Storm: Thriller (German Edition)
mit der linken ein Handy ans Ohr hielt. Als er mich sah, lächelte er, und dann, als er den Mund bewegte, hatte ich Kyle Craigs Stimme im Ohr.
»Überraschung«, sagte er.
113
Für einen Moment blieb mir das Herz stehen, so fühlte es sich zumindest an. Meine Gedanken überschlugen sich. Kyle musste sich irgendeiner sehr umfassenden Operation unterzogen haben. Jedenfalls war das da niemals Kyles Gesicht .
»Du hast recht«, sagte er. »Alles, was dir im Moment gerade durch den Kopf geht, ist wahr. Bis auf den Teil, in dem du allen das Leben rettest. Denn dazu wird es nicht kommen.«
Ein Stück weiter den Strand entlang beobachtete Nana unter einem Sonnenschirm hervor die ganze Szene. Damon, der Einzige, der Max Siegel nicht persönlich kennengelernt hatte, saß neben ihr auf einem Liegestuhl und hörte Musik auf seinem iPod.
»Na, Kinder, was meint ihr?«, sagte Kyle und hörte sich wieder mehr nach Siegel an. »Wollt ihr eurem Dad ein Guten-Morgen-Küsschen geben?«
Er steckte das Handy in die Tasche und nahm Ali an der Hand, nicht ohne mir einen kurzen Blick unter das Handtuch über seiner Rechten zu ermöglichen. Eine Pistole.
O Gott, nein. Das war doch nicht möglich.
Wir hatten unsere Waffen in D. C. gelassen, und zwar mit voller Absicht. Jetzt erwies sich das als schrecklicher Fehler. Ich musste improvisieren. Aber wie? Und was konnte ich zur Waffe umfunktionieren?
Hastig flüsterte ich Bree ein paar Worte zu, während sie über den Strand näher kamen. Jetzt war keine Zeit, um verschiedene Möglichkeiten abzuwägen. Mir blieb nichts weiter als meine Instinkte und ein schnelles Gebet, dass wir das Richtige machten.
»Hallo, Daddy!«, rief Ali kurz vor der Terrassentreppe. Er wollte vorauslaufen, aber Siegel – Kyle! – ließ seine Hand nicht los. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste wie angewurzelt stehen bleiben und zusehen.
Jannie kam auf uns zu. »Mr. Siegel ist auch hier, das ist doch einfach unglaublich, oder?«, sagte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Ist das nicht total verrückt ?«
»Unglaublich«, sagte ich. Weder sie noch Ali schienen zu bemerken, wie hohl meine Stimme klang.
»Tut mir leid, dass ich hier so reinplatze«, sagte Kyle als Max. Er grinste mich an, forderte mich mit Blicken heraus, wollte mich offensichtlich zu irgendeiner Handlung verleiten. Und die Stimme … das war nicht Kyles Stimme, aber irgendwie war sie es doch. Warum war mir die Ähnlichkeit nicht schon früher aufgefallen? Es ist erstaunlich, wie sehr das Gehirn dem vertraut, was es sieht … beziehungsweise nicht sieht.
»Kein Problem«, sagte ich. Ich hielt den Kindern zuliebe die Fassade aufrecht und ging wieder nach drinnen. »Kommt rein. Bree steht gerade unter der Dusche, aber sie müsste jeden Moment fertig sein.«
Kyle legte Ali die Hand auf die Schulter, sodass mein Magen sich zusammenkrampfte. »Vielleicht willst du sie ja kurz holen?«, sagte er. »Ich warte hier, zusammen mit den Kindern. Das interessiert sie doch bestimmt auch, dass ich hier bin, oder? So ein Zufall. Ist doch verrückt, was?«
Zwischen ihm und mir lag eine enorme Spannung in der Luft, fast so etwas wie Hass. »Bree?«, rief ich. Dann schob ich mich, ohne Kyle aus den Augen zu lassen, in Richtung Badezimmer. »Bree, kommst du mal?«
Dann steckte ich den Kopf zur Tür hinein, nur für eine Sekunde. »Stell dir vor, Max Siegel steht draußen vor der Tür«, sagte ich, so laut, dass er es hören konnte.
Bree schlüpfte aus ihrem T-Shirt und steckte den Kopf unter den Wasserhahn. Dabei starrten wir einander hilflos an.
»Bin gleich da!«, rief sie.
Ich drehte mich wieder zu Kyle um. Er hielt Ali immer noch fest.
Jannie saß auf der Kante des ungemachten Betts, aber jetzt musterte sie mich mit durchdringenden Blicken. Ich glaube, sie fing an zu spüren, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
»Sie ist gleich da«, sagte ich so ungezwungen, wie es mir möglich war.
»Gut«, erwiderte Kyle. »Und dann nehme ich euch alle mit auf einen Ausflug. Wie sieht’s aus, Kinder? Habt ihr Lust auf ein kleines Abenteuer?«
»Klar!«, rief Ali. Jannie blieb stumm. Die ganze Zeit hatte Kyle das Handtuch über seiner rechten Hand, sodass seine Pistole nicht zu sehen war.
Bree betrat das Zimmer. Sie war barfuß und in einen der hoteleigenen Bademäntel geschlüpft. Wer sie sah, wäre niemals auf die Idee gekommen, dass sie genau so voller Angst und Anspannung war wie ich.
»Max, wie schön, Sie zu sehen«, sagte sie und ging ihm
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