal sehen? Die Stimme ihrer Schwester wehte aus der Diele herüber.
“Nicht im Haus”, brüllte Jasmine, und in diesem Moment schaute der Mann um die Ecke, und sie sah sein Gesicht.
Bist du der Babysitter?
Ja .
Kimberly spähte ebenfalls ins Zimmer, aber nur lange genug, um ihr die Zunge rauszustrecken. “Sie will immer nur bestimmen”, sagte sie. Dann bot sie dem Mann an, ihr Rad auf dem Rasen zu schlagen, und sie gingen hinaus. Jasmine freute sich, weil sie dafür gesorgt hatte, dass ihre Schwester keine Lampe umkippte. Rasch war die Unterbrechung vergessen, und sie genoss den Rest der Sendung. Doch als die Episode zu Ende war, stand die Vordertür immer noch offen, und Kimberly war nirgendwo zu sehen. Ebenso wenig wie der Mann.
Niemals, selbst wenn sie hundert Jahre alt werden würde, würde Jasmine vergessen, wie sie ihre Eltern angerufen hatte, um ihnen zu sagen, dass ihre kleine Schwester verschwunden war.
Als sie auf sie aufpassen sollte.
“Ihr Hotel ist in der St. Philip Street?” Der Taxifahrer schien das merkwürdig zu finden.
Jasmine begegnete seinem Blick im Rückspiegel. Seine Augenbrauen sahen aus wie zwei Raupen. “So stand es jedenfalls auf der Website.”
“Und es heißt Maison du Soleil? Im French Quarter?” Er hatte einen französischen Akzent, aber er klang anders als der, den Jasmine aus dem Fernsehen kannte. Das R rollte tief in der Kehle.
“Das stimmt.”
“Sie meinen nicht das Maison Dupuy in der Bourbon Street?”
“Nein.”
Die buschigen Augenbrauen berührten sich fast. “Ich habe noch nie von diesem Hotel gehört, aber ich bin auch noch ziemlich neu in der Stadt. Sind Sie sicher wegen der Adresse, Madame?”
“Absolut.”
Er richtete den Blick wieder auf die Straße. “Mais, dann werden wir es auch finden. Kein Problem. Keine Sorge.”
Kein Problem? War er sich sicher? Jasmine war klar, dass sie nicht gerade ein Luxusappartement gebucht hatte. Sie wusste nicht, wie lange sie in der Stadt bleiben würde, und sie musste ihre
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