Storm: Thriller (German Edition)
geh zurück. Drei. Zwei …«
»Okay.« Langsam ging ich in die Knie. Mein Bein verkrampfte sich, und ich konnte es kaum noch bewegen. »Ich lege sie jetzt auf den Boden«, sagte ich.
Aber ich traute Kyles Worten nicht. Darum ging ich das Risiko ein, das ich eingehen musste. Im letzten Moment drehte ich die Waffe um und schoss. Der Junge war nicht groß genug, um Kyle von oben bis unten abzudecken. Die Kugel schlug unterhalb der Kniescheibe ein.
Er heulte auf wie ein wildes Tier. Der Junge fiel in den Sand und krabbelte zu seiner Mutter. Kyle versuchte, sich aufrecht zu halten, aber er hatte nur noch ein gesundes Bein zur Verfügung … und zwar genauso lange, bis ich auch dort eine Kugel hineingejagt hatte.
Er fiel rückwärts in den Sand, bäumte sich auf vor Schmerz. Seine Beine waren nur noch eine blutige Masse, und das fühlte sich gut an. Was mir besonders gefiel, war, dass ich ihn mit seiner eigenen Waffe erledigt hatte.
Dann sah ich Bree, die zusammen mit zwei uniformierten Beamten auf uns zukam. Sie deutete auf Kyle und kam dann direkt zu mir.
»Oh, mein Gott.« Sie legte mir einen Arm um die Hüfte, um mich zu stützen. »Ist alles in Ordnung?«
Ich nickte. »Ich brauche einen Krankenwagen.«
»Ist schon unterwegs«, sagte einer der Polizisten.
Kyle hatte die Augen geschlossen, aber als mein Schatten sich zwischen die Sonne und sein Gesicht schob, machte er sie auf.
»Es ist vorbei, Kyle«, sagte ich. »Für immer.«
»Definiere ›vorbei‹«, keuchte er. Sein Atem ging stoßweise, und er zitterte vor Schmerzen. »Glaubst du, du hast hier irgendwas gewonnen?«
»Ich rede nicht von Gewinnen«, sagte ich. »Ich rede davon, dass du jetzt wieder weggesperrt wirst, dahin, wo du niemandem mehr etwas antun kannst.«
Er versuchte ein Lächeln. »Hat das letzte Mal auch nichts genützt.«
»Na ja, du weißt ja, wie es heißt: Das Einzige, was schlimmer ist, als in Einzelhaft zu kommen, ist, wieder zurückzukommen«, sagte ich. »Aber vielleicht ist das auch nur ein blöder Spruch.«
Vielleicht zum ersten Mal überhaupt sah ich so etwas wie Angst in Kyle Craigs Augen. Nur eine Sekunde lang, dann hatte er seine alte Unbeugsamkeit wiedergefunden.
»Es ist noch nicht vorbei!«, krächzte er, aber er hatte nur noch meinen Rücken vor sich.
Der Notarztwagen kam bereits auf uns zu, und ich wollte die Sanitäter warnen.
»Kümmern Sie sich zuerst um ihn«, sagte ich, »aber seien Sie bitte vorsichtig. Dieser Mann ist extrem gefährlich.«
»Wir haben alles im Griff, Sir«, erwiderte einer der Polizisten. »Und ich muss Sie bitten, mir Ihre Waffe auszuhändigen.«
Ein wenig zögerlich reichte ich sie ihm, und Bree war mir dabei behilflich, mich in einen Liegestuhl zu setzen, wo ich das Ganze im Blick behalten konnte. Dann nahm sie ein Handtuch und wickelte es fest um meine Wade.
Kyle leistete keinen Widerstand, als die Sanitäter ihn an einen Tropf anschlossen und ihm eine Sauerstoffmaske anlegten. Anschließend schnitten sie ihm die Hosenbeine ab. Er hatte viel Blut verloren. Sein Gesicht war weiß wie Kalk. Ich glaube, die Erkenntnis, dass er zurück in das Hochsicherheitsgefängnis in Florence musste, hatte bereits von ihm Besitz ergriffen.
Sie legten ihn auf eine Trage und den Infusionsbeutel und die Sauerstoffflasche zwischen seine Beine, um alles zusammen in den Krankenwagen heben zu können.
»Sie müssen ihm Handschellen anlegen«, rief ich den Polizisten zu. »Und lassen Sie die Sanitäter ja nicht alleine fahren!«
»Bitte, beruhigen Sie sich, Sir«, erwiderte einer von ihnen wütend.
»Ich bin Polizist und weiß genau, wovon ich rede«, sagte ich. »Dieser Mann wird vom FBI gesucht, und Sie müssen ihn fesseln. Sofort! «
»Ist ja gut, ist ja gut.« Er gab seinem Partner ein Zeichen, und zusammen gingen sie hinüber zu Kyle.
Fast wie in Zeitlupe sah ich, wie der erste Polizist den hinteren Teil des Notarztwagens betrat. Er nahm die Handschellen vom Gürtel – und dann griff Kyle danach, mit einer zielgerichteten Kraft, wie sie nur ein Psychopath von seinem Kaliber in einem solchen Zustand noch aufbringen konnte. Er packte die Handschellen, zog den Polizeibeamten zu sich herab, und eine Sekunde später hatte er dessen Pistole in der Hand.
Bree wollte instinktiv aufstehen, um einzugreifen, aber ich rollte vom Liegestuhl herab und zog sie mit mir.
Erst ertönte ein Schuss und dann noch einer. Anschließend die erste von zwei lauten Explosionen. Später würden wir feststellen, dass ein
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