Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
Ausgaben in Grenzen halten; ihre Kreditkarten gaben nicht allzu viel her. Doch jetzt befürchtete sie, dass sie in einer Besenkammer landen würde. Im Internet hatte sie keine Bilder von der Fassade des Hotels gefunden, nur von einem der Zimmer. Die Lage im Herzen von New Orleans und der annehmbare Preis hatten sie schließlich davon überzeugt, sich dort einzumieten.
Eine andere Website hatte sie davor gewarnt, im ununterbrochenen Trubel des Vieux Carré unterzukommen. Doch das eigenartige Gefühl, die unheimliche Empfindung, in der Haut desjenigen zu stecken, der die Nachricht geschrieben hatte, hatte sie so sehr verängstigt, dass sie unter Menschen sein wollte. Wenn sie ihr Fenster spät in der Nacht öffnen könnte, Jazzmusik in den Straßen hören und sehen würde, wie die Menschen lachten, redeten, sich amüsierten und die Feiertage genossen, würde sie sich sicherer fühlen.
“Werden Sie über die Weihnachtstage bleiben?”, fragte der Fahrer, diesmal eher im Plauderton.
Bis dahin waren es nur noch vier Tage. Würde sie bis dahin alles erreicht haben, was sie erreichen musste, um nach Kalifornien zurückkehren zu können? Sie bezweifelte es. Aber vielleicht war es auch besser so. Für gewöhnlich verbrachte sie die wichtigsten Feiertage mit Skye. Sheridans Familie lebte in Wyoming, und sie fuhr oft zu Thanksgiving, Ostern und Weihnachten nach Hause. Skyes einzige Angehörigen waren ein Stiefvater und zwei Stiefschwestern, die alle in L.A. lebten und sie normalerweise in Ruhe ließen. Bis zu diesem Jahr. Jetzt war sie verheiratet und hatte eine eigene Familie, und Jasmine wollte sie nicht bei ihrem ersten Weihnachtsfest stören.
Somit wäre sie in Sacramento genauso allein gewesen wie in New Orleans. “Ich werde über Silvester bleiben.”
“Nicht bis Mardi Gras?”
“Wann ist das?”
“Irgendwann im Februar – ich weiß aber nicht genau, am wievielten. Es ist der letzte Tag vor Aschermittwoch. Sie wissen schon: Faschingsdienstag.” Er zog die Vokale ungewohnt in die Länge. “Sechsundvierzig Tage vor Ostern”, fügte er erklärend hinzu.
Jasmine hoffte, dass sie nicht bis Februar in New Orleans würde bleiben müssen. “Wahrscheinlich nicht”, sagte sie.
“Sind Sie peut-être wegen Geschäften hier?”
Im ersten Moment brachte die Frage Jasmine aus dem Konzept. Sie war aus persönlichen Gründen in der Stadt, so persönlich, wie sie nur sein konnten. Doch ihre Ermittlungen würden sich in nichts von denen unterscheiden, die sie durchführte, wenn sie anderen Opfern von Gewaltverbrechen zu helfen versuchte. Vielleicht war es einfacher, wenn sie die Untersuchungen, die vor ihr lagen, aus einem professionellen Blickwinkel betrachtete. Möglicherweise würde das ihr Unbehagen dämpfen, das sie wie Nebel einhüllte.
“Ja”, murmelte sie.
“Sie müssen sehr beschäftigt sein, wenn Sie über Weihnachten eine Geschäftsreise machen.”
“Manche Dinge lassen sich nicht aufschieben.” Dies hier war so eine Sache. Sie hatte vor, so viele Nachforschungen wie möglich anzustellen, solange sie auf die Laborergebnisse wartete. Sie wollte den Fall ganz von vorn aufrollen, so wie sie es bei jedem Fall machen würde.
Als sie in das French Quarter kamen, wurde ihr erneut bewusst, wie fremd New Orleans für sie war. Die Stadt hatte europäisches Flair. Würde sie hier Urlaub machen, hätte ihr das alles sehr gefallen: die engen Gassen, die schmiedeeisernen Balkone und die Hinterhöfe, die eher spanischen als französischen Einflüsse. Doch sie war nicht in den Ferien hier, und sie fühlte sich fehl am Platz. Die Menschenmassen und die ebenso klischeehafte wie berühmte Atmosphäre des Laissez le bon temps rouler – Genießt das Leben! – in den unzähligen Bars, Jazzclubs, Hotels, Restaurants, “Herrenclubs” und Boutiquen standen ein wenig zu heftig im Widerspruch zu ihrer Stimmung und ihrem Ziel.
“Wie lautet noch mal die Adresse Ihres Hotels, Madam?”
Der Fahrer schaltete das Kabinenlicht an, während Jasmine das Blatt Papier aus der Tasche fischte, das sie zu Hause ausgedruckt hatte, und die Adresse herunterbetete.
“Das müsste ici sein”, sagte er und deutete aus dem Fenster.
Beide starrten auf die Frontseite einer Bar namens The Moody Blues. Die Fassade war purpurrot gestrichen, und davor hatte sich ein ganzer Pulk Zecher versammelt. Das Haus war über und über mit Lichterketten geschmückt. Aus der offenen Tür ertönte laute Musik, die eher rockig als jazzig klang.
Der Fahrer
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