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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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nichts wegholen! Da waren sie konsequent. Die Wände hatten ihre Haut verloren. Sie waren nackt bis auf die Backsteine. In einer Ecke türmte sich Hundekot zu einem modernen Kunstwerk auf. Ich hielt mir den Ärmel vor die Nase, aber es half nicht gegen den widerlichen Gestank. Ich stürmte in die erste Etage, als könnte ich so vor dem bösartigen Geruch des Erdgeschosses fliehen, und schaute mich in den Gängen um. Staub schwebte in der Luft. Überall hing kalter Zigarettenrauch wie ein unsichtbarer Vorhang herum. Mein Hals wurde trocken. Ich war damals noch Nichtraucher. Aus den angrenzenden Zimmern drangen Stimmen und Musik an mein Ohr. Ich hatte keinen Schimmer, wie viele Menschen dort hausten, und den Kerl, den ich suchte, kannte ich auch nicht.
    Ich wollte schon umdrehen und gehen, als ich an das Geld dachte, das Ratte mir versprochen hatte. Hundert Mark waren verdammt viel Geld für einen kleinen Hosenscheißer wie mich. Ich nickte halbwegs überzeugt in die Leere der Flure und befolgte Rattes Rat.
    » Wie der Schmarotzer heißt, weiß ich selber nicht«, hatte der Nager unbekümmert erzählt. »Nenn einfach meinen Namen, und betone ihn mit Nachdruck! Der Feigling wird sich schon zu erkennen geben.«
    Ich schloss meine Augen und brüllte inbrünstig: »Komm raus, du Schwein. Ratte verlangt seine tausend Scheine. Sonst schlag ich dir die Fresse ein.« Ich war nicht unbedingt taktvoll oder behutsam, dachte aber, dass diese Masche die größte Wirkung erzielen würde. Mann, war ich damals noch grün hinter den Ohren.
    Die Geräusche aus den Zimmern verstummten. Eine Tür öffnete sich zehn Meter vo r meiner Nase. Ein schmaler, unrasierter Kerl mit fettigen Haaren trat daraus hervor. Er hatte die roten Augen eines Drogensüchtigen und guckte schuldbewusst in die Weltgeschichte. Das war mein Mann. An seinen Klamotten erkannte ich, dass er sich selbst wohl auch Punk schimpfte. Obwohl ich nicht denke, dass echte Punkrocker nur für ihren Drogenkonsum leben, wie dieses halbe Hemd. Seine zu große Lederjacke hing an ihm herunter wie ein Kartoffelsack. Durch seine dreckigen, abgetragenen Jeanshosen konnte man direkt seine Unterwäsche bestaunen. Vorne gelb, hinten braun, vermutete ich. Er musterte mich einen Augenblick, schätzte mich als den Stärkeren von uns beiden ein und rannte los.
    Ich war kurz zeitig wie versteinert und wollte ihm hinterherrufen, wie sinnlos ein Wettrennen mit mir sein würde. Ich hatte im Sportunterricht immer eine Eins im Sprint. 12,5 Sekunden auf die hundert Meter, Baby. Meine angeborene Handlungsschnelle, die mir an diesem Tag weiterhelfen sollte. Ich hielt meinen Mund und stürmte stattdessen hinter dem Schuldner her. Hätte ich als Kind doch nur den Ehrgeiz dazu besessen, Leistungssportler zu werden, anstatt auf diese unrühmliche Art mein Geld verdienen zu müssen. Ich hasste mein faules Vergangenheits-Ich, das am liebsten Fernsehen geschaut hatte und viel zu selten zum Training im Leichtathletikverein erschienen war.
    Der Punk legte ein erstaunliches Tempo vor. Die Drogen schienen ihn wahrhaftig zu beflügeln. Es musste seinerzeit schon effizientere Mittelchen als Red Bull auf dem Markt geben.
    Ich bekam ihn erst in der dritten Etage zu fassen und stieß ihn im Laufen von den Beinen. Mit einem Hechtsprung lag ich auf seinem Rücken. Wir keuchten beide wie läufige Hunde.
    Von meiner menschlichen Matratze vernahm ich ein weinerliches Wimmern. Hatte ich ihm ernsthaft wehgetan? Ich erschrak vor mir selbst und rollte von ihm herunter.
    » Hör zu!«, sagte ich einschmeichelnd. »Ich will dir nichts tun. Gib mir das Geld und ich bin weg! Dann siehst du mich nie wieder.«
    Der Spargel-Tarzan wälzte sich auf den Rücken. Beim Sturz hatte er einen Zahn eingebüßt. Er lag blut ig neben seinem Kopf. Ich fuhr unmerklich zusammen. Das wollte ich nicht. Ich hatte noch nie einen Menschen verletzt.
    » Oh, Mann!«, stammelte ich. »Tut mir leid. Du hättest nicht abhauen dürfen.«
    Er öffnete seinen Mund , mein Gewissen beruhigte sich etwas. Der Kerl hatte nicht den ersten Zahn verloren. Die meisten hatte er bereits wegen schlechter Mundhygiene eingebüßt. Nur schwarze Stummel waren durch die stiefmütterliche Behandlung übrig geblieben.
    » Davon kann ich mir nichts kaufen, du Arsch! Das muss mein letzter guter Beißer gewesen sein«, bemerkte er selbstironisch.
    Ich kratzte meinen kurzrasierten Hinterkopf und zuckte anschließend die Achseln. »Künstlerpech! Rück das Geld raus, dann kannst du

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